Wer in diesem durch die alles überlagernde Migrationsdebatte aufgeheizten Wahlkampf zu einem Duell, Quadrell oder - wie die Redaktionen von Marler Zeitung, Hertener Allgemeine, Dattelner Morgenpost, Stimberg Zeitung und Halterner Zeitung - gleich zu einer Wahlarena mit sechs Direktkandidaten lädt, der kann fast schon zwangsläufig mit einer gewissen Hitzigkeit rechnen. Nicht jedoch am Montagabend (17.2.) in den Räumen des Medienhauses Bauer in Marl.
Sechs Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Wahlkreis Recklinghausen II, der die Städte Datteln, Oer-Erkenschwick, Marl, Haltern und Herten umfasst, waren geladen. Zwei Kandidaten fehlten krankheitsbedingt: Carsten Hempel (AfD) und Sandra Bücken-Kramps (Die Linke) - und damit Vertreter jener Parteien, die im Kampf um die Bundestagsmandate am weitesten rechts und links stehen.

In einer folglich eher ruhigen Gesprächsatmosphäre stellten sich Robin Conrad (Bündnis 90/Die Grünen), Brian Nickholz (SPD), Lars Ehm (CDU) und Tom Roehl (FDP) den Fragen der Moderatoren Joachim Schmidt und Vincent Rastfeld. Die konfrontierten die Kandidaten unter anderem damit, dass sie für viele Probleme, die die Menschen im Wahlkreis bewegen, gar nicht unmittelbar zuständig seien - etwa marode Infrastruktur, zu wenige Kitaplätze, schadhafte Schulen.
Ob und wie sie das von Berlin aus angehen wollen? Und: Welche Lösung sie für die Überschuldung der Städte hätten? Auch ein Thema war das sogenannte Konnexitätsprinzip - salopp: Wer die Musik bestellt, zahlt sie auch -, das seit Jahrzehnten von allen Regierungen verletzt wird. Aber auch Leserfragen wurden gestellt.
Für jedes Thema zuständig
Es gebe kein Thema, für das man als Bundestagsabgeordneter nicht zuständig sei, meinte Brian Nickholz, der Einzige in der Runde, der als aktueller Abgeordneter mit entsprechender Erfahrung ausgestattet ist. „Wir können im Bund eine ganze Menge tun“, so der Marler. Dass in Berlin sowohl gute wie schlechte Ideen in Gesetze gegossen werden, darüber herrschte weitestgehend Konsens, doch die Definition von gut und schlecht ging dann doch hier und da auseinander.

„Das Problem ist, dass wir strukturell unterfinanziert sind. Das heißt, wir haben für die Aufgaben hier auf der untersten staatlichen Ebene zu wenig Geld“, sagte Lars Ehm. Das führe zu immer mehr Schulden - also müsse eine Lösung für die Altschulden gefunden werden, so der Oer-Erkenschwicker.
Tom Roehl bewertete als ein gutes Zeichen, „dass wir da eigentlich alle zusammenstehen und sagen: Wir wollen das haben.“ Doch nur die Altschulden zu tilgen und zu hoffen, das sei genug, bewertete der Castrop-Rauxeler als „utopisch“. Strukturelle Reformen müssten her.
Roehl brachte gleich eine Föderalismusreform ins Spiel. Dafür, wie auch für einen Altschuldenfonds, bräuchte es Grundgesetzänderungen und die wiederum brauchen eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat.
Leser thematisiert steigende Spritpreise
Näher am Alltag der Menschen war die Leserfrage von Frank Schubinski aus Marl: Wie die Spritpreise, die laut ADAC-Prognose um bis zu 19 Prozent steigen sollen ab dem Jahr 2027, sozialverträglich aufgefangen werden sollen. Tom Roehl schlug Einsparungen bei der Kfz-Steuer vor, da käme man dann bei „netto Null raus“. Lars Ehm brachte zusätzlich mögliche Stromsteuersenkungen ins Spiel, gleichwohl: „Ich glaube aber ganz ehrlich nicht, dass wir über das, was an Kfz-Steuer gezahlt wird, am Ende diese Preissteigerungen, die jetzt prognostiziert sind, auffangen.“
Brian Nickholz plädierte für mehr Unterstützung beim Umstieg zur E-Mobilität und Robin Conrad argumentierte engagiert für das Klimageld, demnach alle Einnahmen aus der CO₂-Steuer an die Bürger zurückgegeben werden würden.

Einig war sich die Runde auch hier: „Wir haben ein Problem mit der Bürokratie“, sagte etwa Robin Conrad. Doch wie man die abbaut, da gibt es Unterschiede. Man dürfe „nicht die Axt anlegen!“, meinte ebenfalls der Oer-Erkenschwicker.
Der große Themenblock Wirtschaft fiel weitestgehend aus, aber mehr Wohnraum, vor allem sozialen, wie Brian Nickholz findet, sowie die Migrationspolitik wurden angesprochen. Hier sei Pragmatismus gefragt, so Tom Roehl. Auf eine Formel bringen lässt sich das wohl mit: die illegale Einwanderung nach Deutschland begrenzen und die Attraktivität für Fachkräfte aus dem Ausland erhöhen. Man kann im Bundestagswahlkampf 2025 also auch unaufgeregt und sachlich über Migration diskutieren.

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