Halterns Bürgermeisterkandidatin Vanessa Giese „Ich sehe eine gewisse Behäbigkeit“

Vanessa Giese sieht „eine gewisse Behäbigkeit“ im Rathaus
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So wie es einst Gerhard Schröder mit dem Kanzleramt gemacht hat, wird sie es am Rathaus in Haltern nicht tun: am Tor rütteln und rufen: „Hier will ich rein.“ Aber Vanessa Giese lässt keinen Zweifel daran, dass sie Nachfolgerin von Bürgermeister Andreas Stegemann (CDU) werden will.

Treffpunkt an diesem kalten Tag ist ein Café in der Halterner City. Das Neue Rathaus ist gerade einmal 350 Meter entfernt. Und doch ist der Weg für Giese noch weit. Das weiß auch die Unternehmensberaterin, die auf ihrer Homepage wirbt: „Ich bin aufrichtig und schonungslos - und gleichzeitig warm und zugetan.“

Seit ihrer Vorstellung als parteilose Bürgermeisterkandidatin von SPD und Grünen im Oktober 2024 ist es irgendwie still um sie geworden. Warum? „Weil ich erst einmal zuhören möchte“, sagt Giese. „Ich bin viel unterwegs, will die Stadtgesellschaft kennenlernen.“ Sie besucht Frauengruppen, Ausschüsse und Verbände. „Man wird noch von mir hören“, verspricht die promovierte Projektmanagerin: „Im Sommer, vielleicht ab Mai schon, werde ich deutlich präsenter in der Öffentlichkeit sein. Dann geht auch der Wahlkampf richtig los.“

Wie will sie dem amtierenden Bürgermeister Andreas Stegemann das Amt streitig machen? „Ich habe viele konkrete Vorstellungen. Aber ich muss erst sehen: Was geht hier überhaupt?“ Sie könne viel versprechen, aber sie wolle die Dinge angehen, die sich auch umsetzen ließen.

Bürgermeisterkandidatin Vanessa Giese im Café Extrablatt in Haltern am See.
Sie erklärt gerne: Bürgermeisterkandidatin Dr. Vanessa Giese in einem Halterner Café. © Christof Perrevoort

„Ich sehe eine gewisse Behäbigkeit, mit der diese Stadt geführt wird“, sagt Giese. Es fehle das aktive Angehen von Ideen oder Projekten. Man könne zum Beispiel ein „Jahr des Radverkehrs“ ausrufen - als Schwerpunkt. Und sich speziell um die Bedürfnisse von Radfahrern kümmern.

Sie nennt ein Beispiel: „Ich fahre regelmäßig den Radweg an der Hullerner Straße entlang. Im Herbst ist er durch das Laub teilweise höllisch rutschig.“ Das ließe sich doch durch einen schnellen Eingriff ändern. Es seien oft die kleinen Dinge, die große Wirkung zeigten.

„Ich will keine Politik aus dem Elfenbeinturm machen, sondern die Bürgerinnen und Bürger aktiv einbinden“, sagt sie: „Ich will erklären und informieren - das sind meine Stärken.“ Sie sagt: „Ich habe Thesen, aber ich muss prüfen, ob sie auch den Menschen am Herzen liegen.“

„Es fehlt an Visionen“

„Man kann auch auf kommunaler Ebene etliche Dinge mit mehr Energie vorantreiben“, so Giese. Ihr fehle es an Visionen und Perspektiven in der Stadt. Giese: „Ja, einiges läuft gut in der Stadt. Aber es läuft eben nur.“

Sie erläutert, welche Themen sie besonders bewegen: „Wir müssen die demografische Entwicklung der Stadt im Auge haben.“ Haltern werde immer älter, man benötige mehr Wohnraum für Senioren: „Und wir dürfen die Jugend nicht vergessen. Junge Menschen müssen gut ausgebildet sein. Wir brauchen da einfach mehr Drive.“

Ein Team (von links): Stefanie Gärtner (Bündnis 90/Die Grünen), Daniel Wohlsdorf (SPD) und Bürgermeisterkandidatin Vanessa Giese (M, parteilos).
Ein Team (von links): Stefanie Gärtner (Bündnis 90/Die Grünen), Daniel Wohlsdorf (SPD) und Bürgermeisterkandidatin Vanessa Giese (M, parteilos). © Christof Perrevoort

Giese will ihre Aktivitäten in den sozialen Netzwerken noch weiter ausbauen. Auf Instagram und bei Facebook hat sie hunderte Freunde und Follower, derzeit arbeitet sie an ihrem Tiktok-Kanal. Warum lässt sie sich dabei nicht von einem Social-Media-Team helfen? „Das funktioniert nicht“, weiß Medienprofi Giese. „Sowas muss man selbst machen, sonst ist es nicht glaubwürdig.“

Eilig trinkt Vanessa Giese ihre Cola Zero aus. Der nächste Termin ruft. Am Abend will sie noch in eine Ausschusssitzung. Sie nutzt gerade die Zeit, um „die lokalpolitischen Prozesse zu verfolgen und zu hinterfragen“.

In ein paar Wochen wird sie dann weiter aus der „Deckung“ kommen. „Dann werde ich auch meine beruflichen Aktivitäten als Beraterin deutlich zurückfahren“, so Giese. Um bald dem Rathaus deutlich näherzukommen.