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SPD Haltern wirbt mit Schreiben um Erstwähler in Zeiten von Corona
Erstwähler
Die SPD in Haltern hat in der vergangenen Woche Erstwähler angeschrieben, um sie auf die anstehende Kommunalwahl hinzuweisen. Doch wie kommen die Parteien an die Daten der jungen Leute?
Liebe Erstwählerin, lieber Erstwähler! Das klingt irgendwie nach Anfänger*in, oder? Dabei seid Ihr seit mindestens 16 Jahren mittendrin, im Leben, in eurer Stadt, in eurer Schule und in eurer Familie.“ So beginnt ein Brief, den alle Erstwählerinnen und -wähler aus Haltern in der vergangenen Woche bei sich im Briefkasten gefunden haben. Gesendet hat ihn die SPD Haltern.
In dem Schreiben appelliert der Ortsverband an alle Adressaten, doch am 13. September wählen zu gehen und „die Politiker auszusuchen, die für Dich handeln sollen“.
Eine Kampagne, die vor Wahlen durchaus üblich ist. Doch eine Mutter einer angeschriebenen Erstwählerin hat sich gefragt: Woher kennt der SPD-Ortsverband den Namen und die Adresse meiner Tochter?
Sechs Monate vor der Wahl dürfen Informationen eingeholt werden
Ein Anruf bei der Stadt klärt auf: „Laut Bundesmeldegesetz dürfen Parteien bei der zuständigen Meldebehörde die Namen und Adressen von Erstwählern erfragen“, erklärt Stadtsprecher Georg Bockey.
Dazu heißt es im Paragraf 50 des Bundesmeldegesetzes genau: „Die Meldebehörde darf Parteien, Wählergruppen und anderen Trägern von Wahlvorschlägen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen auf staatlicher und kommunaler Ebene in den sechs der Wahl oder Abstimmung vorangehenden Monaten Auskunft aus dem Melderegister über die in § 44 Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Daten von Gruppen von Wahlberechtigten erteilen, soweit für deren Zusammensetzung das Lebensalter bestimmend ist.“
Die Geburtsdaten der Wahlberechtigten sind nicht Bestandteil dieser Auskunft.
Die Daten sind ausschließlich für die Werbung bei einer Wahl oder Abstimmung zu nutzen und müssen anschließend, innerhalb eines Monats nach der Wahl, vernichtet werden.
Es seien aber nicht nur Parteien, die Melderegisterauskünfte vom Bürgerbüro in Haltern einholen, auch Umfrageinstitute seien darunter, ebenso wie das DRK, das um Erstblut-Spender wirbt, sagt Georg Bockey. Insgesamt seien in Haltern für die kommende Kommunalwahl 2268 Erstwähler registriert. Neben der SPD hat auch die FDP bei der Stadt um die Daten gebeten.
Parteien haben weniger Möglichkeiten, Wähler zu erreichen
Die SPD erklärt auf Nachfrage, warum sie die Erstwählerinnen und Erstwähler in dieser Form anspricht. „Dieser Wahlkampf ist durch Corona völlig anders als bei vorherigen Wahlen“, so Heinrich Wiengarten, SPD-Ortsverbandsvorsitzender in Haltern. „Wir können keine Bürgertreffs oder sonstige größere Veranstaltungen machen.“ Daher habe man sich für die Briefform entschieden. Zudem sei man verstärkt in den sozialen Medien aktiv.
„Natürlich wollen wir mit dem Brief auch für uns werben“, sagt Beate Pliete, Fraktionsvorsitzende und Bürgermeisterkandidatin der SPD. Sie hat zusammen mit Wiengarten den Brief unterschrieben. „Aber grundsätzlich geht es uns auch darum, darauf hinzuweisen, dass man durch die Teilnahme an einer Wahl mitentscheiden kann.“ Man habe durch Corona viel weniger Möglichkeiten, auf Leute zuzugehen, so Pliete weiter.
Widerspruch gegen Herausgabe der Daten
Wer nicht will, dass die Meldebehörden die eigenen Daten herausgeben, kann dem widersprechen, erklärt Stadtsprecher Bockey. Diese sogenannte Übermittlungssperre hätten aber in Haltern bisher nur sehr wenige Menschen in Anspruch genommen. Dafür reiche ein formloses Schreiben - entweder per E-Mail oder postalisch, mit dem Hinweis, dass man der Übermittlung der Daten widerspreche. Gründe müssen nicht angegeben werden. Auch Adressbuchverlage sowie Religionsgemeinschaften dürfen diese Daten abfragen. Der Widerspruch ist zeitlich unbegrenzt.
Er ist nicht zu verwechseln mit der Auskunftssperre. Die kann man nur beantragen, wenn man zum Beispiel Polizei- oder Justizbeamter ist oder Opfer von Stalking ist. Zudem kann jedermann gegen Gebühr eine einfache Auskunft aus dem Melderegister erfragen.
Vor mehr als zwanzig Jahren über ein Praktikum zum Journalismus gekommen und geblieben. Seit über zehn Jahren bei Lensing Media, die meiste Zeit davon als Redakteurin in der Nachrichten- und Onlineredaktion in Dortmund. In Haltern seit September 2019.
