Eine Kuhherde machte das von Dr. Josef Wennemann (l.) gegründete Krankenhaus in Brasilien wirtschaftlich autark. Pater Manfred Thaller agierte in Sinop als enger Vertrauter des Halterner Mediziners.

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Halterner Dr. Josef Wennemann ist tot: Immer die Not der anderen gesehen

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Der ehemalige Chefarzt des Sixtus-Hospitals und Gründer eines Krankenhauses in Brasilien, Dr. Josef Wennemann, ist tot. Er starb zweieinhalb Jahre nach seiner Frau Christel im Alter von 94.

Haltern

, 17.03.2021, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

„Eine Kuh für Brasilien“ – wer diesen Titel hört, verbindet damit sofort einen Namen: Dr. Josef Wennemann. 1987 reiste der ehemalige Chefarzt und Ärztliche Direktor des Halterner St. Sixtus-Hospitals das erste Mal in das südamerikanische Land, um dort seine größte Lebensabend-Aufgabe zu finden. Er gründete 1991 mitten im Urwald ein Armen-Hospital und finanzierte es mit Hilfe einer Kuhherde. Die große Idee ging in eine Stiftung mit seinem Namen ein.

Für diese und viele weiteren Hilfen in der Welt wurde der Halterner Mediziner 2008 in Düsseldorf mit dem Großen Verdienstkreuz ausgezeichnet. Wie vor ihm beispielsweise Rudolf Augstein, Egon Bahr, Ignatz Bubis, Regine Hildebrandt oder Kardinal Lehmann. Nun hat sich das Leben von Dr. Josef Wennemann vollendet, er starb im Alter von 94 Jahren.

2008 erhielt Dr. Josef Wennemann in Düsseldorf das Große Verdienstkreuz.

2008 erhielt Dr. Josef Wennemann in Düsseldorf das Große Verdienstkreuz. © Archivbild Schrief

Alle, die ihn kannten, werden sich an ihn erinnern, so wie er zur Feierstunde damals in Düsseldorf beschrieben wurde: Zurückhaltend, liebenswürdig, bescheiden, aber eindeutig positioniert, wenn es um die Linderung von Not vor Ort und in der Welt ging. Neben seinem Krankenhaus in Sinop unterstützte er Projekte in Litauen, in der Türkei, im Kosovo und in Afrika.

Jede Reise war eine gesundheitliche Bedrohung

Mehrmals besuchte Dr. Josef Wennemann sein Projekt in Brasilien, zuletzt 2014. In einem Interview mit der Halterner Zeitung sagte er einmal: „Manchmal hat meine Frau aus Sorge nur schweren Herzens den Reisen zugestimmt. Jeder Flug war gefährlich, jede Reise eine gesundheitliche Bedrohung. Ich habe die Risiken sehr wohl gesehen, aber immer verdrängt. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten mit der impulsiven Mentalität der Brasilianer. Aber ich lernte, erst zu hören, zu schauen, nachzudenken, bevor ich mich präzise ausdrückte.“

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Das Krankenhaus versorgt Menschen im Umkreis von 500 Kilometern, die sich ansonsten keine medizinische Versorgung leisten können. Das Elend, das Dr. Josef Wennemann bei seinen ersten Besuchen in Sinop sah, übertraf seine schlimmsten Vorstellungen. Für seinen Einsatz wurde er zum Ehrenbürger der brasilianischen Stadt ernannt.

1991 eröffnete das Antonio-Hospital in Sinop.

1991 eröffnete das Antonio-Hospital in Sinop. © Privat

Josef Wennemann fand über den Umweg des Theologie- und Philosophie-Studiums zur Medizin. „Damals war es schwer, einen Studienplatz zu finden. Alle, die aus dem Krieg kamen, stürmten an die Universitäten“, erzählte er mal. Per Anhalter ist er quer durch Deutschland gefahren, um sich für einen Medizinplatz zu bewerben. Nur, wer sich in einem Bautrupp zum Wiederaufbau der zerstörten Städte verpflichtete, bekam einen Zuschlag.

Josef Wennemann kam 1966 als Chefarzt nach Haltern

Dr. Josef Wennemann wirkte nach dem Abschluss des Medizinstudiums zunächst in einer Kölner Kinderklinik, wechselte dann in die Forschung nach Trier und kam schließlich über Düsseldorf und Hildesheim 1966 als Chefarzt nach Haltern. Mit Ehefrau Christel, die nach dem juristischen Examen auf eine Stelle im Staatsdienst zugunsten der Familie verzichtet hatte, wohnte er zunächst in Holtwick, dann ab 1972 an der Friedrich-Hebbel-Straße. Acht Kinder wuchsen hier auf.

Mit enormer Kraft und Energie hat Dr. Josef Wennemann Gutes bewirkt. Als große Persönlichkeit Halterns bleibt er in Erinnerung.