Region wehrt sich weiter gegen Forensik-Standorte

Stand in Lünen und Haltern

Lünen scheiterte kürzlich mit einer Klage gegen die vom Land NRW gewollte Ansiedlung einer forensischen Klinik. Jetzt hat die Stadt genau die Fläche, auf der die Forensik gebaut werden soll, für die Internationale Gartenausstellung 2027 angemeldet. In Haltern, wo ebenfalls eine Forensik angesiedelt werden soll, hat die CDU jetzt um eine neue Standortprüfung gebeten. Der aktuelle Stand der Dinge.

HALTERN/LÜNEN

, 04.05.2017, 05:23 Uhr / Lesedauer: 3 min

Geht es nach dem Land, entstehen in Lünen und Haltern möglichst bald zwei von insgesamt fünf neuen Forensiken in Nordrhein-Westfalen - denn die Plätze für die Unterbringung psychisch- und suchtkranker Straftäter sind knapp. Die Kliniken mit jeweils 150 Plätzen sollen in den Landgerichtsbezirken entstehen, wo der größte Mangel an Plätzen für psychisch kranke und suchtkranke Straftäter herrscht. 2012 verkündete NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne), dass sich das Land für Lünen, Haltern, Wuppertal, Hörstel im Münsterland und Reichshof im Oberbergischen Kreis als Standorte entschieden hat. Für die Auswahl habe das Land ein „bundesweit einmalige Verfahren gewählt, um frühzeitig Transparenz zu schaffen und Beteiligungsmöglichkeiten zu eröffnen“, teilte das Gesundheitsministerium mit. 

Wirkliche Fortschritte gibt es seitdem aber nur in Hörstel und Wuppertal - beide Orte kooperieren beim Bau der Forensiken mit dem Land. In Reichshof ist das anvisierte Gelände zwischenzeitlich unter Naturschutz gestellt worden. Und in Lünen und Haltern, den Städten aus der Region, regt sich weiter Widerstand. 

 

Das ist der Stand der Dinge in Lünen

Lünen scheiterte zuletzt mit einer Klage gegen die Forensik-Ansiedlung. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen lehnte Ende März die Klage ab, mit der die Stadt die Forensik auf der Victoria-Brache am Rande der Lüner Innenstadt verhindern wollte.

Bei der nächsten Ratssitzung am 18. Mai will die Stadt entscheiden, ob sie Berufung gegen das Urteil einlegt. Aus Fraktionskreisen und aus dem Umfeld des Bürgermeisters ist zu hören, dass sich in der Ratssitzung eine politische Mehrheit dafür aussprechen wird, beim Oberverwaltungsgericht Münster einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu beantragen. Ob dies am Ende gelingt, ist in Expertenkreisen umstritten. Die Verwaltungsspitze gibt sich – zumindest nach außen hin – zuversichtlich, dass es zu einem Berufungsverfahren in der Sache kommt – im Gegensatz zur Landesregierung und dem Düsseldorfer Gesundheitsministerium.

Die Stadt Lünen hat außerdem die Brachfläche der ehemaligen Zeche Victoria I/II, wo die Forensik entstehen soll, für die „Internationale Gartenausstellung Metropole Ruhr 2027“ (IGA) angemeldet - trotz des Gerichtsurteils, nach dem die Fläche bebaut werden darf. Der Referent des Bürgermeisters, Frank Knoll, sagte, die Stadt habe neben der Victoria-Brache weitere Flächen für die IGA angemeldet. „Unabhängig davon, wie die Sache mit der Forensik ausgeht, geht es uns darum, uns für die IGA zu positionieren. Das Ganze habe noch keine Planungsreife, sagte Knoll.

 

 Das ist der Stand der Dinge in Haltern

Auch in Haltern gibt es Widerstand gegen die geplante Forensik-Ansiedlung. Die CDU dort hat das NRW-Gesundheitsministerium jetzt darum gebeten, eine neue gründliche Standortprüfung im Landgerichtsbezirk Essen durchzuführen.

Gleichzeitig unterbreiten Stadtverband, Fraktion und Ortsverband Hamm-Bossendorf in einem Brief an Ministerin Barbara Steffens vier Alternativ-Vorschläge. Die CDU hat bislang weder eine Eingangsbestätigung noch eine Antwort aus Düsseldorf erhalten, wie Stadtverbandsvorsitzender Hendrik Griesbach auf Anfrage mitteilte. Er fürchte, dass die Antwort und das Thema über die Landtagswahl hinaus geschoben werde.

Das Schreiben vom 15. April ist eine Folge aus der Diskussion im Bürgerhaus Hamm-Bossendorf am 29. März. Dort hatten Bürgermeister Bodo Klimpel und die CDU der Bürgerinitiative „Haard ohne Forensik“ Unterstützung zugesagt.

"Bürgerinitiative wurde nicht informiert"

„Es ist nicht abwegig, dass zwischenzeitlich neue Standorte, die eventuell besser für den Bau einer Maßregelvollzugsklinik geeignet sein könnten als Haltern 1/2, frei geworden sind“, heißt es in dem CDU-Schreiben. Die Partei erinnert darin auch an die vorab geäußerte Aufforderung von Bürgermeister Bodo Klimpel, Halterns Stadtrat und Josef Hovenjürgen (MdL, CDU) nach einer Standort-Überprüfung. „Ob Sie dieser Bitte nachgekommen sind, wissen wir nicht und auch die Bürgerinitiative wurde nicht informiert“, so die CDU an Barbara Steffens. Getroffene Entscheidungen seien leider nicht von Transparenz und Offenheit geprägt, lautet der Vorwurf der Partei.

Als Alternativstandorte nennt die CDU das Sackers-Gelände in Bottrop, ein Grundstück an der Lippestraße in Marl, Prosper Haniel in Bottrop und das Kohlelager Emil in Essen. Außerdem schließt sich die CDU dem Vorschlag der Bossendorfer BI an, das ehemalige Zechengelände in das Projekt „WALDband“ einzubinden. „Dieses Projekt würde sich an dieser Stelle wunderbar in die von Freizeit und Tourismus geprägte Wirtschaftskompetenz Halterns einfügen“, schreibt die CDU.

 

Hier gibt es weitere Infos zur Forensik in NRW:

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