Lebensmittelspenden an die Tafel „Eine einheitliche Steuerbefreiung wäre sinnvoll“

Lebensmittelspenden an die Tafel und die Steuer
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Über 970 Tafeln sammeln in Deutschland Lebensmittelspenden von Händlern und Herstellern ein und geben sie an Menschen weiter, die von Armut betroffen sind. 60.000 Helferinnen und Helfer retten pro Jahr rund 265.000 Tonnen an Lebensmitteln vor der Vernichtung. Vielerorts nehmen die Spenden aber ab, auch der Halterner Tafel fehlt inzwischen vor allem frisches Obst und Gemüse.

Dafür ist nicht nur der verstärkte Einsatz künstlicher Intelligenz bei der Warendisposition im Lebensmittel-Einzelhandel verantwortlich, auf die der Tafel-Vorsitzende Ludwig Borger hingewiesen hatte. Auch die steuerliche Behandlung dieser Spenden könnte vereinfacht werden, findet er.

Aus einem Sachstandbericht der Bundesregierung geht hervor, dass sich steuerliche Anreize für Unternehmen nachweislich positiv auf die Spendenbereitschaft überschüssiger Lebensmittel auswirken. Das gilt beispielsweise für Frankreich oder Spanien. In diesen Ländern kann für 60 Prozent (Frankreich) oder 35 Prozent (Spanien) des Nettobuchwertes eine Körperschaftssteuer-Gutschrift in Anspruch genommen werden.

Mehrwertsteuer aussetzen

In diesem Bericht informiert die Bundesregierung weiter, dass der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) vorschlägt, die Mehrwertsteuer auf gespendete Lebensmittel auszusetzen. „Ich denke, dass eine solche Regelung auch in Deutschland positive Auswirkungen auf das Spendenaufkommen haben würde“, sagt Ludwig Borger.

In einer Anhörung im Deutschen Bundestag hat sich auch die Tafel Deutschland für eine solche Regelung ausgesprochen. Denn bisher gibt es noch keine einfachen und einheitlichen Rahmenbedingungen.

In Deutschland sind die aktuellen Regelungen kompliziert. Hier unterliegen Lebensmittel, die aus dem Handel kostenlos z.B. an karitative Einrichtungen abgegeben werden, der Umsatzsteuer, informiert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Aber es kommt nicht immer zu einer Umsatzsteuerbelastung, denn diese „hängt von der Höhe der Bemessungsgrundlage ab“.

Auf null reduzieren

Diese Grundlage „bestimmt sich bei kostenlos weitergegebenen Lebensmitteln nach dem (insoweit fiktiven) Einkaufspreis im Zeitpunkt des Umsatzes, also der Weitergabe der Lebensmittel“, so das Ministerium. „Die Bemessungsgrundlage für kostenlos weitergegebene Lebensmittel kann auf null reduziert werden, wenn der fiktive Einkaufspreis im Zeitpunkt der Weitergabe null beträgt.“

Eine Frau kauft im Supermarkt Gemüse ein.
Die Obst- und Gemüsespenden aus dem Lebensmittelhandel sind bei der Tafel rückläufig. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Im Klartext also: Lebensmittel, die an die Tafel gespendet werden, unterliegen dann doch keiner oder einer nur sehr geringen Umsatzsteuerbelastung, wenn sie kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder dieses überschritten haben.

Betriebsprüfungen

Für Genussmittel wie Kaffee können aber wieder andere steuerrechtliche Voraussetzungen gelten. Auch könne die Festsetzung der Bemessungsgrundlage bei Betriebsprüfungen durch die Finanzämter überprüft werden.

Das Landwirtschaftsministerium gibt an, dass Chancen für Steuererleichterungen bei Lebensmittelspenden zurzeit „ausgelotet“ werden. Allerdings sei die „Ausgestaltung des nationalen Umsatzsteuerrechts ausschließlich in den Grenzen des Unionsrechts (also der EU) möglich“.

„Uns würde es definitiv helfen, wenn wir den Lebensmittelhändlern die Steuersparmöglichkeiten aufzeigen und ihnen klarmachen könnten, dass sie nicht nur Entsorgungskosten, sondern auch Steuern sparen können, wenn sie an uns spenden“, sagt Ludwig Borger. „Aber solange die Regelungen so kompliziert sind, fehlt uns dazu leider die Argumentationsgrundlage.“