Halterns Kulturszene ist vielfältig. In der Rubrik „Kulturecke“ geben wir lokalen Künstlern, Bands und Musikvereinen eine Plattform. Heute: Die Künstlerin Gabi Bücker.

von Stephan Sandkühler

Haltern

, 08.12.2020, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

„Am besten wird es sein, wenn du zu mir kommst, damit du siehst, warum ich so lebe.“ Als ich am Künstlerhof in Lavesum aus dem Wagen steige, spüre ich direkt, was Gabi Bücker mir mit diesem Satz sagen wollte. Er ist etwas verwinkelt, der Künstlerhof in Lavesum, daher dauert es ein wenig, bis ich in das strahlende Gesicht der Künstlerin blicke und voller Lebensfreude begrüßt werde.

Wir machen es uns am langen Esszimmertisch gemütlich, eine Tasse Kaffee, ein paar Kekse, die Katze schnurrt um unsere Beine herum. Gabi Brücker schiebt einen kleinen Karton über den Tisch. „Damit hat eigentlich alles angefangen. Es sind Karten. Rabenkarten“, sagt sie. „Die habe ich irgendwann für mich selbst erstellt. Kleinere Lebensweisheiten, Sprüche, Sätze aus meinem Kopf, aufgeschrieben auf einer Karte und mit dem Rabenvogel als begleitendes Element.“

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Einer Freundin fielen die ersten Karten in die Hände. Die erstellte den Kontakt zu einem Verlag. „Als der Anruf vom Verlag kam und mir mitgeteilt wurde, dass sie gerne meine Karten produzieren und verlegen würden, allerdings nicht als Dreieckskarte, da der Druck dafür zu schwierig ist, habe ich erstmal mit den Worten aufgelegt: Keine Dreiecke? Dann nicht!“, sagt Gabi Bücker und lacht.

Laufbahn der Sozialpädagogin schlägt künstlerischen Weg ein

Der Verlag meldete sich einige Stunden später noch einmal bei ihr und am Ende wurden über 20.000 Kartensets im kompletten deutschsprachigen Raum verkauft. Dabei hatte sie ursprünglich diesen künstlerischen Weg nicht geplant. Nach ihrem Abitur am heutigen Joseph-König-Gymnasium in Haltern am See, studierte Gabi Böcker Sozialpädagogik und arbeitete viele Jahre für den Kreis Borken.

Dieses Kunstwerk von Gabi Bücker trägt den Namen "Kreuzweg".

Dieses Kunstwerk von Gabi Bücker trägt den Namen „Kreuzweg“. © Tobias Klostermann

Neugier auf Wissen, auf Menschen, auf Leben trieb sie an und so bildete sie sich neben ihrem Job weiter. Heilpraktikerin für Psychotherapie, Hawaiianische Körperarbeit, Kunsttherapie, interkulturelles Training sozialer Kompetenzen. Die Liste ist lang und die Themenfelder vielfältig, mit denen sich Gabi Bücker beschäftigt hat.

Nach dem Erfolg der Rabenkarten im Jahr 2008, folgte das begleitende Buch zu den Karten 2011. Sie fing an, mit unterschiedlichen Materialien zu arbeiten. Ton, Holz, Stoff, Stein, Metall. Bücker hat keine Berührungsängste. Sie experimentiert, übt, testet. Vor sieben Jahren fand sie ein neues Zuhause auf dem Künstlerhof. Neben dem Atelier mietete sie auch eine kleine Wohnung dort. Das gab ihrem künstlerischen Schaffen einen weiteren Schub.

Gabi Bücker wagt den Schritt in die Selbstständigkeit als Künstlerin

2016 eröffnete sie ihre erste Ausstellung auf dem Alten Hof Schoppmann in Darup unter dem Namen „Reise mit dem Raben“. Die Lust, sich nur noch auf ihre Kunst zu konzentrieren, wuchs in ihr immer mehr. „Irgendwann platzte das Korsett“, sagt die Künstlerin, „Ich habe wirklich gerne in meinem Beruf gearbeitet. Aber ich habe auch gespürt, dass ich nicht ganz frei war.“

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Ein Jahr später, 2017, wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit und hat es seitdem nicht eine Minute bereut. „Natürlich macht uns selbstständigen Künstlern die Corona-Zeit zu schaffen. Wir halten normalerweise Workshops ab. Bringen neugierigen und interessierten Menschen unsere Materialien näher“, sagt Gabi Bücker. „Das sind Einnahmen, die uns natürlich in einem Lockdown wegfallen.“

Neues Projekt der Künstlerin ist ein Kinderbuch zum Anfassen

Gabi Bücker lässt sich jedoch nicht entmutigen und startete ein neues Projekt. „Das wird der Prototyp für mein neues Kinderbuch. Nicht nur das Lesen des Buches soll den Kindern Freude bereiten“, sagt sie. „Ich möchte, dass bereits das Anfassen und Anschauen zu einem Erlebnis wird.“

Das Buchcover ist schon bemalt, im Inneren der Mappe warten große Ösen, um mit Leben gefüllt zu werden. „Es geht natürlich wieder um einen Raben“, sagt Gabi Bücker und lacht. „Diesem wird das Fliegen verboten, aber Neugier und Lebenslust treiben ihn an, Regeln zu durchbrechen.“

Ein Projekt der Künstlerin aus diesem Corona-Jahr.

Ein Projekt der Künstlerin aus diesem Corona-Jahr. © Gabi Buecker

Überall auf dem Künstlerhof treffe ich auf freundliche, offene und kreative Menschen. Die Künstler hier haben einen Verein gegründet. Sie möchten die Menschen mitnehmen und ermutigen, selbst künstlerisch tätig zu werden. Sich Freiraum schaffen für einen Gegenpol im Alltag.

„Es soll ein kreatives Zentrum entstehen. Die Tür steht wirklich jedem offen“, sagt Gabi Bücker. „Kreativ sein heißt, dem zu vertrauen, was spontan entsteht. Alles abzulegen, was man bisher gelernt hat und sich über das Bekannte hinausbewegen. Auch wenn der Verstand Pläne verlangt.“

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