Ein Sohn Lippramsdorfs Der Künstler Clemens Wolter wurde vor 150 Jahren geboren

Von Werner Koppe
Clemens Wolter: ein Lippramsdorfer Künstler feiert seinen 150. Geburtstag
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Als er am 12. März 1875 in Lippramsdorf das Licht der Welt erblickte, war nicht zu erahnen, dass er einmal eine markante Rolle in der regionalen Kunstszene spielen würde. Doch Anton Clemens Joseph Wolter, der Sohn des Landarbeiters und Bahnwärters Johann Heinrich Wolter und dessen Frau Josephine, entwickelte offenbar bereits in der Schule erste Maltalente. Dies dazu führte, dass ihn sein Vater nach Beendigung der Schulzeit eine Malerlehre in Recklinghausen absolvieren ließ.

Der weitere Lebensweg von Clemens Wolter, vor allem sein künstlerischer Werdegang, war bis vor kurzer Zeit nicht eindeutig nachvollziehbar. Demnach soll er in München zeitweilig die Kunstakademie besucht haben. In den infrage kommenden Matrikelbüchern ist er aber nicht nachweisbar, sodass angenommen werden konnte, er habe bei renommierten Malern oder in der benachbarten Künstlerkolonie Dachau hospitiert.

Blick vom Mühlentor zur Sixtuskirche in Haltern (Ölbild im Privatbesitz).
Blick vom Mühlentor zur Sixtuskirche (Ölbild im Privatbesitz). © Werner Koppe

Kunstakademie in Düsseldorf

Inzwischen ist jedoch belegt, dass er während drei Semestern in den Jahren 1892 bis 1895 die Kunstakademie in Düsseldorf besuchte und Schüler der Klasse für Ornamentik bei Professor Schill war. Hierzu finden sich auch einschlägige Einträge in den Hochschulunterlagen. Einen Abschluss erlangte er aber offenbar nicht. Dennoch ist seinem umfangreichen Werk die akademische Ausbildung anzumerken.

Das ländliche Lippramsdorf und seine einfache Herkunft prägten Wolter. Die Familie des Vaters war über Generationen in dem kleinen katholischen Dorf verwurzelt und der Bewegungsradius des Einzelnen war kurz bemessen. Der Weg nach Haltern oder Dorsten war zu weit, um den Wohnort häufiger zu verlassen. Geheiratet wurde daher meist innerhalb der Dorfgemeinschaft. Sein Vater Johann Henrich Wolter (29. Mai 1842) handelte daher atypisch, als er Josephine Gelbfuß (29. Juli 1847), eine junge Hebamme aus der Nachbarstadt Dorsten, zur Ehefrau nahm.

Kötter und Bahnwärter

Dem Vater gehörte ein kleiner Kotten südlich der Lambertuskirche und westlich der Burg Ostendorf gelegen, der aber offenbar nur ein geringes Auskommen ermöglichte, sodass er sich auf den großen Höfen der Umgebung als Landarbeiter verdingte. Als die „Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft“ 1874 die Strecke Hamburg-Venlo eröffnete, die direkt an seinem Haus vorbeiführte, nahm er die Arbeit als Bahnwärter an, denn seine Familie nahm in dieser Zeit schnell an Kopfzahl zu.

Johann Wolter war für Bahnwärterhaus und den benachbarten Bahnübergang zuständig. Natur, Landleben und Technik bestimmten daher die Kindheit Clemens Wolters und seiner Geschwister.

Sechs Knaben und drei Mädchen

Insgesamt schenkte Josephine Wolter sechs Knaben und drei Mädchen das Leben. Drei von ihnen erreichten das sechste Lebensjahr nicht. In Folge der letzten Geburt starb die Mutter am 13. Oktober 1891. Sie gebar innerhalb von 22 Jahren neun Kinder, also in einem Geburten-Rhythmus von zwei bis drei Jahren, das letzte Kind im Alter von 44 Jahren.

Vermutlich war ihr früher Tod durch die vielen Geburten mit beeinflusst, die sie gesundheitlich und kräftemäßig stark beansprucht haben müssen. Hinzu kam sicherlich ein karges Leben mit wirtschaftlichen Sorgen, harter bäuerlicher Arbeit und den täglichen Anforderungen aufgrund der hohen Kinderzahl.

Auf dem Weg vom Wolterschen Kotten ins Dorf hatte Clemens diesen Blick (Gemälde im Privatbesitz).
Auf dem Weg vom Wolterschen Kotten ins Dorf hatte Clemens diesen Blick (Gemälde im Privatbesitz). © Werner Koppe

Da bei der Familie Wolter kein großes Hofgut zu vererben war, werden alle überlebenden Wolter Kinder nach ihrer Schulzeit vermutlich einen Beruf ergriffen haben. Clemens Wolter zeichnete und malte bereits als Schulkind gerne. Es liegt daher nahe, dass er einen Beruf ergriff, der einerseits mit seinen künstlerischen Neigungen vereinbar war, aber auch für das spätere Auskommen sorgen würde.

Immerhin war Vater Wolter bei der Auswahl des Lehrherrn so umsichtig, dass er seinen Sohn in die Lehre zu Meister Felix Schröder nach Recklinghausen schickte, der Dekorations- und Kunstmaler, Kunsthandwerker und Restaurator war. Ein Nebeneffekt: Indem der Wolter Spross nun nicht mehr im heimischen Lippramsdorf wohnte, saß ein Esser weniger am Familientisch. Als Lehrling lebte er im Haus seines Meisters, wie es zu dieser Zeit noch gang und gäbe war.

Ausstatter und Kulissenmaler

Nach Ausbildung und Besuch der Düsseldorfer Akademie schuf er ein Werk, das seinen Ruf als „Heimatmaler“ begründete. Darüber hinaus betätigte er sich bei der Plattdeutschen Bühne Recklinghausen als Ausstatter und Kulissenmaler oder gestaltete Dekorationen von Gaststätten.

In den 1920er- und 1930er-Jahren wandte er sich verstärkt seiner Heimat Lippramsdorf und Haltern zu. So entstanden Bilder des Dorfkerns mit der Lambertuskirche zu verschiedenen Jahreszeiten oder der Windmühle. In der kindlichen Entwicklung Wolters spielte die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Elternhaus in der Lippeaue liegende Burg Ostendorf sicherlich eine bedeutende Rolle.

Die Burg Ostendorf bei Haltern als Ölgemälde
Ort der Kindheit: die Burg Ostendorf (Ölbild im Privatbesitz). © Werner Koppe

Viele Höfe in Lippramsdorf waren von dem zur Herrschaft Lembeck gehörende Gut abhängig beziehungsweise entrichtete die Pachtabgaben dorthin. Wolter stellt Herrenhaus (1932 abgebrannt) und Vorburg von Ostendorf in einem farbkräftigen Ölbild dar. Wie bei vielen seiner Bilder steht die künstlerische Freiheit der historischen und topografischen Wirklichkeit entgegen. In weiteren Ölbildern stellt er Flaesheim und die Heideflächen der Haard dar.

Das benachbarte Haltern taucht im Verzeichnis der bislang bekannten Werke des vestischen Malers kaum auf. Bekannt sind lediglich zwei Arbeiten, die Stadtszenen aus Richtung des Mühlentors zeigen mit der 1877 errichteten St. Sixtus-Kirche im Hintergrund.

Clemens Wolter hat sich aber – wenn auch nur in zwei bekannten Fällen – als Dekorationskünstler in Haltern und Flaesheim verewigt. So wird ihm die Gestaltung einer Segensstation bei der Halterner Kreuztracht zugeschrieben und die Ausgestaltung des inzwischen abgebrochenen Flaesheimer Jägerhofs.

Die einzige Ausstellung eines Querschnitts seines umfangreichen Werkes wurde Clemens Wolter erst nach seinem Tod (1955) im Jahr 2021/22 im Institut für Stadtgeschichte in Recklinghausen zuteil, zu der auch ein umfangreicher Katalog erschienen ist.

In zahlreichen Bildern wie diesem verewigte Clemens Wolter die Heidelandschaften rund um Haltern (Ölbild im Privatbesitz).
In zahlreichen Bildern wie diesem verewigte Clemens Wolter die Heidelandschaften rund um Haltern (Ölbild im Privatbesitz). © Werner Koppe