Die Halterner Zeitung hatte die Bürgermeisterkandidaten zur Podiumsdiskussion eingeladen. Einige Leserfragen konnten aus Zeitgründen nicht mehr gestellt werden. Das haben wir nachgeholt.
Die Halterner Zeitung hat den Bürgermeisterkandidaten nach der Podiumsdiskussion in der vergangenen Woche die nicht „abgearbeiteten“ Leserfragen zukommen lassen. Andreas Stegemann (CDU), Beate Pliete (SPD), Torsten Dederichs (FDP) und Eugen Ulanowski (UBP) haben sie beantwortet.
Gertrud und Paul Schrör fragen: Wie werden Sie Klimaschutz- und Umweltschutzgedanken fördern?
Andreas Stegemann: Haltern am See soll als fahrradfreundliche Stadt die Nutzung des Fahrrades für Kurzstrecken noch attraktiver machen. Die Initiative der Stadtwerke zum Ausbau von Ladestationen für E-Bikes und auch bessere Wegverbindungen, wie z.B. durch die Freigabe am ehemaligen Truppenübungsgelände Lavesum, und die schnelle Umsetzung des Wenders an der Glashütte werden von mir umgesetzt.
Beate Pliete: Gute Verkehrskonzepte berücksichtigen heute Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz. Auf allen Straßen mit nennenswertem Kfz-Aufkommen ist eine Radverkehrsführung vorzusehen. In der Innenstadt, insbesondere im Bereich Schüttenwall und Münsterstraße, verbessern wir unter Aufgabe eines Parkstreifens die Radwegeführung. Der Radweg von Hamm-Bossendorf zur Innenstadt muss sicher entwickelt werden.
Torsten Dederichs: Ich stehe für die Nutzung aller technischen Möglichkeiten zur Förderung des Klima- und Umweltschutzes. Hier sehe ich Möglichkeiten bei den städtischen Betrieben und im Straßenverkehr. Der städtische Fuhrpark ist auf neue Antriebe umzurüsten, wodurch die Stadt ihren Klimabeitrag leisten kann. Aktuell versprechen E-Bikes den Individualverkehr zu verändern, dies muss städtebaulich unterstützt werden.
Eugen Ulanowski: Die UBP und ich persönlich werden konsequent Ampelanlagen durch Kreisverkehre ersetzen, das Radwegenetz so ausbauen, dass es sicher und gleichzeitig gut durchdacht und mit der bisherigen Infrastruktur kompatibel ist. Darüber hinaus gebe ich eine Baumbestandsgarantie. Ökonomie und Ökologie müssen miteinander verbunden werden!
Ute Petermann fragt: Die Stadt Haltern ist seit den 80er-Jahren Mitglied der „Westfälischen Hanse“ und der „Internationalen Hanse der Neuzeit“. Der Hansebund will einen Beitrag zur Einigung Europas leisten und dabei das Selbstbewusstsein der Städte und Gemeinden stärken. Seit einigen Jahren geht das Thema „Hanse“ politisch jedoch ins Leere. Wie wichtig ist es Ihnen für unsere Stadt?
Andreas Stegemann: Ich interessiere mich sehr für die Geschichte unserer Stadt und sehe daher auch die Mitgliedschaft in der westfälischen Hanse und im Hansebund als wichtiges historisches und kulturelles Merkmal unserer Heimatstadt an. Die Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen sind für mich selbstverständlich.
Beate Pliete: Die Stadt Haltern am See hat auch in den letzten Jahren an den Hanseveranstaltungen teilgenommen, regelmäßig mit Beteiligung der Politik. Wichtig ist, dass der europäische Gedanke eines einigen Europas gelebt wird. Die Hanse ist ein wichtiges Instrument dazu. Gemeinsam mit Bildungsträgern, dem Handel und Kulturschaffenden soll das Image der Hansestadt Haltern am See gestärkt werden.
Torsten Dederichs: Für mich ist Haltern am See eine Stadt mit selbstbewussten Bürgern und steht so zurecht in der Tradition der Hanse. Daher ist es schade, dass diese Kooperation so wenig in unserem täglichen Erleben präsent ist. Ich halte einen lebendigen Jugendaustausch, wie er durch „youthHansa“ ermöglicht wird, für ein wichtiges Element der Völkerverständigung. Dieser Austausch sollte intensiviert werden.
Eugen Ulanowski: Natürlich ist es gut und wichtig, wenn die oben genannten Punkte durch den Hansebund hinterlegt werden. Ich persönlich habe aber das Gefühl, dass der Hansebund an Bedeutung verliert, denn in unserer Stadt wird Demokratie gelebt, die Parteien gehen vernünftig miteinander um, streiten fair, um die besten Ideen und an kulturellem, sozialem und wirtschaftlichem Engagement fehlt es aus meiner Sicht nicht.
Christoph Goos fragt: Im Wahlkampf betonen alle Parteien ihre „Bürgernähe“. Man hat den Eindruck, dass es nur eine Floskel ist. Was tun Sie, damit für mich das Wort mehr als eine Floskel wird?
Andreas Stegemann: Im Wahlkampf sind der direkte Kontakt zum Bürger und entsprechende Kommunikation stärker ausgeprägt als sonst. Ich möchte als Bürgermeister den direkten Kontakt stärken und weiter Bürgersprechstunden anbieten, gerne auch in den Ortsteilen und bei akutem Bedarf vor Ort. Politik wird für die Bürger gemacht, daher ist der direkte Austausch wichtig zur Meinungsbildung.
Beate Pliete: Für die SPD war und ist Bürgernähe gelebte Wirklichkeit. Mit dem SPD-Bürgerbüro in der Innenstadt, monatlichen Bürgerdialogen, wöchentlichen Fraktionssprechstunden zeigen wir Präsenz, sind ansprechbar und kümmern uns. Thematische Veranstaltungen in den Ortsteilen, z. B. Schlossgespräche in Sythen, Bürgerhaus in Hamm Bossendorf, aber auch Dämmerschoppen oder Bouleabende sind regelmäßige Angebote für die BürgerInnen.
Torsten Dederichs: Bürgernähe entsteht, wenn die Interessen von Bürgern, Politik und Verwaltung auf Augenhöhe behandelt werden. Bürger sind daher vor, während und nach der Bearbeitung ihrer Anliegen wie Partner zu behandeln.
Digitalisierung entlastet die Verwaltung. So kann partnerschaftliche Zusammenarbeit besser realisiert werden. Ich will die Ideen der „Digitalen Modellkommunen“ schnellstmöglich aufgreifen.
Eugen Ulanowski: Die UBP ist die Bürgerpartei in Haltern am See. Wir tragen das schon im Parteinamen und leben es auch. In Haltern am See stehen wir am Anfang. Der Dialog mit dem Bürger, den Vereinen und Verbänden, den ehrenamtlichen Organisationen ist unsere Grundlage. Wir stimmen im Rat und in den Ausschüssen ausschließlich im Sinne der Bürger ab, denn sie sind unsere einzige Lobby.
Melissa-Sophie Schütz: Politik wird anscheinend nur für die Älteren gemacht. Wir Jugendliche kommen da eigentlich nicht vor, wenn es z.B. um Freizeitmöglichkeiten geht. Was wollen Sie da tun?
Andreas Stegemann: Meine Politik soll alle Generationen berücksichtigen. Durch die finanzielle Förderung der städtischen und ehrenamtlichen Jugendarbeit in unserer Stadt werden Angebote ermöglicht, das soll bei entsprechenden Finanzmitteln noch ausgebaut werden. Die Sportvereine vor Ort werden weiterhin unterstützt, denn Sport und Ehrenamt sind die beste präventive Sozialarbeit.
Beate Pliete: Gute Politik kümmert sich um die Stadtgesellschaft als Ganzes. Gemeinsam mit jungen Menschen und der Jugendvertretung AG 78 will ich ein Jugendkonzept erarbeiten, das die Bedürfnisse der Jugendlichen in den Blick nimmt. Die Angebote im Trigon will ich stärken. Den Dialog mit Kirchengemeinden und Sportvereinen nutzen und mich dafür einsetzen, den Wunsch einer öffentlichen Skate-Anlage zu realisieren.
Torsten Dederichs: Sobald man zu groß für den Kinderspielplatz ist, hat Haltern seinen Jugendlichen kaum noch etwas zu bieten. Die „Zukunftswerkstatt“ soll genau diese Lücke füllen für Jugendliche und junge Erwachsene. Dort sollen Bedarfe und ihre Realisierungsmöglichkeiten geklärt werden. „Zukunftswerkstatt“ bedeutet, dass Jugendliche/junge Erwachsene auch in die Realisierung von Vorhaben mit eingebunden werden.
Eugen Ulanowski: Der Eindruck mag bei den etablierten Parteien richtig sein. Bei der UBP ist das anders! Die UBP ist eine junge Partei mit vielen Mitgliedern unter 25 Jahren. Hier wird schon aus der UBP heraus Druck gemacht, was die Bereiche Digitalisierung, vernünftige Jugendtreffs und kostenfreies Busfahren angeht. Wenn wir es nicht schaffen, die Jugend an Haltern zu binden, werden wir langfristig ein Problem haben. Die UBP ist die Partei für Jugendliche.
Burgunde Tosto: Welche Maßnahmen würden Sie ergreifen, um die Realisierung einer forensischen Klink in Haltern zu verhindern?
Andreas Stegemann: Ich setzte mich weiterhin dafür ein, dass eine forensische Klinik im Bereich der alten Schachtanlage in der Haard nicht realisiert wird, da nach dem eigenen Kriterienkatalog des Landes NRW keine Eignung vorliegt und die Raumplanung eine Renaturierung mit Wiederaufforstung von Bäumen vorsieht. Daher unterstütze ich auch die Ziele der Bürgerinitiative.
Beate Pliete: Seit den Entschlüssen 2012/13 sind von Seiten des Landes keine weiteren Verfahrensschritte zur Realisierung unternommen worden. Der Rat hat sich 2015 darauf verständigt, das gemeindliche Einvernehmen bei Fortführung des Verfahrens zu versagen. Ohne weitere Prüfungen über Notwendigkeit und alternativer Standorte kann die fast 10 Jahre alte Entscheidung des Landes nicht mehr als Grundlage dienen.
Torsten Dederichs: Es gibt eine Festlegung, wonach das Bergbauareal der Natur zurück zu geben ist. Diese Festlegung kann nur durch übergeordnete Interessen umgangen werden. Ich will darauf hinwirken, dass dem weder beteiligte Städte, noch der Kreis zustimmen. Daneben halte ich es für unsensibel, dass die Forensik in direkter Nachbarschaft zu einer LWL-Klinik für traumatisierte Kinder und Jugendliche geplant wird.
Eugen Ulanowski: Eine forensische Klinik in Haltern am See ist keine Option. Wir haben mit Tobias Köller einen Landratskandidaten, der es schon damals geschafft hat, die Forensik in Herten zu verhindern. Er wird der UBP und gerne auch den anderen Parteien zur Verfügung stehen. Bei allem Verständnis und der sozialen Frage. Eine Forensik wird es mit mir als Bürgermeister definitiv nicht geben.
Matthias Haft: Viele Bürger haben Bedenken wegen der neu zu berechnenden Grundsteuerabgabe. Haltern hat einen der höchsten Hebesätze. Steigen die Lasten für die Bürger bzw. wer will wie höhere Abgaben verhindern?
Andreas Stegemann: Bei den Abfall- und Abwassergebühren zahlt der Halterner Durchschnittshaushalt pro Jahr am wenigsten im Kreis. Bei der Grundsteuer A und B und der Gewerbesteuer lehne ich eine Erhöhung ab. Die Neuberechnung der Grundsteuer aufgrund gesetzlicher Vorgaben soll auch in Haltern am See nicht zu höheren Belastungen führen.
Beate Pliete: Das Bundesverfassungsgericht hat die Grundsteuerberechnung 2018 für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber eine neue Berechnung aufgetragen. Dies darf nicht zu einer weiteren Belastung der BürgerInnen führen. Als Bürgermeisterin werde ich mich mit aller Kraft dafür einsetzen. Mit einem Altschuldenschnitt durch das Land NRW wäre auch eine Entlastung bei der Grund- und Gewerbesteuer möglich.
Torsten Dederichs: Die Grundlage der Grundsteuer wird durch die Bundesregierung vorgegeben. Die Stadt bestimmt nur den Hebesatz. Es ist aber vorgegeben, dass die Stadt insgesamt nicht mehr Grundsteuer einnehmen darf als zuvor. Allerdings kann es für den jeweiligen Grundstücksbesitzer zu einer höheren oder auch niedrigeren Zahlung kommen. Im Rahmen dieser Vorgaben, will ich die Abgaben mindestens stabil halten.
Eugen Ulanowski: Die hohe Grundsteuer in Haltern ist ein Ärgernis für alle, egal ob Mieter oder Eigentümer. Sie muss definitiv gesenkt werden. Ich denke daran, die Kosten der Stadt durch interkommunale Zusammenarbeit mit der Stadt Marl zu senken oder zumindest konstant zu halten. Hier muss man bereit sein, sich zu bewegen. Das haben die aktuell verantwortlichen Parteien nicht getan.
Wenn Sie Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister würden, was würden Sie in den ersten 100 Tagen Ihrer Amtszeit ändern oder auf den Weg bringen?
Andreas Stegemann: In den ersten 100 Tagen würde ich zunächst einmal die konstituierende Sitzung des neu gewählten Stadtrates vorbereiten und auch die anstehenden Wahlen des Seniorenbeirats begleiten. Darüber hinaus würde ich viele Gespräche mit den städtischen Mitarbeiten aus allen Fachbereichen führen, um die anstehenden Aufgaben bestmöglich umzusetzen.
Beate Pliete: Als Bürgermeisterin will ich für alle Bürgerinnen da sein, in den Ortsteilen sein und den Dialog stärken. Aktuelle Fördertöpfe von Bund und Land zur Digitalisierung unserer Schulen und der Verwaltung müssen jetzt genutzt werden.
Ich will das Team der Verwaltung kennenlernen, wichtige Verkehrsprojekte wie den Verkehrswender an der L 551 und den Ausbau von Kita-Plätzen auf den Weg bringen.
Torsten Dederichs: Das Herz von Haltern am See schlägt in den Vereinen. Ich werde schon früh einen neuen Schulterschluss zwischen Verwaltung, Vereinen und Ehrenamt suchen. Im Bezug auf die Verwaltung will ich erste Schritte zu einem aktiven Stadtmanagement gehen. Die Stadt soll so bürgernäher werden und handlungsfähig bleiben. Vor allem, weil es darum geht, für Haltern Vorteile für die Zeit nach Corona zu sichern.
Eugen Ulanowski: Ich habe einen 100-Tage-Plan im Kopf. 1. Ich werde Haltern durch eine stärkere Polizeipräsenz und einen gut organisierten Ordnungsdienst sicherer machen und gegen Kriminalität hart vorgehen. 2. Ich werde ein Verkehrskonzept erarbeiten, was Haltern ruhiger, sauberer und besser strukturiert macht. 3. Ich werde Bürgerratssitzungen durchführen und das Ohr wesentlich stärker an Jugendlichen, Familien, sozial schwachen Menschen, Unternehmern und Senioren haben. Ich will Politik transparent machen.
Geboren in Dülmen, Journalistin, seit 1992 im Medienhaus Lensing - von Münster (Münstersche Zeitung) über Dortmund (Mantelredaktion Ruhr Nachrichten) nach Haltern am See. Diplom-Pädagogin und überzeugte Münsterländerin. Begeistert sich für die Menschen und das Geschehen vor Ort.
