
Im Paracetamol-Regal gibt es zurzeit ziemliche Lücken, zeigt Apotheker Dr. Phiipp Schulte-Mecklenbeck. © Jürgen Wolter
Immer wieder fehlen Medikamente – Halterner Apotheker erklären, woran es liegt
Medikamentenengpässe
Wenn Medikamente nicht lieferbar sind, kann das mehrere Ursachen haben. Diese haben nicht nur mit Logistikproblemen zu tun, sondern sind zum Teil hausgemacht, sagen Halterner Apotheker.
Krank werden und ein Medikament nicht bekommen? Das ist keine angenehme Vorstellung. Weiterhin fehlen eine ganze Reihe von Pillen, Säften oder Salben im Lager vieler Apotheker. Ein Grund für Panik sei das aber nicht, meint Apotheker Dr. Philipp Schulte-Mecklenbeck von der Halterner Bären Apotheke.
Vor Wochen waren es unter anderem die Ibuprofen-Fiebersäfte für Kinder, die nicht lieferbar waren.
Da habe sich die Lage inzwischen teilweise entspannt, so Philipp Schulte-Mecklenbeck. „Was bei uns dagegen jetzt akut fehlt, sind die niedrigen Dosierungen von Paracetamol-Zäpfchen“, so der Halterner Apotheker. Insgesamt, so Schulte-Mecklenbeck, habe er 107 Produkte aktuell nicht im Lager. „Allein bei der Bestellung am Anfang dieser Woche fehlten 14 Präparate. Die habe ich natürlich nachbestellt und bestelle sie so lange, bis ich sie bekomme“.
Ähnlich ist die Lage bei Apotheker Jörn Graé von der Lambertusapotheke in Lippramsdorf „Es gibt eine Reihe von Medikamenten, davon bekommt man mal nichts und ab und zu etwas, aber es reicht bei weitem nicht“, sagt er. „Die Suche nach Ersatzpräparaten ist oft sehr zeitaufwändig.“
Kostenpraxis der Krankenkassen ist problematisch
Philipp Schulte-Mecklenbeck nennt ein weiteres Medikament, bei dem es aktuell Engpässe gibt: „Das frei verkäufliche Buscopan, das zur Linderung von Krämpfen eingenommen werden kann, fehlt komplett.“ Da dieses Medikament nur von einem Hersteller produziert werde und nicht durch andere ersetzt werden könne, gebe es hier einen akuten Mangel.

Apotheker Jörn Graé von der Lambertusapotheke fehlen ebenfalls zahlreiche Medikamente. © Jürgen Wolter (Archiv)
Was sind die Ursachen für die anhaltende Knappheit? Die Halterner Apotheker sehen mehrere Gründe. Beide heben aber die Kostenpraxis der Krankenkassen besonders hervor. „Die Kassen handeln Rabatte mit den Herstellern aus, es gilt nur noch das Prinzip: billig, billig!“, so Philipp Schulte-Mecklenbeck. „Das führt dann dazu, dass sich die Herstellung vieler Medikamente für andere Hersteller nicht mehr lohnt. Sie geben die Produktion auf. Wenn dann plötzlich nur noch ein Anbieter übrig bleibt, dann ist der unter Umständen mit der Nachfrage völlig überfordert.“
Die Apothekerschaft weise immer wieder auf dieses Problem hin, ergänzt Jörn Graé. „Aber wir haben in Deutschland 203 Krankenkassen, da kocht jede ihr eigenes Süppchen. Das hat dazu geführt, dass der Markt jetzt sehr instabil ist.“
Auch Philipp Schulte-Mecklenbeck fordert ein Umdenken: „Medikamente sind keine Trivialware, sie sind oft lebenserhaltend. Es kann und darf bei der Produktion nicht alles über den Preis gehen.“
Rechtzeitig für Nachschub sorgen
Der zweite Grund für die Verknappung sei, dass einige Rohstoffe für die Medikamentenherstellung nicht ausreichend produziert oder transportiert werden könnten. Das hänge mit den allgemeinen Problemen der Lieferlogistik zusammen, so die Apotheker.
„Es gibt weltweit nur eine Handvoll Produzenten, die beispielsweise Ibuprofen herstellen. Keiner davon in befindet sich Deutschland. Wenn Lieferketten nicht mehr funktionieren, dann spüren wir unsere Abhängigkeit, das ist nicht anders als jetzt beim Gas“, so Jörn Graé.
Philipp Schulte-Mecklenbeck appelliert an die Kunden, keine Hamsterkäufe zu unternehmen, aber Medikamente rechtzeitig zu kaufen oder zu bestellen. „Wenn die letzte Pille verbraucht ist, ist es sicher ziemlich spät. Ein, zwei Wochen vorher sollte man sich um Nachschub bemühen“, so Schulte-Mecklenbeck.
Einige Medikamente können Apotheker auch selbst herstellen. „Das ist in den kleinen Mengen aber unglaublich aufwändig im Vergleich zu den industriell produzierten Medikamenten“, so Philipp Schulte-Mecklenbeck. „Bei einigen Säften geht das, aber bei Tabletten wird es schon schwierig“, sagt auch Jörn Graé.
Es gebe oft Ersatzpräparate. Ärzte und Apotheker seien dafür die richtigen Ansprechpartner, so die Apotheker „Ich bitte deshalb Patienten um Vertrauen. Ärzte und Apotheker beraten gern und helfen, die beste Lösung zu finden“, sagt Philipp Schulte-Mecklenbeck.
Studium der Germanistik, Publizistik und Philosophie an der Ruhr Universität Bochum. Freie Autorentätigkeit für Buchverlage. Freier Journalist im nördlichen Ruhrgebiet für mehrere Zeitungshäuser. „Menschen und ihre Geschichten faszinieren mich nach wie vor. Sie aufzuschreiben und öffentlich zugänglich zu machen, ist und bleibt meine Leidenschaft.“
