Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen nach Afghanistan. Wenn man unbedingt in das Land fliegen müsse, solle man vorher sein Testament machen. Für Latifa Saljuki zählt dieser Einwand nicht.
Seit Jahren reist sie immer wieder in ihr Heimatland, um Familien, vor allem Kindern, Hilfe zu bringen. Für Anfang Mai hat sie erneut einen Flug nach Kabul gebucht. „Für mich ist die Entscheidung wichtig und richtig“, sagt sie. „Helfen zu können, macht meine Seele glücklich.“
Gerade ist ihr Schwager und Cousin Shodjauddin Ziaie aus London zu Besuch. Er war einst Minister für Energie und Wasserwirtschaft in der afghanischen Regierung. Afghanistan sei ein trockenes Land, gerade die Wasserwirtschaft habe eine zentrale Rolle gespielt.
Alles könnte gut sein in seinem Heimatland, sagt er, wenn Afghanistan nicht immer wieder Unterdrückung durch britischen Kolonialismus und dann Kriege erlebt hätte. „Wir waren zu lange mit Kämpfen beschäftigt“, sagt Shodjauddin Ziaie. Nach zehn Jahren im Amt musste auch er vor den Taliban fliehen, der Ingenieur erhielt mit seiner Familie die niederländische Staatsbürgerschaft. Heute lebt er in London.
Zwischen allen Fronten
Afghanistan sei eigentlich ein reiches Land - reich an Bodenschätzen, Wasser und Kultur. Nachbarländer wie Pakistan, Iran oder China schauten argwöhnisch auf dieses Land. „Sie akzeptieren es nicht, wenn Afghanen Fortschritte machen. Zum Leidwesen aller Menschen sitzen wir immer zwischen allen Fronten fest“, ist Shodjauddin Ziaie überzeugt.
Gerne würde der ehemalige Politiker und Ingenieur zurück in seine Heimat. „Aber aus politischen Gründen haben wir keine Chance“, sagt er. Umso mehr bewundert er seine Cousine und Schwägerin Latifa Saljuki für ihr Engagement. Einem Kompliment für ihren Mut schließt er ein Dankeschön an die Halterner an, die Latifa Saljuki mit Spenden unterstützen.

„Wenn nur 50 Prozent aller Menschen so hilfsbereit wären wie die Halterner, gebe es weniger Gewalt und Elend auf dieser Welt“, ist Latifa Saljuki überzeugt.
Seit Ende der 80er-Jahre lebt sie in Haltern, ihre Landsleute vergaß sie nie und gibt sie auch nicht verloren. Gerade hat sie zwei junge, an Diabetes erkrankte Frauen mit Geld für Augenoperationen glücklich gemacht. Ihre kommende Reise wird besondere Ziele haben. In Kabul wird sie Familien, die Waisenkinder aufgenommen haben, mit Lebensmitteln versorgen. In drei Dörfern rund um Herat kümmert sie sich um eine Schule und medizinische Versorgung der verarmten Bewohner.
Unterricht in drei Schichten
In der Schule ist sie inzwischen als Freundin herzlich willkommen. Latifa Saljuki hat dafür sorgt, das zwei Klassen gebaut werden konnten, sie hat dafür zusätzlich Mobiliar und Bücher gekauft. 600 Jungen und Mädchen erhalten an dieser Schule in drei Schichten Unterricht. Ihre Eltern sind zumeist Analphabeten.
Mit Spenden aus Haltern wird Latifa Saljuki zwei Spielplätze für die Kinder bauen lassen. Außerdem gibt sie Geld, damit die Schülerinnen und Schüler der dritten Klasse auch endlich Schulbücher bekommen. Zusätzlich bezahlt sie für sechs Monate die Lehrergehälter. „Die Lehrer arbeiten für umgerechnet 30 Euro im Monat, das reicht auch in Afghanistan nicht zum Leben“, erzählt Latifa Saljuki.
Medikamente und Ärzte
In einem anderen Dorf bezahlt sie Medikamente für Diabetiker sowie den Einsatz von zwei Ärzten und zwei Helferinnen. Ein drittes Dorf erhält ebenfalls Medikamente und Essen. Latifa Saljuki wird erst einige Tage in Kabul sein, dann reist sie in Begleitung von Familienangehörigen weiter nach Herat, von dort wieder zurück nach Kabul. Diesmal wird sie länger in ihrem Heimatland bleiben als sonst.

Systematische Menschenrechtsverletzungen, Diskriminierung der Frauen, schwere Anschläge, ein kollabierendes Gesundheitssystem, schwierige Ernährungslage - das sind Probleme Afghanistans, die Latifa Saljuki natürlich kennt. „Ich bin immer hin- und hergerissen, aber meine Sehnsucht ist einfach zu groß.“
Die Courage findet Theo Haggeney (Vitus) absolut bewundernswert. Deshalb unterstützt er das Anliegen von Latifa Saljuki immer wieder gern. „Bei aller Ohnmacht - jeder Tropfen Hilfe tut gut“, sagt die 70-Jährige.
In Erinnerung bleibt ihr ein Mädchen, das sie lange mit ihren traurigen Augen angesehen hat: „Hat Gott die Sachen gebracht? Warum tut er es nicht immer?“
Afghanischer Abend und Spenden
- Am 23. März gibt es Vitushaus an der Mühlenstraße wieder einen afghanischen Abend. Der Erlös ist für die Hilfsaktion von Latifa Saljuki bestimmt.
- Ab 18 Uhr gibt es besondere Köstlichkeiten und die Einladung, darüber hinaus angeregte Gespräche zu führen.
- Auch direkte Spenden sind herzlich willkommen: Sparkasse Westmünsterland, IBAN DE33 4015 4530 0001 005933, Stichwort Latifa Saljuki oder Afghanistan.