Gerichtsposse um Ex-Silbersee-Pächter geht weiter Streit um 480 Cocktailgläser und 50.000 Euro

Gerichtsposse um Ex-Silbersee-Pächter am Landgericht geht weiter
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Es ist ruhig geworden um den Mann, der seit fast einem Jahr einen komplexen Wirtschaftskrimi am Silbersee II in Haltern aufdecken will. Zum letzten Gerichtsprozess ist er nicht erschienen, auf Instagram teilt er mittlerweile seinen Nachmittagstee in Paris oder Antwerpen. Doch wirklich ruhig ist es bei Boris Riek nie.

Das beweist er erneut am Donnerstagvormittag (8.2.). Am Landgericht Essen geht der Rechtsstreit der Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft (Geschäftsführer ist Boris Riek) gegen die MA Freund Industrieanlagen GmbH (Geschäftsführer ist Markus Freund) weiter.

Boris Riek sitzt auf der Klägerseite. Auf der anderen Seite sitzt Markus Freund. Ein Mann, der ruhig ist und nicht die Öffentlichkeit sucht. Nach Prozessende verlässt er an der Seite seines Anwalts zügig das Landgericht Essen. „Der will wohl nicht“, sagt Boris Riek süffisant und positioniert sich, um sein Statement abzugeben. Riek will, er will immer. Es ist Teil seiner Strategie: laut sein.

Klage gegen Ex-Geschäftsführer

Zum Hintergrund: Ehemals war Markus Freund noch Geschäftsführer eines anderen Unternehmens: der Lange GmbH & Co. KG. Das war vom 24.10.2014 bis zum 07.03.2022. Die Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft ist eine Tochtergesellschaft der Lange GmbH & Co. KG. Neuer Geschäftsführer der Holdinggesellschaft ist auch hier Boris Riek.

Im März 2022 hat Boris Riek also die Geschäftsführung der Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft (ehemals Johann Lisser) und der Lange GmbH (ehemals Markus Freund) übernommen.

Menschen baden am Silbersee II in Haltern
Für den Badebetrieb am Silbersee II war vorher ein Generalpächter zuständig. Seit der Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft gekündigt wurde, liegt die Aufgabe wieder bei der Betreibergesellschaft. © Archiv

Die Strukturen am Silbersee II sind komplex. Die Betreibergesellschaft Silbersee II, zu der der RVR, die Stadt Haltern am See, der Kreis Recklinghausen und der Herzog von Croy gehören, haben vor einigen Jahren einen Generalpächter gesucht. Dieser Pächter sollte sich um den Badebetrieb, Parkplätze, Toiletten und die Gastronomie kümmern. Die Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft hat diesen Posten übernommen.

Bis Ende 2022. Da wurde der Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft aufgrund von Zahlungsrückständen der Generalpachtvertrag gekündigt.

Keine gütliche Einigung

Zurück zum Gerichtsverfahren am Landgericht, bei dem es nach der einstündigen Verhandlung kein Urteil geben wird. Es liegen zwei Streitgegenstände auf dem Tisch: die Räumung und Herausgabe der Fläche am Silbersee II und die Zahlung von 50.000 Euro. Letzteres sind die Pachtrückzahlungen aus den Jahren 2020, 2021 und 2022.

An einer gütlichen Einigung besteht kein Interesse. Freunds Anwalt fordert, die Klage abzuweisen.

Das Landgericht in Essen
Der Prozess hat am Landgericht in Essen stattgefunden. © Anne Schiebener (A)

Der erste Teil der Klage, die Herausgabe und Räumung der Fläche am Silbersee II, ist schnell vom Tisch. „Der Antrag ist tot“, sagt die Richterin kurz nach Eröffnung der Verhandlung. Der Grund: Zum 31. Dezember 2022 wurde der Pachtvertrag zwischen Betreibergesellschaft und der Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft außerordentlich gekündigt.

Über diese Kündigung wurde zuletzt am Landgericht Essen verhandelt. Boris Riek ist zu dem Termin nicht erschienen, deswegen wurde ein Versäumnisurteil gesprochen, das lautet: Die Kündigung war rechtens, da nicht gezahlt wurde.

„Das ist hanebüchen“

Doch Boris Riek will sich nicht damit zufriedengeben, dass der Antrag vom Tisch ist. „Ich will mein Inventar“, sagt er. Freunds Anwalt: „Dann müssen Sie das auch so beantragen.“ Kopfschüttelnd fügt er hinzu: „Das ist hanebüchen.“

Immer wieder fällt Riek der Richterin, der Gegenseite oder seinem eigenen Anwalt ins Wort. Andauernd wird sich in Kleinigkeiten verstrickt.

Ein Beispiel: Auf dem Gelände am Silbersee II in Haltern stehen mehrere Container. Da ist unter anderem ein Kiosk eingerichtet. Vier Container inklusive Inventar gehören der MA Freund. Riek: „Aber wer hat die Hydraulikklappen an dem Container gezahlt?“ Freund: „Die Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft.“ Riek: „Und wer hat das Sonnensegel gezahlt?“ Freund: „Auch die Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft.“

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Die Richterin unterbricht: „Wir möchten hier keine Bühne für ihre persönlichen Auseinandersetzungen bieten. Das Inventar spielt keine Rolle.“ Doch Boris Riek besteht darauf. Wenn er die Herausgabe der Fläche einklagt, dann zählt er auch das Inventar dazu. „Die Hydraulikklappen und das Sonnensegel gehören uns“, sagt er.

Später zählt er auf, dass auch 480 Cocktailgläser ihm gehören („Geben Sie sie raus!“). Auch das generelle Eigentumsverhältnis der Container sei „zweifelhaft“, meint er. „Das ist ein erneuter Prozessbetrug, den wir zur Anzeige gebracht haben“, sagt Riek der Richterin.

Sitzung ohne Urteil beendet

45 Minuten nach Prozessbeginn sagt Freunds Anwalt: „Wir drehen uns im Kreis.“ Die Richterin erklärt die Sitzung schließlich für beendet. „Wir werden beraten“, sagt sie. Markus Freund und sein Anwalt verlassen den Verhandlungsraum zügig.

Boris Riek steht noch Rede und Antwort, dabei sei sein Standpunkt „längst bekannt“ und der Prozess lief „wie erwartet“. Aktuell laufen 23 Prozesse parallel, an denen er beteiligt ist. Vier seiner Tochtergesellschaften sind in Insolvenzerfahren. Darunter ist auch die Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft.

Er erklärt, warum es so still um ihn geworden ist und warum er beim letzten Prozesstag vor dem Landgericht in Essen nicht erschienen ist: „Die Kreditlinie und die Geduld der Anwälte war zu Ende. Wir konnten es nicht finanzieren. Aber jetzt stellen wir uns neu auf. Unser Ziel ist es, die insolventen Gesellschaften zu sanieren.“ Und natürlich wollte er weiter den komplexen Wirtschaftskrimi rund um den Silbersee II aufklären.

Zum Schluss spricht er in Bildern: „Meine Aufgabe ist es, das Schiff zu retten“, sagt er metaphorisch und meint damit das Familienunternehmen Lange - die Holding, die über allen Tochtergesellschaften steht. „Wir konnten das Schiff retten und drehen jetzt. Aber das Schiff hat Löcher. Die müssen wir reparieren.“

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