Förster Harald Klingebiel sorgt sich In der Haard ist die letzte Fichtenfläche verschwunden

RVR-Revierförster Klingebiel: In der Haard gibt es keine Fichten mehr
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Über 5600 Hektar groß ist die Haard. Sie ist Heimat für eine vielfältige Fauna und Flora. Doch auch hier hat der Klimawandel Spuren hinterlassen. So hat die Fichte, früher das Arbeitstier des Waldes, hier keine Zukunft mehr.

Harald Klingebiel, Forstwirt und Revierleiter von RVR Ruhr Grün, sieht das Baumsterben mit großem Bedauern. Er kann weit zurück blicken, denn seit 30 Jahren ist er beruflich in der Haard unterwegs.

Durch die Jahrhunderte hat sich das Gesicht des Waldes immer wieder gewandelt. War Europa früher zu 95 Prozent mit Wald bedeckt, zeigt eine Karte von 1790 für das Waldgebiet der Haard eine wüstenartige Ödnis. Die Dörfer am Rande des Waldes schöpften ihr Nutzungsrecht zur Entnahme von Holz rücksichtlos aus und haben im Laufe der Zeit dem Wald die Bäume „voll entzogen“, so Klingebiel.

Der Wald kehrte zurück. Doch seit der ersten Waldzustandserhebung 1984 zeigt sich ein negativer Trend. Zu geringe Niederschläge führen zur Mangelversorgung und setzen den Bäumen zu. Der Fachmann Harald Klingebiel weiß: „Sinkt der jährliche Niederschlag unter 500 Millimeter, sind wir irgendwann in der Steppe.“

Die Buche ist genügsam

Entgegen dem landesweiten Trend „ist die Buche in der Haard noch nicht im Stress“, erläutert der engagierte Forstwirt und zeigt beim Rundgang auf gesunde Bäume im Mischwald - trotz des nährstoffarmen Bodens. Den Buchen stand hier schon immer weniger Wasser zur Verfügung. Das könnte der Grund für ihre bessere Anpassung sein.

Die Fichten und Kiefern sterben jedoch ab. Die Bäume haben auf den Wassermangel der letzten Jahre reagiert. Sie stoßen Pheromone aus, auf die der Buchdrucker und der Kupferstecher, die beiden Hauptschädlinge, reagieren. Die Schädlinge befallen die Bäume und vermehren sich in kurzer Zeit millionenfach. Das bedeutet den Tod der Bäume.

Die Kronenverfärbung und -lichtung sind sichtbare Zeichen, die jeder beim Gang durch einen kranken Wald in den Baumwipfeln sehen kann. Unten am Baum löst sich die Rinde, der Baum kämpft ums Überleben und oben zeigt sich der Absterbungsprozess.

Die Gänge, die die Borkenkäfer unter der Rinde des Baumes im Stamm hinterlassen. Ist der Baum erst geschädigte, stirbt er ab.
Das sind die Gänge, die die Borkenkäfer unter der Rinde des Baumes im Stamm hinterlassen. Ist der Baum erst geschädigt, stirbt er ab. © Andreas Hofmann

Dass es dem Wald in der Haard trotz allem verhältnismäßig gut geht, liegt unter anderem an der geschickten Handhabung der Naturverjüngung, auf die der Revierförster und sein Team setzen.

Die letzte große Fichtenfläche ist verschwunden, stattdessen zeigt sich dem Spaziergänger ein weites, offenes Areal. Die Natur hat begonnen, die Fläche zurück zu erobern: Neue Pflanzen und Bäume sprießen aus der Erde. Kleine Eingriffe, wie das Wässern eines Kleinbuchenbestandes, unterstützen die Entwicklung.

Naturverjüngung als Lösung

Naturverjüngung nennt das der Fachmann und die sei effektiver als die Anpflanzung von Bäumen. „Auf einen Hektar Wald setzen wir 4000 Pflanzen. Durch die Naturverjüngung entstehen auf derselben Fläche eine Million Pflanzen“, setzt Klingebiel die Arbeit in Relation.

Diese Anpflanzungen werden regelmäßig kontrolliert. Jedoch: Das Wild ist hier der größte Feind der jungen Pflanzen. „Zentraler Punkt ist daher für uns die Jagd“, erklärt der Förster, „sie reguliert den Baumbestand“. Oder anders gesagt: Ranger und Jagdpächter in der Haard versuchen, das richtige Verhältnis durch Bestandsentnahmen zu schaffen.

Douglasie oder Zeder

Das alles reicht jedoch nicht. Der heimische Wald wird in der Zukunft durch Neuanpflanzungen an das Klima angepasst werden müssen. Als mögliche Bäume der Zukunft sieht Klingebiel die Douglasie, die große Küstentanne aus Nordamerika oder die Zeder.

Kurzfristige Aussagen seien allerdings schwierig und zwar auf Grund des langsamen Wachstums der Pflanzen. Harald Klingebiel: „Wer heute einen Baum pflanzt, weiß allerdings nicht, ob er für die nächsten hundert Jahre die richtige Wahl getroffen hat.“

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