Am 1. Mai 2013 trat das Rauchverbot in Restaurants und Kneipen in Nordrhein-Westfalen in Kraft. Die Gesetzesänderung hat damals die meisten Wirte schockiert. Viele fürchteten um ihre Existenz. Und jetzt?
„Ehrlich gesagt bin ich mittlerweile wirklich froh darüber“, gibt Sylvia Hildebrandt offen zu. Sie betreibt mit ihrem Mann die Kultkneipe „Schänke“ an der Lippstraße 36. Die Kneipenbesitzerin hat lange Zeit selbst geraucht. Der Gesundheit zuliebe hat sie der Zigarette vor acht Jahren abgeschworen.
2013 war das Rauchverbot ein Schock. Wer Zuhause nicht rauchen durfte, zog sich in die Kneipe zurück. Man habe deutlich gemerkt, wie die Zahl der Stammgäste zurückging: „Es war schwierig. Die Leute sind nach der Arbeit einfach weggeblieben“, so Sylvia Hildebrandt. „Damals war ich empört und absolut dagegen. Die Welt ist untergegangen.“
Einige Gäste sind auch zehn Jahre später nicht wiedergekommen. Der Großteil hat sich aber an das Rauchverbot gewöhnt. So gehe zwar etwas die Gemütlichkeit verloren, dennoch sei es normal geworden, die Zigarette mit vor die Tür zu nehmen. „Die Raucher stehen bei jedem Wetter draußen. Es kann noch so kalt oder regnen, das ist egal“, betont sie und lacht.
Dauerqualm ausgesetzt
Wenn es voll war, bildete sich eine riesige Nebelwand, erinnert sich Sylvia Hildebrandt. Rauchen in der Kneipe, das kann sie sich nicht mehr vorstellen. „Es ist schon angenehmer, rauchfrei zu arbeiten. Neun Stunden Dauerqualm wären nicht mehr auszuhalten“, betont die Wirtin. Ein weiterer Vorteil: „Man stinkt nicht mehr so.“
Doch hat das Rauchverbot das sogenannte Kneipensterben begünstigt? Für die Kneipenbesitzerin spielen andere Faktoren eine größere Rolle: „Das Rauchverbot hat es am Anfang begünstigt. Aber einfach nur Bierausschenken ist heutzutage nicht mehr möglich.“
In der Schänke können die Gäste Billard, Dart oder Kicker spielen. Darüber hinaus finden immer wieder Events statt. Das locke auch die Jugend an. Eine „normale“ Kneipe reiche da nicht mehr aus, so Hildebrandt.
Verbot gleich Bevormundung?
Andreas Jünemann betreibt den Treffpunkt Alt-Holtwick an der Waldstraße 2. Er sieht das Rauchverbot kritisch - damals wie heute. Niemand sollte den Gästen etwas vorschreiben: „Das sollte jeder selbst entscheiden“, meint der Kneipenbesitzer.
Seine Lösung: Ein Schild an der Tür mit den Worten Raucher- oder Nichtraucherkneipe. „Das wäre das Fairste für alle.“ So wisse jeder, worauf er sich einlasse. Alternativ könnten Kneipen auch den Raucherraum einführen. „Es sollte dem Wirt überlassen werden“, so Jünemann.

Ein Argument gegen das Rauchverbot sei das Zusammensitzen mit Freunden, denn das werde gestört. „Sie spielen Karten und machen Pause, weil der Raucher raus muss. Das stört das Zusammensein“, betont Andreas Jünemann.
Natürlich habe das Rauchverbot auch Vorteile. Der Kneipenbesitzer muss seitdem weniger streichen und der Gestank bleibt aus. Aber: „Wenn die Vorteile überwiegen würden, hätte ich damals eine Nichtraucherkneipe aufgemacht.“
Kneipen-Nostalgie ging verloren
Zumindest den kleinen Kneipen habe das Rauchverbot das Genick gebrochen, meint Jünemann. „Zigarette, Bier und Frikadelle an der Theke - das war Kult. Die Nostalgie ist auf der Strecke geblieben“, sagt er.
Einige Raucher trinken seit dem Rauchverbot ihr Bier lieber Zuhause. Viele haben sich mittlerweile daran gewöhnt, es mache ihnen nichts aus, glaubt der Wirt.
„Wenn ich entscheiden dürfte, könnten die Raucher bei schönem Wetter raus. Ich würde einen eigenen Raucherraum oder eine Ecke einrichten“, sagt Jünsemann. Im Winter und nachts wäre das Rauchen in der Kneipe erlaubt - so würde auch keiner nach 22 Uhr den Nachbarn auf die Nerven gehen, meint er.
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