Schöffen in Haltern gesucht Bernd Ostrowski (72) will das Zusammenleben gewaltfreier machen

Verantwortungsvolles Ehrenamt stößt in Haltern auf großes Interesse
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Sie greifen in die Grundrechte anderer Menschen ein. Sie entscheiden über die Freiheit, das Eigentum und die Würde der Person. Eine hohe Verantwortung lastet damit auf den Schultern der Schöffen.

Solche ehrenamtlichen Richter wurden auch in Haltern wieder gesucht. Auf 26 offene Stellen sind bis 1. April 109 Bewerbungen eingegangen. Anna Grothusmann aus dem Fachbereich Ordnung und Soziales der Stadt Haltern sagt: „Es haben sich 70 Männer und 39 Frauen beworben.“

Der Bewerbungsprozess

In Haltern sind 18 Schöffen-Stellen für Erwachsenenstrafsachen offen, außerdem werden acht Jugendschöffen gesucht. Anna Grothmusmann erklärt: „Die Wahl für die Erwachsenen läuft über das Ordnungsamt, die für die Jugendschöffen über das Jugendamt. Wir haben vom Amtsgericht die Vorgaben, mindestens doppelt so viele Kandidaten vorzuschlagen wie gebraucht werden.“ Am Ende entscheidet die Politik.

Dieses Ehrenamt führt auch Bernd Ostrowski (72) aus Flaesheim aus. „Mein Ziel ist es, das Zusammenleben der Gesellschaft gewaltfreier, offener und gerechter zu gestalten unter Berücksichtigung der familiären Verhältnisse des Angeklagten“, sagt der zweifache Familienvater, der beim Amtsgericht in Marl als Jugendschöffe tätig ist.

Zeit und Vergütung

Wer sich auf das Ehrenamt als Schöffe in Haltern bewirbt, kann entweder beim Amtsgericht in Marl oder beim Landgericht in Essen eingesetzt werden. An etwa 50 Verfahren hat Bernd Ostrowski bereits teilgenommen und stellt fest:

„Die Straftaten finden nicht nur in Marl oder Recklinghausen statt. Nicht selten ist das Bahnhofsgebiet in Haltern betroffen. Oft finden körperliche Auseinandersetzungen an Schützenfesten statt.“

Die Justitia steht neben einem Stapel von Akten.
Mehr Männer als Frauen bewerben sich für als Schöffe. Die Ehrenamtler helfen in der Entscheidungsfindung bei Strafverfahren. © picture alliance / Volker Hartmann/dpa

Der Verdienstausfall wird mit 29 Euro pro Stunde brutto einschließlich des Arbeitgeberanteils für Sozialabgaben und maximal für 10 Stunden pro Sitzungstag vergütet.

Der Höchststundensatz kann sich in sehr langen Verfahren erhöhen, jedoch immer nur in Höhe des tatsächlichen Verdienstausfalls. Die angefallene Zeit, die Nachteile bei der Haushaltsführung, die Teilzeitarbeit, die Fahrtkosten und sonstige Aufwendungen finden ebenfalls Berücksichtigung.

Mangelnde Einsicht der Schuld

Als Bernd Ostrowski sein Amt als Jugendschöffe antrat, musste er sich zunächst an die offensive Ausdrucksweise der Angeklagten gewöhnen. „Oft fehlt es an Schuldeingeständnissen. Sie sehen ihre Taten nicht ein oder zeigen kaum Gefühle. Die Dreistigkeit sticht manchmal sehr stark hervor, wenn trotz der Beweislast die Angeklagten behaupten, dass es sich so nicht zugetragen habe“, sagt Bernd Ostrowski.

Eindrücke, die bleiben

Einen bleibenden Eindruck hinterließen bei dem Halterner zudem Gefangenentransporter, die vor Beginn der Verfahren vorfuhren. Und die Angeklagten, die dann unter Begleitung von Polizeibeamten in den Gerichtssaal geführt werden mussten.

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