So sehr macht die Hitze den Halterner Landwirten das Leben schwer
Trockenes Wetter
Die Getreideernte war unterdurchschnittlich und bereits im Juli wird der erste Mais geerntet. Hält die Hitzeperiode an, könnte das für die Halterner Landwirte „dramatische Folgen“ haben.
von Patrick Radtke
Haltern
, 23.07.2018, 17:22 Uhr
/ Lesedauer: 3 min
„Es ist ein ernstzunehmendes Thema“, sagt Friedrich Steinmann von der Landwirtschaftskammer Recklinghausen. „Die Getreideernte ist bereits eingebracht. Ich wüsste nicht, dass irgendwo noch Weizen steht. Das ist für die jetzige Zeit völlig ungewöhnlich“, so Steinmann.
Normalerweise wäre der Weizen nämlich erst einen Monat später dran gewesen. Diese frühe Ernte führt zu großen Einkommenseinbußen. „Wir sind deutlich unter dem Durchschnitt und unter dem Betrag des Vorjahres“, sagt Steinmann. 15 bis 25 Prozent geringer sei der Ertrag beim Getreide, das treffe jeden Landwirt. Zwar sei die Kornqualität bei der Gerste überdurchschnittlich gut gewesen, dass würde den unterdurchschnittlichen Ertrag aber nur bedingt entschädigen.
Das sieht auch Ludger Winkelkotte, Sprecher der Halterner Landwirte auf Ortsebene, so. „Hier leiden wir wirklich unter der Trockenheit. Von den letzten Gewittern rund um Haltern haben wir leider nichts abbekommen“, sagt er. Und wirkliche Beregnungsmöglichkeiten gebe es auch nicht. Dafür würde man unter anderem eine wasserrechtliche Genehmigung brauchen und die sei schwer zu bekommen. Eine ergänzende Alternative wäre der Bau eines Brunnens. „Aber die Brunnenbauer sind die nächsten drei Monate ausgebucht“, sagt Winkelkotte.
Der erste Mais ist bereits geerntet
Nicht nur für die Getreide-Ernte sind die Folgen schwerwiegend. Auch beim Mais sieht es nicht besser aus. Dabei ist der Mais „nach dem Getreide die wichtigste Kultur, weil wir ihn als Futtergrundlage sowohl für die Schweine als auch für die Rindviecher brauchen“, erklärt Steinmann. „Ich habe am Montag bereits den ersten Mais geerntet. Eigentlich wäre dies im Oktober geschehen“, sagt Winkelkotte. Hinzu käme, dass der Mais, der jetzt geerntet wird, nur einen Bruchteil des normalen Ertrages einbringe und zudem die Energiedichte geringer sei. „Eigentlich wäre jetzt die Zeit, in der der Mais die Körner ausbildet“, so Winkelkotte.
Es müsste eine Assimilation stattfinden, um den in der Pflanze gebildeten Zucker als Stärke in den Kolben einzulagern. „Dazu fehlt aber das Wasser“, erklärt Winkelkotte. Dies führt dazu, dass die Kolben weniger Körner haben oder sogar komplett fehlen. Und für die nächsten 14 Tagen sagt die Wetterprognose weiterhin viel Sonne voraus. „Das wird ganz dramatische Folgen haben. Dann wird ein Großteil des Maises nicht mehr zu gebrauchen sein“, befürchtet Winkelkotte. Seine Konsequenz daraus ist die frühe Ernte, um den Mais schon jetzt an Rindviehbetriebe zu verkaufen. Das eingenommene Geld investiert er dann wieder in Futter für seine Schweine. „Ich schließe da momentan Futterkontrakte ab“, sagt Winkelkotte.
Der Halterner Landwirt kann so handeln, da es „praktisch kein Problem“ ist, Futter für die Schweine am Markt einzukaufen, erklärt Steinmann. Bei Rindern brauche es aber spezielles Futter, das nur im Umkreis der Höfe zu ernten sei. Hinzu kommt, dass die Rindviehbetriebe das Problem haben, dass aktuell kein Gras mehr wächst. „Da fehlt ein kompletter Schnitt. Die müssen auch dazukaufen“, so Winkelkotte. Ähnlich sieht das auch bei der Pferdepension Schlüter aus. Dort gleichen die Weiden eher einer braunen Steppe.
Weil kein Regen kommt, wächst nichts mehr. Deswegen ist die Weidezeit bereits, und nicht wie sonst erst im Oktober, beendet. Futter muss von außen dazugekauft werden, es ist eine finanzielle Belastung. Und auch die Schweinehalter benötigen aufgrund der schwachen Getreideernte mehr Getreide von außen. Zeitgleich steigen die Zahlen in den Schlachthöfen, weil nicht genügend Futter für das Vieh zur Verfügung steht. Deswegen müssen die Tiere frühzeitig in den Schlachthof.
Die Situation ist in Haltern besonders pikant
Die Situation in Haltern am See ist im Vergleich zu anderen Städten pikanter. Dies liegt an den vielen, sandigen Böden. „Tendenziell sind diese Böden stärker von der Trockenheit betroffen, da der Sand das Wasser nicht so gut halten kann wie lehmiger Boden“, sagt Steinmann. Auf alle hier ansässigen Landwirte trifft das aber nicht zu. „Es gibt auch einige Flächen im Halterner Raum, wo guter Boden ist. Da wird es Bomben-Mais geben“, prognostiziert Winkelkotte. Ein weiteres Problem ist die akute Brandgefahr. „Die meisten Erntemaschinen werden aktuell täglich gereinigt, weil die Brandgefahr sehr hoch ist. Im Kreis Recklinghausen haben schon einige dieser Maschinen gebrannt“, sagt Winkelkotte.
Steinmann hofft auf die nächsten Wochen: „Ganz spannend wird, wie sich das Wetter entwickelt, weil schon jetzt die Grundlagen für die Versorgung im Winter gelegt werden“, erklärt er und weist darauf hin: „Die Sonne sollte auch vor dem Hintergrund der Ernährungssituation betrachtet werden. Regen ist nicht automatisch schlecht. Ganz im Gegenteil“.