
© Mareike Graepel
Mitten im Corona-Chaos: Das Familien-Tagebuch zum Ausnahme-Zustand
Coronavirus
Fünf Wochen keine Schule, keine Kita, keine Betreuung - unsere Familien-Kolumnistin Mareike Graepel aus Haltern am See gibt Tipps und Anregungen (nicht nur) für Eltern.
Freitagnachmittag war es klar: Die Landesregierung gab bekannt, dass alle Schulen bis zu den und einschließlich der Osterferien schließen.
Hunderttausende von Kinder jubeln – zumindest kurz (bis die Mails und WhatsApps mit den Aufgaben der Schulen eintrudeln). Und Eltern denken mit aufgerissenen Augen an das Szenario der Familie im Gruselfilm „The Shining“, die auf dem Weg in ein einsames Berg-Hotel im Auto sitzt: „Ein paar Wochen Isolation mit der Familie – was soll da schief gehen?“
Ausnahmezustand in den Familien
In jedem Jahr ist Weihnachten der Ausnahmezustand, in dem es statistisch in Familien hart auf hart geht. Zu viel Nähe, zu viele Erwartungen – aber immerhin ein Fest mittendrin in den Ferien, auf das sich die Kinder immer freuen. Und spätestens an Silvester fassen alle gute Vorsätze, um im neuen Jahr netter zu sein.
Und jetzt? Neue gute Vorsätze sind gefragt, und zwar schnell. Denn: Fünf Wochen Ausnahmezustand am Stück, zu Beginn des Frühlings, vor den Osterferien, inklusive Absage der Urlaube und aller Hobbys und Ereignisse, auf die sich alle gefreut hatten.
Alltag der Kinder weiter durchtakten
„Mädels, kommt mal her, Zeit für eine Familienkonferenz.“ Wir haben uns was überlegt, als Eltern. „Eure Lehrer und Lehrerinnen werden euch Aufgaben ja stellen, die ihr bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigen solltet.“
Die Kinder nicken. Sie ahnen noch nicht, dass ihr Alltag zwar nicht mehr übers Stadtgebiet verteilt durchgetaktet sein wird, aber dennoch einem Zeit-Regiment unterliegen wird. „Hier sind eure Stundenpläne für die kommende Woche: Ihr steht wie immer morgens früh auf.“ Kollektives Augenrollen. Und weiter: „Ihr macht immer pro Fach eine Dreiviertelstunde, wir treffen uns immer um Viertel vor in der Küche und ihr habt 15 Minuten Pause und könnt Fragen stellen – mittags müsst ihr euch mit uns Aufgaben teilen wie kurz zum Einkaufen gehen, beim Kochen helfen und Spülmaschine-Ein-/Ausräumen. Wir sitzen alle in einem Boot.“ Kichern auf der anderen Seite des Tisches.
Jedes Kind bekommt einen Ordner
Dann hat jedes Kind einen eigenen Ordner bekommen mit der Aufschrift „Die Corona-Schule“ – darin alle Zettel der Schulen und zusätzliche Aufgaben. Und nach dem Essen gibt es Zeit für Musik (also Geige oder Schlagzeug üben) und jeden Tag schreiben die Mädchen einen Brief – an Freundinnen und Freunde, Omas oder den Opa oder an eine Nachbarin. So, zumindest hoffen wir das, kommen wir zum Arbeiten (immer 45 Minuten am Stück) und die Kinder kriegen was geschafft. Am Tag Eins hat das ganz gut funktioniert.
Mareike Graepel ist Journalistin, Autorin und Übersetzerin, seit 2017 selbstständig. Die Mutter von zwei Töchtern lebt teils in Haltern, teils in Irland. Von der Grünen Insel berichtet sie für DEINE KORRESPONDENTIN und die dpa. Am liebsten schreibt sie über Kultur, Gesellschaft und Umwelt.
