Jan Hopf ist neuer Klimaanpassungsmanager in Haltern „Man muss sehen, dass man das hier erhält“

Lesezeit

Als diplomierter Geograf hat Jan Hopf (45) die neu eingerichtete Stelle des Klimaanpassungsmanagers in Haltern angetreten. Eine umfangreiche Aufgabe liegt vor ihm. In unserem Interview beschreibt er sein neues Tätigkeitsfeld.

Herr Hopf, viele Kommunen suchen derzeit Klimaanpassungsmanager. Wieso haben Sie sich für Haltern entschieden?

Ich finde es schön, in dieser Region tätig sein können. Geboren bin ich in den USA, weil mein Vater als Ingenieur bei den Chemischen Werken Hüls dort im Auslandseinsatz war. Später habe ich lange Jahre in Marl gelebt. Der Großteil meiner Familie stammt aus Datteln. Durch meinen Großvater habe ich diese Gegend hier kennengelernt. Wir waren sehr viel am Hullerner Stausee spazieren. Das hat mich sehr geprägt.

Haltern ist Ihnen also nicht fremd...

Es ist immer vorteilhaft, wenn man die Region kennt. Gerade im Bereich Planen oder Geografie - man muss sich nicht überall neu einarbeiten. Man weiß, da ist die Lippe, da der Wesel-Datteln-Kanal, die Westruper Heide, die Stauseen, die Haard, die Hohe Mark, die Borkenberge - das ist mir alles nicht fremd.

Was zeichnet Haltern - auch vor dem Hintergrund Ihrer Tätigkeit hier - besonders aus?

Haltern hat ein Alleinstellungsmerkmal im Kreis. Es ist so ein bisschen wie das Tor zum Münsterland. Der Kernbereich ist fußläufig zu erreichen. Es gibt extrem viele Naherholungsmöglichkeiten und Besonderheiten wie die Wasag-Moore oder die Lippeauen. Es hat viel eigenen Charme, einen schönen Innenstadtbereich. Da muss man sehen, dass man das erhält.

Wo sehen Sie Ihre besonderen Aufgaben als neuer Klimaanpassungsmanager?

Man muss unterscheiden zwischen Klimaanpassung und Klimaschutz. Das sind zwei verschiedene Themenbereiche, obwohl sie sich zum Teil auch überschneiden. Photovoltaik beispielsweise zählt eher zum Klimaschutz - es geht darum, Energie ohne fossile Ressourcen zu gewinnen und CO2-Äquivalente zu senken.

Bei der Klimaanpassung geht es darum, dass wir jetzt schon eine Menge verbockt haben und nun überlegen müssen, wie wir mit der Situation umgehen können, welche Maßnahmen wir umsetzen können, damit wir uns über einen Zeitraum von 10 bis 50 Jahren tatsächlich anpassen können. Manches kann man schnell anpassen, anderes dauert länger.

An was müssen wir uns denn konkret anpassen?

Jeder Sommer wird heißer. Es wird auch mehr wärmere Tage im Sommer geben. Auch Dürre wird zunehmend zum Problem, gerade auch für die Land- und die Forstwirtschaft. Niederschläge verschieben sich - im Winter haben wir mehr und genau dann, wenn wir das Wasser brauchen, wie in Vegetationsperioden, wird es fehlen. Im August dieses Jahres lag der durchschnittliche Niederschlag in Haltern zum Beispiel bei neun Millimetern für den gesamten Monat. Bäume und Pflanzen haben aber deutlich mehr Wasser benötigt.

Und was ist mit Starkregenereignissen?

Starkregenereignisse werden kommen - wann genau, können wir aber nicht vorhersagen. Vorbereitung ist hier wichtig.

Und wie wollen Sie all diese Probleme angehen?

Für mich ist es zunächst einmal eine riesige Recherche-Aufgabe. Es gibt so viele Sachen, die man erstmal sortieren muss. Wir werden eine umfassende Datenanalyse durchführen. Und dann ist es eben eine riesige Querschnittsaufgabe. Es geht um die Koordination innerhalb der Fachbereiche und innerhalb von Institutionen wie Feuerwehr oder Altenhilfeeinrichtungen, Kitas, Schulen, Kreis, Vereinen und Verbänden.

Forstverwaltungen, Landwirte und Landwirtschaftskammer und auch der Einzelhandel müssen mit ins Boot geholt werden. Gelsenwasser als Wasserversorger, der RVR als Waldbesitzer und viele mehr. Alle Ressourcen, die man für das Thema Klimaanpassung hier in der Stadt besitzt, müssen quasi in die richtige Richtung koordiniert werden.

Wie sieht es mit Privatpersonen aus?

Wir müssen natürlich auch auf die Privatbesitzer, die Bürger zugehen. Wichtig ist eine breite Akzeptanz für Klimaanpassungsmaßnahmen, damit alle an einem Strang ziehen. Und nicht alle Flächen gehören schließlich der Stadt. Man muss sehen, wer bei der Klimaanpassung mitarbeiten will. Dazu wird es eine Auftaktveranstaltung geben.

Mitmachen kann also jeder?

Wenn Bürger Ideen haben oder aktiv mitmachen wollen, freue ich mich über jeden Kontakt.

Wo liegen Halterns Stärken, auf denen sich aufbauen lässt?

Wichtige Schritte planerischerseits sind bereits getan mit der Starkregengefahrenkarte oder auch dem Gründachkataster. Bei letzterem muss man schauen, wie man das auf städtischer Seite nutzen kann, beispielsweise auch für kommunale Gebäude. Das ist aber auch immer eine Frage der Statik.

Welche Bedeutung hat die Planungshinweiskarte?

Wir haben ja die Starkregengefahrenkarte und die Planungshinweiskarte bezüglich Starkregen und Hochwasser. Die Planungshinweiskarte ist gerade auch im Bereich Stadtplanung sehr wichtig, weil sie gute Hinweise liefert, in welchen Gebieten man besonders gut aufpassen muss, wenn sich zum Beispiel tatsächlich ein Starkregen ereignet. Sie zeigt, welche Bereiche vulnerabel sind. Zum Beispiel wurde ja der Lippedeich verschoben, um die Menschen in Mersch und Lippramsdorf zu schützen. Der Lippedeich hat zusätzliche Aue-Zonen bekommen.

Und es ist noch eine weitere Planungshinweiskarte geplant?

Ein Büro ist mit der Erstellung einer Klimakarte beauftragt worden. Sie wird gerade noch modelliert. Und daraus wird dann wiederum eine Planungshinweiskarte erstellt, die sich auf klimatische Situationen bezieht. Diese Informationen fließen dann direkt in die Erstellung des Anpassungskonzepts ein. Genauso wie die Starkregengefahrenkarte. Einzelne Bereiche werden nochmal genau angeschaut.

Worauf wird dabei geachtet?

Es wird geschaut, welche besonderen Bereiche in Haltern tatsächlich wichtig sind - zum Beispiel als Kaltluftschneisen an Hitzetagen - und welche Bereiche eine besondere Wirkung auf das Stadtklima haben werden. Da geht es vielleicht um die Begrünung von Dächern oder Fassaden, um Flächen oder Parkplätze, die entsiegelt werden könnten, damit Starkregen besser versickern kann, oder auch um mehr Grünflächen. Man kann auch darüber nachdenken, wie man beispielsweise im landwirtschaftlichen Bereich Erosionen so gut wie möglich eindämmen könnte. Die Akteursbeteiligung läuft dabei über den gesamten Projektzeitraum.

Klimaschutz und Klimaanpassung rücken also zunehmend in den Fokus?

Klimaschutz und Klimaanpassung sollen in die Planung und das allgemeine Denken einfließen. Das sieht man ja jetzt zum Beispiel auch schon in den Katharinenhöfen mit der Klimaschutzsiedlung, aber auch beim Wohnprojekt LINA. Dürre, Hitze, Trockenheit, Niederschläge - das sind die Faktoren, die sich auf jegliches Handlungsfeld auswirken. Ökonomischer Natur, sozialer Natur und auch ökologischer Natur.

Sprechen wir doch einmal über die Finanzierung. Wie soll das alles bezahlt werden?

Bei der Erstellung der Maßnahmen wollen wir darauf achten, dass wir auf der einen Seite Pilotptojekte heraussuchen. Wir wollen auch Fördermaßnahmen dafür aussuchen, damit diese Maßnahme auf eine breite Akzeptanz stößt. Land, Bund, verschiedene Verbände initiieren ja solche Programme. Es gibt verschiedene Fördertöpfe. Je mehr Förderung, desto besser.

Welches Ziel haben Sie sich bis November 2024 gesetzt?

Für mich ist entscheidend, dass in den 24 Monaten, in denen ich hier bin, das beste Maßnahmenpaket maßgeschneidert für Haltern und alle Ortsteile entwickelt wird. Ein konkretes Konzept mit konkreten Maßnahmen sollte dann vorliegen. Danach ist die Umsetzung geplant.

Das Gründachkataster des Regionalverbands Ruhr gibt unter anderem Auskunft darüber, inwiefern sich das eigene Hausdach für eine Begrünung eignet.
Das Gründachkataster des Regionalverbands Ruhr gibt unter anderem Auskunft darüber, inwiefern sich das eigene Hausdach für eine Begrünung eignet. © RVR

  • Die Stelle des Klimaanpassungsmanagers in Haltern wird zu 80 Prozent vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert.
  • Die Starkregengefahrenkarte der Stadt Haltern, auf dem Bürger selbst nachschauen können, wie stark die einzelnen Bereiche der Stadt von einem Starkregen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, findet sich auf der Webseite der Stadt unter starkregengefahrenkarte-haltern.cismet.de.
  • Das Gründachkataster ist im Netz zu finden www.rvr.ruhr/themen/oekologie-umwelt/startseite-klima/gruendachkataster

Halterner stellt Projekt auf Weltklimagipfel vor : Umweltschutz durch Phosphorrecycling

Upcycling im Bastelkeller: Norbert Anders macht aus leeren Whiskeyflaschen stylische Lampen

Miniaturwelt steht wieder: Tanja und Guido Hartmann holen Haltern und den Nordpol in ihre Hütte