Halterner Politiker kritisiert „Versäumnis der Landabgabe“

© Ingrid Wielens

Halterner Politiker kritisiert „Versäumnis der Landabgabe“

rnBauen in Haltern

Damit auch einkommensschwächere Familien in Haltern bauen können, sollen Eigentümer in neuen Baugebieten Land an die Stadt abtreten. Der Beschluss von 2005 ist aber in Vergessenheit geraten.

Haltern

, 04.02.2022, 14:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Stadt in einem neu auszuweisenden Baugebiet Land abtreten, damit einkommensschwächere Familien bauen können? Genau einen solchen Beschluss gibt es, aber er scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Christian Kiski, für die FDP im Stadtentwicklungsausschuss, machte darauf aufmerksam, weil er eine Ungerechtigkeit zur Diskussion stellen wollte.

Der Rat hat 1997 ein Verfahren zur Entwicklung von Wohnbauflächen beschlossen und dieses 2005 noch einmal neu gefasst. Es ist bis heute gültig. Danach müssen Grundstückseigentümer in einem Baugebiet neben den 30 Prozent für Straßen und Spielplatz weitere neun Prozent der Fläche an die Stadt abtreten. Ziel ist, so auch einkommensschwächeren, kinderreichen Familien bezahlbaren Baugrund für ein Eigenheim anbieten zu können. Planungsverfahren sollen demnach dort vorrangig durchgeführt werden, wo die Stadt eigene Grundstücke hat oder wo der Stadt in angemessenem Umfang Grundstücke zu günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt werden.

Der Stadt Bauland zu angemessenem Preis übertragen

Mit der Zeit ist dieser Beschluss zumindest bei den Kommunalpolitikern in Vergessenheit geraten. Christian Kiski (FDP) erinnerte im letzten Sitzungszyklus im November an das „Versäumnis der Landabgabe“ und zog sich damit den Unmut der Verwaltung zu.

Christian Kiski von der FDP fordert bei der Umsetzung des Verfahrens zur Entwicklung von Wohnbauflächen gleiches Recht für alle.

Christian Kiski von der FDP fordert bei der Umsetzung des Verfahrens zur Entwicklung von Wohnbauflächen gleiches Recht für alle. © Privat

In dem 17 Jahre alten Beschluss heißt es unter anderem konkret: „Bauleitplanverfahren werden ab sofort vorrangig für solche Flächen durchgeführt bezüglich derer die Eigentümer sämtliche Planungs- und Gutachterkosten sowie Erschließungskosten tragen und zudem die Eigentümer der Stadt durch notarielles Kaufangebot Teilflächen aus ihren zur Bauleitplanung anstehenden Grundstücken zu einem angemessenen Preis übertragen.“

Christian Kiski: Ratsbeschluss muss bindend sein

Christian Kiski findet das „generell in Ordnung“, wundert sich aber wie seine Parteifreunde, warum das Verfahren mal angewendet wird und mal nicht. So habe der Beschluss von 2005 beispielsweise in neuen Lippramsdorfer Baugebiet Stigthaube keine Anwendung gefunden. „Die Ungleichbehandlung stört mich“, sagt Christian Kiski deutlich, „wenn es einen Ratsbeschluss gibt, dann muss er bindend für alle Vorhaben sein.“ Bauderzernet Siegfried Schweigmann hatte im Ausschuss zugegeben, man habe das in Lippramsdorf einfach versäumt.

Es scheine Interpretationsspielräume zu geben, denn das Verfahren sei seit 2005 nur dreimal angewendet worden. Wenn der Beschluss zu schwammig formuliert sei, dann müsse er eben nachgebessert werden, findet Christian Kiski. Die FDP sei mit anderen Ratsparteien im Gespräch. Dabei bestätigte sich der Eindruck aus der Sitzung: Vielen Politikern war der Beschluss gar nicht bekannt. „Für uns ist die Diskussion um dieses Thema auf jeden Fall nicht beendet“, sagt Christian Kiski deutlich.

Am Nesberg will die Stadt das Verfahren anwenden

Auf Nachfrage teilt die Verwaltung mit, dass diese Beschlussfassung 2006 im Bebauungsgebiet „Wellenbogen“, 2008 im Gebiet Schützenstraße und 2010 im Gebiet „Bossendorf-Am Kanal“ umgesetzt worden sei. Die B-Pläne „Elterbreischlag“, „In der Borg“ und „Berghaltern - Im Grünen Winkel“ seien ausdrücklich ausgenommen worden. Christian Kiski ergänzt, das Gleiche gelte für die Baugebiete Zum Imberg und Kahrstege.

Der B-Plan „Nesberg“ (hier soll ab 2023 gebaut werden) ist laut städtischem Bauamt für den WEV-Beschluss hingegen als anwendbar erklärt worden.

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Für den Bereich Grüner Winkel wurde damals als Argument angeführt, eine Anwendung des Beschlusses sei ungerecht, da die Eigentümer jahrelang unter anderem wegen archäologischer Ausgrabungen auf Planrecht für ihre Flächen hätten warten müssen.

Die Akzeptanz dieses Vorgehens war bislang durchaus unterschiedlich. In Plangebieten, in denen ein Einzelner der Eigentümer großer Flächen war, bestand eher eine Bereitschaft zur Übertragung entsprechender Grundstücksflächen an die Stadt als in denjenigen Plangebieten, in denen eine größere Zahl von Eigentümern kleinere Grundstücke hatte. Letzteres trifft auf das Gebiet Nesberg zu, hier verhandelt die Flächenentwicklungsgesellschaft mit 58 Grundstücksbesitzern.

Stadt sagt: Familien sollen sich hier ansiedeln können

„Seit 2010 hat es keinen großen Bebauungsplan mehr gegeben, das heißt der Wohnentwicklungsbeschluss ist seit dem nicht mehr angewendet worden“, erklärt die Bauverwaltung.

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Natürlich sehe die Stadt den Ratsbeschluss aus 2005 weiterhin als ein sehr wichtiges Instrument an, den Kauf von Grundstücken an Familien zu ermöglichen, die ansonsten auf dem freien Markt wohl kaum eine Chance hätten, ein bezahlbares Grundstück erwerben zu können. Das Ziel, jungen Familien aus sozialpolitisch unterstützungswürdigen Gründen die Möglichkeit zu eröffnen, sich in Haltern am See anzusiedeln, solle daher unbedingt auch weiterhin aufrecht erhalten bleiben.

Die nächsten B-Pläne, für die der Beschluss angewendet werden soll, sind daher „Nesberg“, „Am Schafstall“ (Lavesum) und „Buttstraße“ (Hullern).

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