Sylvia Löhrmann zu Germanwings-Absturz „Eine menschliche Herausforderung“

Sylvia Löhrmann zum 24. März 2015: „Eine menschliche Herausforderung“
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Sylvia Löhrmann, 2015 NRW-Schulministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin, saß in einer Kabinettssitzung, als die Nachricht vom Absturz der Germanwings-Maschine Düsseldorf erreichte. „Ich weiß es noch, wie heute“, sagt sie. Die Nachricht habe sofort alles überlagert.

Hannelore Kraft, Sylvia Löhrmann, Bodo Klimpel und Ulrich Wessel im Gespräch vor der Trauerfeier in der Sixtus-Kirche in Haltern
An dem ersten Schultag nach den Osterferien gedachte das Joseph-König-Gymnasium zusammen mit der Stadt der verstorbenen Schülerinnen, Schüler und Lehrerinnen des Flugzeugunglücks in einem Gottesdienst um 12 Uhr in der Sixtus-Kirche. Auch NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nahmen teil. © Daniel Winkelkotte

„Wir hatten dann bald die traurige Gewissheit, dass es keine Überlebenden gab. Die Passagierliste zeigte die große Betroffenheit nordrhein-westfälischer Bürger und Bürgerinnen und besonders des Joseph-König-Gymnasiums mit 18 Opfern.“ Das sei ein Schock gewesen, ein Entsetzen, das man dann nicht wahrhaben wolle und doch müsse – erst recht natürlich als verantwortliche Amtsträgerin. „Es waren die emotional herausforderndsten und schwersten Situationen meiner Amtszeit“, gesteht Sylvia Löhrmann, seit 2024 Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen.

In einem Telefonat mit Ulrich Wessel drückte die Politikerin damals ihre Anteilnahme aus und sagte der Schule jedwede Unterstützung in dieser schweren Situation zu: „In tiefer Trauer gilt unser ganzes Mitgefühl den Angehörigen und Freunden der Opfer. Unsere Gedanken sind bei Ihnen und der Schulgemeinde.“ Einen Tag später kam sie persönlich nach Haltern, um Lehrern und Schülern beizustehen und danach noch mehrmals, um ihre Anteilnahme zu zeigen. Über all die folgenden Jahre hielt sie auch privat Kontakt zu Schulleiter Ulrich Wessel,

Aufrichtige Anteilnahme

„Mir war sofort klar und persönlich wichtig, dass ich unmittelbar Kontakt mit der Schule aufnehmen und sie – in Absprache mit Herrn Wessel – am nächsten Tag besuchen würde.“ Sie war selbst früher Lehrerin und Mitglied der erweiterten Schulleitung. Diese Berufserfahrung habe sie offensichtlich unbewusst geleitet bei der Erkenntnis, was in dem Moment für die Betroffenen an der Schule das Wichtigste und Angemessene wäre.

Dankbar war die Ministerin für die Unterstützung der Notfallseelsorge wie auch der beteiligten Institutionen bis hin zum Bundespräsidenten und der Kanzlerin. „Es gab weltweite aufrichtige Anteilnahme, die ich der trauernden Schulgemeinde übermittelt habe.“

Sylvia Löhrmann begleitet Angela Merkel zur Gedenkstätte in Haltern, in der Hand halten sie weiße Kalla.
Angela Merkel und Sylvia Löhrmann legten gemeinsam je eine weiße Kalla an der Gedenkstätte des Gymnasiums nieder. © Holger Steffe

Sylvia Löhrmann war es ein Herzensanliegen, bei möglichst vielen Trauer- und Gedenkanlässen, an denen die Schule beteiligt war, dabei zu sein. „Einfach, um deutlich zu machen: ‚Wir sind an Eurer Seite, wir teilen Eure Trauer und Euer Leid.‘ Das hat vielleicht ein bisschen helfen können.“

Zu Schulleiter Ulrich Wessel entwickelte sich ein sehr vertrauensvolles Verhältnis. Das begründet Sylvia Löhrmann so: „Man muss sich ja vergegenwärtigen, was eine solche Tragödie für eine Schule und den Schulleiter bedeutet. Herr Wessel hat das sofort verinnerlicht und ist über sich hinausgewachsen. Er war immer für die gesamte Schulgemeinde da, besonders natürlich für die Eltern und Familienangehörigen der Opfer und ist es bis heute.“

Das sei die menschliche Herausforderung gewesen. Daneben habe er ja all das Organisatorische bewältigen müssen. „Auch das hat er mit einer unglaublichen Professionalität geleistet. Das kann gar nicht hoch genug gewertet werden und hat zu einer tiefen Verbundenheit geführt.“

Die dunkelsten Stunden

Die unbegreifliche Tat eines Einzelnen habe eine unvorstellbare Trauer ausgelöst und Familien, Freunden und der Schulgemeinde ein unvorstellbares Leid zugefügt, hatte Sylvia Löhrmann zum ersten Jahrestag gesagt. In den dunkelsten Stunden hätten alle Wege gefunden haben, würdevoll zu trauern und sich gemeinsam Halt zu geben. „Ihre Haltung ist uns allen ein Vorbild. Uns bleibt nur, ihren Schmerz zu teilen.“ Sylvia Löhrmann spricht bis heute von einer „schrecklichen Katastrophe“.

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