Graffiti-Schmierereien Die ersten Städte haben es satt, das weiter ertragen zu müssen

Graffiti: Die ersten Städte haben es satt, das weiter ertragen zu müssen
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Ludger Böhne findet deutliche Worte: „Wir haben diesen Umgang mit Allgemeingut satt und wollen das nicht mehr akzeptieren“, sagt der Sprecher der Stadt Dorsten über illegale Graffiti-Sprayer, gegen die die Stadtverwaltung so nachdrücklich vorgeht wie keine andere Kommune im Kreis Recklinghausen. Jüngstes Beispiel sind 5000 Euro Belohnung, die die Stadt ausgesetzt hat für Hinweise, die zur Ergreifung und Verurteilung der Täter führen, die eine erst vor kurzem sanierte ehemalige Zechenbahnbrücke über der Lippe im Stadtteil Hervest massiv mit zahlreichen Graffiti beschmiert haben.

In anderen Städten im Vest ist der Leidensdruck offensichtlich nicht so groß, wie eine Umfrage der Redaktion ergab. Jedenfalls wird in keinem Rathaus erwogen, ebenfalls ein Belohnungssystem einzuführen - mit einer Ausnahme: In Haltern am See teilt Pressesprecher Thomas Gerlach mit, dass seine Stadtverwaltung derzeit an einem ähnlichen Verfahren arbeitet wie die Nachbarstadt Dorsten. „Täter zu überführen ist erfahrungsgemäß schwierig“, erklärt Gerlach. „Vielleicht steigen die Chancen durch die Auslobung einer Belohnung.“

Die kleine Stadt Haltern, die wie Dorsten Graffiti als echtes Problem bezeichnet, beziffert ihre Schäden für das Jahr 2021 auf 15.000 Euro. Zum Vergleich: Die Kreisstadt Recklinghausen veranschlagt die Kosten für das Entfernen von Schmierereien lediglich auf 5000 Euro jährlich.

Der entscheidende Tipp fehlt noch

So sieht das Dorstener Verfahren konkret aus: Die Stadt setzt grundsätzlich und dauerhaft 1000 Euro Belohnung aus für Hinweise, die zur Ergreifung von Tätern führen, die städtische Gebäude beschädigen, sei es durch Vandalismus, Graffiti oder Ähnliches. Für Hinweise hat das Rathaus extra eine eigene E-Mail-Adresse eingerichtet (graffiti@dorsten.de). „Die eine oder andere E-Mail ist schon eingegangen“, berichtet Ludger Böhne. Der entscheidende Tipp, der den Brücken-Sprayer von Hervest entlarven könnte, war noch nicht darunter. Zudem überlegt die Stadt Dorsten derzeit, Schilder mit einem Hinweis auf die Belohnung an allen öffentlichen Gebäuden anzubringen.

Auch Haltern möchte eine Belohnung von 1000 Euro ins kommunale Schaufenster stellen. Die beiden Städte sind sich einig: Das wird sich allein deshalb rechnen, weil bei einem Ermittlungserfolg Reparatur- und Reinigungskosten konsequent geltend gemacht werden können.

Manchmal klingt Resignation durch

Aus Recklinghausen, Marl, Oer-Erkenschwick und Gladbeck verlautet, dass sich die Problematik und Beschwerdelage über Graffiti in Grenzen halten. Über ein Belohnungssystem wird in diesen und weiteren kreisangehörigen Städten nicht nachgedacht. Strafanzeigen werden in der Regel trotzdem erstattet, falls es zu Schmierereien kommt. Doch manchmal klingt schon fast Resignation durch. Trotz Strafanzeige gegen Unbekannt habe ein Täter oder eine Täterin nie ermittelt werden können. „Die Verfahren wurden eingestellt“, stellt Marls Stadtsprecher Randolf Leyk bedauernd fest.

Die ehemalige Zechenbahnbrücke über der Lippe hat als Verbindung zwischen zwei Stadtteilen einen besonderen Stellenwert für die Menschen in Dorsten.
Die ehemalige Zechenbahnbrücke über der Lippe hat als Verbindung zwischen zwei Stadtteilen einen besonderen Stellenwert für die Menschen in Dorsten. © Michael Wallkötter

Weil es ein Kampf gegen Windmühlenflügel ist, bleibt auch so manche Spray-Aktion unerfreulicherweise für die Nachwelt erhalten. In Castrop-Rauxel oder Gladbeck zum Beispiel werden Graffitis in der Regel nur beseitigt, wenn sie verfassungswidrig, sexistisch oder in anderer Weise anstößig sind, teilen die Verwaltungen mit.

Schüler müssen Schmierereien selbst entfernen

In Recklinghausen seien in der Vergangenheit sehr viele Täter im Bereich der Schulen gefasst worden - „weil sie oft ihre Handschrift hinterlassen und dadurch erkannt worden sind“, berichtet Stadtsprecher Daniel Maiß. Pädagogische Konsequenz: Die Schüler mussten teilweise ihre Schmierereien selbst entfernen. Die Kosten des Materials durften die Eltern tragen. In der Regel aber ist es so, dass die Städte Fachfirmen mit diesen Arbeiten beauftragen. Oer-Erkenschwick hat sogar eine Versicherung abgeschlossen, die für Vandalismus-Schäden an öffentlichen Gebäuden aufkommt.

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