Ein Jäger aus Marl (69) ist auf dem Parkplatz der Zeche Auguste Viktoria 8 schwer verletzt worden, weil sich ein Schuss aus einem vermutlich defekten Jagdgewehr löste. Zusammen mit seinem Jagdfreund (56) war er am Mittwoch (23. April) mitten am Tag nach Lippramsdorf gefahren. Die beiden wollten eigentlich nur Probeschüsse abgeben. Warum sie dafür einen Platz wählten, wo zurzeit viel Baustellenbetrieb herrscht und wo viele Spaziergänger unterwegs sind, ist unklar.

Kurz nach 15 Uhr löste sich ein Schuss und traf den 69-Jährigen in den Bauchraum. Nach einer Erstversorgung durch Notarzt und Notfallsanitäter wurde der Verletzte mit dem Rettungshubschrauber zum Bergmannsheil nach Bochum geflogen. Sein Zustand ist nach wie vor ernst. Der 56-Jährige erlitt einen schweren Schock. Bislang sind beide Beteiligten nicht vernehmungsfähig.
„Deshalb wissen wir noch nicht, ob sich der Schuss zufällig gelöst hat oder einer der Jäger die Hand zu nah am Abzug hatte. Wir gehen generell aber von einem Unfall aus“, sagt Polizeisprecherin Annette Achenbach. Die Polizei stellte die Jagdwaffe, einen Drilling, sowie eine Patronenhülse sicher. Ein Drilling ist eine Kipplaufwaffe, die drei Gewehrläufe (Schrot und Kugel) in einer Waffe kombiniert. Der Umgang mit einer solchen Waffe erfordert gutes Wissen.
Begehungsschein für das Revier
Die Männer aus Marl haben einen Jagdbegehungsschein für das Revier von Klaus Vahnstiege. Zu diesem Revier gehört ein Teil des nicht umzäunten Zechengeländes. Die Marler haben einen Jagdschein, der 56-Jährige konnte der ermittelnden Polizei auch die Waffenbesitzkarte vorzeigen.
Weil sie einen Begehungsschein haben, mussten sie Klaus Vahnstiege ihr Vorhaben nicht ankündigen. „Was passiert ist, ist furchtbar tragisch“, sagte der Revierinhaber gegenüber unserer Redaktion. Ein wirkliches Verständnis für die Schießübungen fehle ihm, zumal es in dem Revier genügend andere Möglichkeiten für einen Probeschuss gegeben hätte.
Mitarbeiter der Firma, die zurzeit die Zechengebäude abreißen, hatten gegen 15 Uhr Schüsse gehört und sich gewundert. Was unweit von ihnen geschah, war nicht ungefährlich. Die Männer hatten ihren Wagen am Ende der früheren Parkfläche seitlich des Zechentores geparkt, eine Zielscheibe am Erdhügel gegenüber befestigt und dann darauf geschossen.
Hinter diesem Hügel stehen die Container der Deichbaufirma, Lastwagen fahren tagsüber im Minutentakt auf die Baustelle und wieder hinaus, parallel laufen die Abbrucharbeiten auf dem Zechengelände. Eine Mutter ging zu dem Zeitpunkt mit ihren Kindern dort spazieren, auch Hundehalter drehten ihre Runde. Die ganze Situation war brisant.
Kostenlose Schießtermine
Jägern ist es erlaubt, in ihrem Jagdrevier wenige Probeausschüsse abzugeben. Eine Schießübung aber ist verboten. Der Hegering Haltern bietet deshalb seinen Mitgliedern regelmäßig kostenlos Schießtermine auf Schießständen oder im Schießkino Coesfeld an, sagt Hegerings-Vorsitzender Reinhold Bergjürgen. „Und wenn eine Waffe nicht richtig funktioniert, gehört sie in die Hände eines Büchsenmachers.“
Grundsätzlich darf in einem befriedeten Gebiet überhaupt nicht geschossen werden. Ob der Parkplatz in diese Kategorie passt, ist unklar. Zurzeit steht er nicht unter Bergaufsicht, wie die RAG mitteilt, er wird aktuell vom Lippeverband für die Lagerung von Sand für den neuen Deich genutzt.
Bei Jägern stößt das Verhalten der Marler Jagdfreunde trotz allen Mitgefühls auf Unverständnis.