
© Stefan Walter
Melina Mertens: Von der Maus Frederick in Haltern am See zu Dior in Berlin
Melina Mertens
Sie ist jetzt da angekommen, wo sie sich wohlfühlt: Die Halternerin Melina Mertens studiert Schauspiel an der Cours-Florent-Hochschule in Berlin, wenn auch nach einem Umweg.
Ihre erste Bühnenrolle war die Maus Frederick. Die spielte Melina Mertens im Kindergarten in Holtwick. Dass die Bühne für sie einmal zum Berufsziel werden würde, ahnte sie damals allerdings noch nicht.
Melina wurde 1998 in Haltern geboren, besuchte nach dem Kindergarten die Marienschule und wechselte anschließend zum Joseph-König-Gymnasium. „Da bin ich schon in der fünften Klasse in den Unterstufenchor eingetreten, den Eva Pohl leitete“, erinnert sie sich. Und sie merkte, dass es ihr Spaß machte, auf der Bühne zu stehen.
Zwei Jahre später stand am Gymnasium die Aufführung des Musicals Aida an, das ein so großer Erfolg wurde, das es sogar mehrfach gespielt wurde. „Da hatten mich einige Freundinnen und Freunde überredet, mitzumachen“, sagt sie. Melina sang im Chor bei den Aufführungen mit. Später stand sie auch bei vielen Entlassfeiern als Chorsängerin auf der Bühne.
„Der Theatromat“ mit dem Literaturkurs
Mit dem Literaturkurs führten die Schüler später das Stück „Der Theatromat“ auf, in dem Melina unter anderem zusammen mit Soufjan Ibrahim zu sehen war. 2017 machte sie dann ihr Abitur am JKG. „Da ich noch nicht so genau wusste, was ich anschließend machen wollte, habe ich erst mal ein Freiwilliges Soziales Jahr eingelegt, das ich beim ATV Haltern absolviert habe“, erzählt sie. „Ich wollte selbst für mich herausfinden, was ich gern beruflich machen möchte.“

Melina Mertens studiert in Berlin Schauspiel. Zu Weihnachten besuchte sie mal wieder ihrer Heimatstadt Haltern. © Jürgen Wolter
„Beim ATV leitete ich unter anderem Zumba-Kurse und merkte wieder, dass es mir Spaß macht, vor Menschen zu agieren“, sagt sie. Auf der Bühne zu stehen, das war auch zu diesem Zeitpunkt schon ihr Traum, aber viele rieten ihr davon ab, sich für ein Studium in dieser Richtung zu entscheiden, vor allem wegen der unsicheren wirtschaftlichen Perspektive. Deshalb begann sie zunächst ein duales Studium der Fitness-Ökonomie. „In den Studios, in denen ich praktisch gearbeitet habe, fühlte ich mich aber nicht wohl“, sagt sie. Melina brach die Ausbildung ab und suchte nach neuen Alternativen.
„Mehr oder weniger aus Spaß habe ich auch nach Möglichkeiten fürs Schauspielstudium gesucht“, sagt sie. Und dabei stieß sie auf die Cours-Florent-Hochschule in Berlin, eine private Uni, an der Schauspiel unterrichtet wird, aber mit einem besonderen Ansatz.
Von der Kleinstadt Haltern in die Weltstadt Berlin
An diesem Punkt entschloss sich Melina, jetzt das zu machen, was sie eigentlich immer machen wollte, und nicht mehr auf Bedenken anderer zu hören. Sie bewarb sich für einen Workshop, in dem angehende Studenten auf das Vorsprechen vorbereitet wurden. Beides absolvierte sie Anfang 2020 - und wurde angenommen.

Melina in einer Projektaufführung in „Erwartung des Teufels“. © Johannes Klein
„Der Umzug von Haltern nach Berlin, von der Klein- in die Großstadt war schon eine Herausforderung, aber ich bin froh, dass ich das alles alleine hinbekommen habe, das gibt Selbstvertrauen“, sagt sie. Melina wohnt in einem Studentenwohnheim und hält auch Kontakt zu Soufjan, der ebenfalls in Berlin studiert. „Er hat mich immer ermutigt, das zu machen“ sagt sie.
Der dreijährige Bachelor-Studiengang an der Cours Florent besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. „Stimmbildung und Gesang, Körper- und Ausdruckstraining standen vor allem am Anfang im Mittelpunkt“, sagt Melina. Auch unter Coronabedingungen konnten diese Kurse in Präsenz stattfinden. „Wir testen uns allerdings jeden Morgen vor den Seminaren, fast alle sind geimpft,“ so Melina. Der theoretische Teil wurde zeitweise aber online abgehalten.
Unterschiedliche Kulturen kennenlernen
Zum Ansatz der Hochschule, die weitere Standorte in Paris und München hat, gehört auch interkulturelle Kompetenzen und Kommunikationswege zu vermitteln. „Wir lernen die Hintergründe unterschiedlicher Kulturen kennen und achten auch auf gewaltfreie Kommunikation, auf der Vermeiden von verbalen Angriffen“, berichtet Melina Mertens.

Melina Mertens mit Soufjan Ibrahim im „Streitgespräch“ bei der Aufführung „Der Theatromat“ im Gymnasium. © Jürgen Wolter
An ersten Aufführungen in Berlin hat Melina inzwischen mitgewirkt: Zuletzt spielten die Studentinnen und Studenten im Kunstgewerbemuseum in der Ausstellung „How to Dior“ Szenen mit und zwischen den Ausstellungsbesuchern, in Kostümen, die von Studenten der Macromedia Hochschule für die Ausstellung entworfen worden waren.
Melina fühlt sich jetzt da angekommen, wo sie hinwollte. „Ein Beruf soll auch Spaß machen“, findet sie. „Ich kann mir keinen Bürojob vorstellen, der täglich ähnlich verläuft, das wäre nichts für mich. Die Reaktionen des Publikums zu spüren, das macht für mich den Reiz dieser Ausbildung und dieses Berufes aus. Das gibt mir unglaublich viel Energie und hat mein Selbstbewusstsein gestärkt.“
„Haltern ist fast so wie Urlaub“
Den Grundstein dazu haben ihre Erfahrungen am Halterner Gymnasium gelegt. „Vor allem Zita Albrecht, sie war so etwas wie unsere ‚Chormutter‘“, sagt Melina schmunzelnd „Sie hat großen Anteil, daran, dass ich mich für diesen Berufsweg entschieden habe.“

„How To Dior“-Aufführung in der Uni, Melina erhält das Feedback von Dozentinnen und Dozenten sowie Mitstudierenden. © privat
Ihre Texte lernt sie oft, indem sie durch die Gegend wandert und die Textpassagen immer wiederholt. „Das sieht bestimmt schräg aus“, sagt sie. „Aber ich kann so besser lernen, als wenn ich irgendwo still sitze. Und in Berlin laufen so viele Verrückte rum, da falle ich gar nicht auf!“
Über die Weihnachtsfeiertage war Melina wieder in Haltern. „Hierher komme ich immer gern zurück“, sagt sie. „Das ist inzwischen fast so wie Urlaub. Hier kann ich gut runterkommen und mich entspannen. Früher fand ich, hier ist nichts los, aber jetzt sehe ich die Stadt schon mit anderen Augen.“
Dieser Artikel erschien erstmals im Januar 2022.
Studium der Germanistik, Publizistik und Philosophie an der Ruhr Universität Bochum. Freie Autorentätigkeit für Buchverlage. Freier Journalist im nördlichen Ruhrgebiet für mehrere Zeitungshäuser. „Menschen und ihre Geschichten faszinieren mich nach wie vor. Sie aufzuschreiben und öffentlich zugänglich zu machen, ist und bleibt meine Leidenschaft.“
