
© Silvia Wiethoff
Sappeure bilden die Spezialeinheit der Halterner Schützengilde
Sappeure Haltern
Ein Schützenfest der Gilde Haltern ohne Sappeure und Schanzensturm wäre wie ein Oktoberfest ohne Tracht und Schuhplattler. Die Spezialeinheit der Schützen erfüllt besondere Aufgaben.
In diesem Jahr werden die Sappeure erstmalig nach einigen Jahrzehnten wieder beim Ausrufen des Schützenfestes der Gilde Haltern auf dem Marktplatz (Sonntag, 5. Mai, ab 12 Uhr) dabei sein.
Früher, als die Soldaten in Schlachten noch Mann gegen Mann aufeinander losgestürmt sind, waren sie eine Elite-Einheit in ihren Regimentern. In der Kaisergarde von Napoleon galten sie beispielsweise ab 1804 als „Pupillen der Garde“, mussten mindestens 1,76 Meter groß und kräftig sein, fünf Jahre gedient und sich moralisch wie militärisch ausgezeichnet haben.
Vollbärte sind nicht mehr vorgeschrieben
Eine Sonderstellung genießen die Sappeure, deren Name von französisch „sapeur“ - der Steinhauer - abgeleitet wird, bis heute in der Halterner Schützengilde. Schon durch ihre Kluft unterscheidet sich die Bärenkompanie von den Grünröcken. Mit auffallend gelben Hemden, Lederschürze, hoher Fellmütze (daher der Name Bärenkompanie) und Axt vor der Brust kommen die Sappeure rustikal daher.
Die Vollbärte, die im französischen Kaiserreich vorgeschrieben waren, müssen sie sich heute allerdings nicht mehr wachsen lassen. Aber als Elitetruppe vestehen sie sich nach wie vor, lässt Hauptmann Jürgen Rensinghoff mit einem Augenzwinkern wissen.

Die Sappeure 1912 beim Junggesellenschützenfest © Bärenkompanie
Wie ihre Vorgänger, die Lauf- und Annäherungsgräben vor feindlichen Stellungen anlegten und auf den Märschen Hindernisse beseitigten sowie Schanzpfähle für den Biwak- und Lagerbau beschafften, bewältigen die modernen Sappeure spezielle Aufgaben. Sie räumen für das Königspaar den Weg frei und verhelfen dem Halterner Schützenfest zu einer Sonderstellung in der gesamten Region. Schützenfest in Haltern ohne Schanzensturm wäre wie ein Oktoberfest ohne Schuhplattler und Tracht.
„Wir sind eine eingeschworene Truppe“, ist Jürgen Rensinghoff stolz auf seine Mannschaft. Er selbst führt im Einsatz eine 3 Kilogramm schwere Hauptmannsaxt mit sich, seine Kameraden müssen nur 1,5 Kilogramm stemmen. Um auf Nummer sicher zu gehen, wird der Umgang mit den scharfen Werkzeugen vor jedem Schützenfest bei einem Treffen im Wald geübt.
Zimmermannsaxt war eine gefürchtete Waffe
Zum Glück wird das Gerät heute nicht mehr wie früher auch als Waffe eingesetzt. Die langstielige Zimmermannsaxt war eine gefürchtete Nahkampfwaffe der Sappeure. Zehn aktive Bären gibt es zurzeit, aber es dürften sich gern noch mehr Halterner für die alte Tradition erwärmen, wirbt der Chef der Bären um neue Mitglieder.
Die Einsätze an den Schanzen sind zwar reine Männersache und auch die Mitgliedschaft in der Bärenkompanie ist diesen vorbehalten. Ausgeschlossen sind die Partnerinnen allerdings nicht. „Zu 90 Prozent sind Frauen bei all unseren Aktivitäten dabei“, erklärt Jürgen Rensighoff. So verändert sich auch traditionelles Vereinsleben vor Ort.
Christian Haase gehört seit 2015 zu den Bären. Berufsbedingt zog er von Lengerich nach Haltern und hatte mit Schützenfest nichts am Hut. „Grün wollte ich nicht herumlaufen“, lacht er heute. Aber die Montur der Bären, ihre Aufgaben und auch die Mitglieder der Kompanie gefielen ihm. Heute führt er die Axt der Sappeure beim Schanzensturm mit Stolz und ist in Haltern angekommen.
Die Sappeure haben sich für den Termin mit Redakteurin Silvia Wiethoff bei der Halterner Zeitung bedankt:
1838 werden Halterner Bären erstmals erwähnt
Die Geschichte der Halterner Bären reicht nachweislich bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück. 1838 taucht erstmals in einer Auflistung der Hinweis auf ihre Existenz in der Stadt auf. Für Dienste beim Schützenfest wurden vier Reichstaler berechnet. Für 46 Reichstaler wurden allein 15 Tonnen Bier für das Fest geliefert.
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurden noch vier Schanzen aufgebaut, heute sind es nur noch zwei (Mia-Schanze am Disselhof und Ria-Schanze an der Mühlenstraße).
Zu den weiteren Aufgaben der Sappeure gehört die Bewachung des Schützenvogels, wobei sie allerdings regelmäßig kläglich versagen, sowie das Wecken in aller Herrgottsfrühe am Schützenfestsonntag, bei dem sie immer pünktlich sind. Wer weiß, vielleicht sind in zwei Jahren schon neue Anwärter für die Erhaltung der besonderen Halterner Tradition dabei?
Jeder Mensch hat eine Geschichte zu erzählen und hinter jeder Zahl steckt eine ganze Welt. Das macht den Journalismus für mich so spannend. Mein Alltag im Lokalen ist voller Begegnungen und manchmal Überraschungen. Gibt es etwas Schöneres?
