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Seit Wochen kein Internet: Totalausfall nervt Landwirtsfamilie Hagemann
Telekom bittet um Geduld
Der bäuerliche Betrieb Hagemann in Hullern ist seit November offline. Im Mai 2021 hatte die Telekom eine Glasfaserleitung legen lassen, die ist jetzt defekt. Die Telekom bittet um Geduld.
Wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb mit gut 200 Milchkühen plötzlich kein Internet mehr hat und auch weder Festnetztelefon noch Fax funktioniert, ist das nicht nur ärgerlich, sondern extrem belastend für den Arbeitsalltag. Seit dem 20. November hält dieser Zustand mittlerweile bei Familie Hagemann in Hullern an.
Seit diesem Tag ist das Glasfaserkabel defekt. Der Telekommunikations-Anbieter Telekom, dessen Kunde Hagemanns seit jeher sind, war zweimal auf dem Hof an der Westruper Straße, um sich den Schaden anzusehen. Aber danach passierte nichts mehr.
Familie Hagemann wird immer wieder aufs Neue vertröstet
Am 26. Januar, nachdem Halterner Zeitung und Bundesnetzagentur nachgefragt hatten, bewegt sich scheinbar etwas. Es heißt aus Bonn, die Unannehmlichkeiten für Familie Hagemann bedauere man sehr. Telekom befinde sich aktuell in der Recherche.
Wochenlang aber herrschte Funkstille. Wenn Annette Hagemann beim Service von Telekom anruft, meldet sich stets ein neuer, in der Angelegenheit unkundiger Ansprechpartner. Immer wieder aufs Neue wird sie hingehalten. Man sehe sich außerstande, den Schaden zu reparieren, hieß es zuletzt, zuständig sei die von der Telekom beauftragte Firma, die in den Randbezirken (sogenannte Weiße Flecken) schnelles Internet verlegt hatte. „Das haben die Jungs verbockt“, sagte ein Telekom-Mitarbeiter lapidar.
Termine wurden nie eingehalten, Probleme nicht schriftlich fixiert
„Wir kommen nicht weiter und organisieren den Betrieb jetzt über Handys und einen gemieteten Wlan-Router“, erzählt Annette Hagemann. Betreut werden sie von der Halterner Firma Soft Consult. Diese wundert sich über viele ergebnislose Telefonate der Familie. „Nie wurde etwas schriftlich fixiert, definierte Termine wurden nicht eingehalten“, sagt Matthias Springmann. Der Gipfel sei in den letzten Tagen die Zusendung eines kostenpflichtigen Gerätes, das den Ausfall per LTE kompensieren solle. Zur Erklärung: LTE, das heißt Long Term Evolution und ist eine Bezeichnung für den Mobilfunkstandard der dritten Generation. Das Gerät werde Familie Hagemann jetzt auch noch in Rechnung gestellt.

Anstatt die Trommel mit der Glasfaserleitung 80 Zentimeter tief in die Erde zu lassen, legten Mitarbeiter der Deutschen Glasfaser die Kabeltrommel einfach in die Wiese. © Schrief
Der Computer ist auf dem Hof unverzichtbar. Nicht nur, dass Hagemanns Online-Banking nutzen, auch die Organisation des landwirtschaftlichen Betriebes hängt am Netz. „Wenn zum Beispiel Kälber geboren werden, müssen sie online einer Datenbank gemeldet werden. Telefonisch ist das normalerweise nicht möglich“, nennt Hubert Hagemann ein Beispiel. Da Hullern keine Bankfiliale mehr hat, sind auch analoge Bankgeschäfte umständlich. Ende letzten Jahres sollte darüber hinaus die Buchführung digitalisiert werden. „Da sind wir an Grenzen gestoßen“, bedauert Annette Hagemann, dass das Problem einfach nicht gelöst wird.
Box mit Kabeln blieb einfach in der Kuhwiese liegen
Wer die Festnetznummer von Familie Hagemann anruft, landet per Rufumleitung auf Annette Hagemanns Handy. Das ist umständlich, wenn es sich um betriebliche Gespräche für Sohn Benedikt handelt, der den Hof führt.

Hubert Hagemann ärgert sich über die nachlässige Arbeit des Telekommunikationsunternehmens. Anrufe für ihn und seinen Sohn als Betriebsleiter laufen gerade nur auf das Handy seiner Frau auf. © Schrief
Das Übel ist in der Wiese neben dem Garten zu besichtigen. Die Telekom bot Familie Hagemann 2021 eine Glasfaserleitung an, sie wurde dann im Mai installiert. Seltsamerweise wurde die Leitung, anders als bei den Nachbarn, oberirdisch verlegt. Die Box mit den Endkabeln verschwand in einer Müllsack-ähnlichen Tüte und blieb auf der Wiese neben dem Telefonmasten liegen, anstatt sie vorschriftsmäßig 80 Zentimeter in die Erde einzugraben. Kabel in dieser Box sind offensichtlich beschädigt.
Deutsche Glasfaser nicht zuständig
Der Hof Hagemann in Hullern befindet sich nicht im Netzgebiet von Deutsche Glasfaser, deshalb war das Unternehmen für die Reparatur nicht zuständig. Den Ausbau des schnellen Internets hatte in den vergangenen Jahren in den zentralen Bereichen von Haltern zunächst die Deutsche Glasfaser vorgenommen. Es blieben aber Randbereiche (sogenannte Weiße Flecken), in denen sich für das Unternehmen der Ausbau nicht lohnte. Hier griff eine Förderung des Bundes und des Landes. Der Kreis beauftragte die Deutsche Telekom AG mit den Arbeiten. Die Halterner Firma Soft Consult meldete das Malheur inzwischen bei der Bundesnetzagentur. Diese unterstützt Verbraucher zur Durchsetzung ihrer Interessen, wenn der Anbieter nicht willig ist oder nicht reagiert. Es mache für Verbraucher Sinn, die Agentur in Anspruch zu nehmen, um die Bemühungen des Anbieters zu forcieren, sagt Matthias Springmann.
Telekom schreibt: „Wir brauchen noch Zeit“
Und tatsächlich: Am 26. Januar um 13:24 Uhr gab es seitens der Telekom ein erstes aktives Lebenszeichen aufgrund der Beschwerde über die Bundesnetzagentur. Um 18.50 Uhr beantwortet Telekom auch die Presseanfrage.
Telekom schrieb Familie Hagemann: „Ihre Beschwerde über die Bundesnetzagentur bezüglich Ihres Totalausfalls am Telefonanschluss haben wir erhalten. Es sind mehrere Verantwortungsbereiche in die Klärung des Sachverhaltes eingebunden. Allerdings brauchen wir noch etwas Zeit, um Ihr Anliegen zu prüfen. Sie erhalten von uns sobald wie möglich eine abschließende Antwort.“ Und noch einmal bittet Telekom um Geduld - die aber hat Familie Hagemann eigentlich nicht mehr.
Haltern am See ist für mich Heimat. Hier lebe ich gern und hier arbeite ich gern: Als Redakteurin interessieren mich die Menschen mit ihren spannenden Lebensgeschichten sowie ebenso das gesellschaftliche und politische Geschehen, das nicht nur um Haltern kreist, sondern vielfach auch weltwärts gerichtet ist.
