
Am Halterner Bahnhof soll ein neues Gewerbegebiet entstehen, Dr. Horstfried Masthoff und Bernhard von Pikarski sehen das als Anlieger skeptisch. Sie haben nichts gegen neue Wohnungen, ständiger Verkehr durch Gewerbebetriebe aber würde die Bahnhofstraße über Gebühr belasten. © Schrief
Neues Gewerbe am Halterner Bahnhof: Anwohner fürchten Verkehrschaos
Anwohner sorgen sich
Rund um den Bahnhof wird gebaut und gebaut. An der Bahnhofstraße sieht man das mit Sorge: Wird die Straße noch voller und lauter? Dabei setzte ein Gerichtsurteil dem Verkehr einst Grenzen.
Anwohner der Bahnhofstraße stöhnen schon lange über den unzumutbaren Verkehr auf ihrer Straße. Diese Straße, die ab dem Bahnhof in die Annabergstraße übergeht, verbindet den Gewerbepark Mersch mit der Innenstadt sowie mit den Anschlüssen Richtung Münster und Ruhrgebiet.
„Mit Sorge und Bedenken vernehmen wir als Anwohner die Ankündigung, dass eine weitere Bebauung im Bereich Bahnhof und Annabergstraße geplant ist“, geben Dr. Horstfried Masthoff und Bernhard von Pikarski die Stimmung auf ihrer Straße wieder. Wohnhäuser stören sie weniger als die geplanten Gewerbebetriebe mit ständigem Autoverkehr. Schon einmal gab es deshalb Streit.
Im Jahr 2003 musste die Stadt Haltern aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs mit klagenden Anwohnern anlässlich der Baumaßnahmen am Bahnhof und des Bahnhofsvorplatzes ein Lärmschutzgutachten für die Bahnhofstraße erstellen.
Bahnhofstraße ist für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gesperrt
Damals wurden bei einer Verkehrszählung im Mittel 4371 Fahrzeuge innerhalb von 24 Stunden in Nord- und Südrichtung auf der Bahnhofstraße gezählt. Zehn Prozent der Fahrzeuge waren Lkw. „Legt man aufgrund der Buslinien eine Zahl von 72 Bussen täglich zugrunde, ist es schon erstaunlich, wie viele Lkw widerrechtlich und unbehelligt durch eine für über 3,5 Tonnen schwere Fahrzeuge gesperrte Zone fahren konnten und noch können“, sagt Bernhard von Pikarski. Das frühere Gutachten zeige, wie stark dieser Stadtteil schon damals belastet gewesen sei.
Auf der Annaberg- und Bahnhofstraße ist richtig viel los. Die Strecke ist eine gute Abkürzung für alle, die aus dem Westen kommen und - der roten Ampelwelle auf der Weseler Straße ausweichend - Richtung Innenstadt fahren. Gewerbetreibende, Besucher des Baubetriebshofes, „Elterntaxis“, Waren-Anlieferer, Pendler und Besucher des Bahnhofs - sie alle sorgen für viel Betrieb.
„Entlastung wird durch das Bauvorhaben unterlaufen“
Nun planen die Flächenentwicklungsgesellschaft (FEG) und private Investoren eine weitere Bebauung mit Mehrfamilienhäusern sowie (direkt am Bahnhof) Gewerbeeinheiten inklusive Medical-Center und Caritas-Zentrum. Dr. Masthoff befürchtet dann noch mehr Verkehr. „Damals hat man uns mit der Verlegung des Pendlerparkplatzes eine Beruhigung versprochen, jetzt wird die versprochene Entlastung durch die geplanten Bauvorhaben komplett unterlaufen.“
Als die Erschließung des Gewerbegebietes Mersch beschlossen wurde, sah der Bebauungsplan von 1981 vor, dass der Verkehr aus dem Gewerbepark Annabergstraße über die Krumme Meer erfolgen und Durchgangsverkehr verhindert werden sollte. „Maßnahmen wie Tempo 30 und Durchfahrtverbot für Lkw über 3,5 Tonnen Nutzlast sind mittlerweile verpufft, da diese nie hinreichend kontrolliert worden sind“, ärgert sich Bernhard von Pikarski. Beide Straßen sind nicht für ein höheres Verkehrsaufkommen ausgelegt“, ist er sicher.
Anwohner richten Appell an Politik und Verwaltung
Die geplante Bebauung des neuralgischen Verkehrsknotenpunktes Bahnhof/Annabergstraße werde unweigerlich zu einer erheblichen Mehrbelastung der anliegenden Straßen - vornehmlich Bahnhof- und Annabergstraße - führen. „Dies erstaunt umso mehr, als dieser innenstadtnahe Bereich laut eines von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachtens mit Blick auf den Tourismus Haltern am See attraktiver, fußgänger- und fahrradfreundlicher, somit auch nachhaltiger an die Innenstadt angebunden werden sollte“, sagt von Pikarski.
Daher geht der Appell der Anwohner an Politik und Verwaltung, ein Verkehrskonzept zu entwickeln, das den Belangen der Anwohner und der Nachhaltigkeit Rechnung trägt.

Fahrzeuge über 3,5 Tonnen dürfen die Bahnhofstraße gar nicht passieren. Doch an das Verbot hält sich kaum jemand, weil es in Vergessenheit geraten ist. © privat
Fest steht auf jeden Fall, dass die Stadt ihr Versprechen von 2004, das Verbot von Fahrzeugen über 3,5 Tonnen in verstärktem Maße durch die Polizeiwache überwachen zu lassen, nicht eingehalten hat.
Stadt: Straßen sind in einem verkehrssicheren Zustand
Jedenfalls kann sich niemand erinnern. Die Stadt verweist stattdessen auf die Polizei, da es sich auf der Bahnhof- und Annabergstraße um fließenden Verkehr handelt. Das Verbot ist tatsächlich in Vergessenheit geraten, wie eine zusätzliche Nachfrage bei der Polizei bestätigt. Die Polizei führt allenfalls noch Zufallskontrollen durch. Sie ahndet aber Verstöße, wenn sie solche feststellt, hieß es seitens der Pressestelle.
Die Stadtverwaltung macht sich generell weder Sorgen über mehr Lärm und mehr Autoverkehr noch über den Zustand der Straßen: Bei den Baumaßnahmen an der Annabergstraße handele es sich um die Wiedernutzung derzeit brach liegender Flächen, Betriebserweiterungen und die Ablösung einer „sehr verkehrserzeugenden Nutzung“ in Form des P&R-Platzes durch eine bauliche Nutzung.
Alle betroffenen Flächen seien bereits über die Annabergstraße erschlossen, zu der es – zumindest für den Kfz-Verkehr - auch keine Alternative gebe, heißt es seitens der Stadtverwaltung. Die beiden Straßen seien in einem normalen, verkehrssicheren Zustand.

Auf der Annabergstraße wird es durch parkende Autos und permanenten Verkehr oft brenzlig eng. © Schlobohm
„Nutzungen, die die Annabergstraße in ihrer Erschließungsleistung überfordern würden, sind nicht geplant. Die zu erwartende Entwicklung der Verkehrsmengen wird insbesondere im Zusammenhang mit den Verkehrslärmimmissionen parallel zu den Planungen untersucht. Auch die verkehrstechnischen Leistungsfähigkeiten der angrenzenden Knotenpunkte werden betrachtet“, sagt Stadtsprecherin Sophie Hoffmeier.
Wie bei allen größeren Bauvorhaben wird die Stadt, wie es die Bauleitplanung vorsieht, die Öffentlichkeit beteiligen.
Haltern am See ist für mich Heimat. Hier lebe ich gern und hier arbeite ich gern: Als Redakteurin interessieren mich die Menschen mit ihren spannenden Lebensgeschichten sowie ebenso das gesellschaftliche und politische Geschehen, das nicht nur um Haltern kreist, sondern vielfach auch weltwärts gerichtet ist.
