Mostafa Khouriani drohen in seiner Heimat Iran Gefängnis, Folter und vielleicht sogar die Hinrichtung. Der Vorwurf: Spionage. Er kann nicht mehr zurück in den Iran, obwohl sein 14-jähriger Sohn noch dort lebt. Denn er hat etwas gesehen, das er nicht hätte sehen sollen.
Der 37-Jährige war in seiner Heimat als Bauingenieur tätig. Sein Einsatzgebiet war ein Bezirk der Millionenmetropole und Hauptstadt Teheran. Dort war er zuständig für Baukontrolle und Bauabnahmen.
Eines Tages erhielt er den Auftrag, Material und Mitarbeiter zu einer abgelegenen Baustelle zu fahren, um die Baustelle selbst solle er sich aber nicht kümmern. „Da bei einer Tour die Tür offen stand, wagte er aber doch einen Blick hinein. Was er dort sah, entsetzte ihn zutiefst“, sagt Petra Herrmann, bei der Mostafa Khouriani zurzeit in ihrem Forsthaus in Sythen Unterschlupf gefunden hat.
Blut auf dem Boden
„Überall auf dem Boden war Blut, offenbar handelte es sich um ein Jugendgefängnis, in dem gefoltert wurde“, so Petra Herrmann. Mostafa Khouriani informierte die dortigen Ortsvorsteher, dass es sich keineswegs bei dem Gebäude um eine touristische Einrichtung handelte, wie ihnen vermittelt worden war.
Anschließend trat er im Dezember 2022 eine Auslandsreise nach Europa an. „Ich habe mich immer für Architektur interessiert“, sagt Mostafa Khouriani. Da er nur Farsi spricht, muss das Gespräch über eine Übersetzter-App geführt werden. „Ich wollte den Kölner Dom sehen, den Eifelturm. Schon vorher hatte ich Auslandsreisen nach Indien oder in die Türkei unternommen.“
Er erhielt ein Touristenvisum. Eine Woche bevor Mostafa Khouriani zurück in seine Heimat fliegen wollte, erhielt er einen Anruf: „Komm nicht zurück, du wirst hier per Haftbefehl gesucht. Im Iran erwartet dich Gefängnis und Folter, vielleicht sogar die Hinrichtung.“

Mostafa Khouriani war unvermittelt in Deutschland gestrandet. „Da ich vorhatte zurückzufliegen, konnte ich mich nicht einmal von meinen Eltern und von meinem Sohn verabschieden“, sagt er. Khouriani ist alleinerziehender Vater eines 14-jährigen Jungen.
Da er nicht zurückkonnte, stellte er im Februar 2023 einen Asylantrag in Deutschland. Zunächst landete er in einer Asylbewerber-Unterkunft in Mönchengladbach, später wurde er nach Haltern in die Seestadthalle verlegt.
Kennengelernt wegen Hund Teddy
Dass er hier Petra Herrmann traf, verdankt er seinem kleinen Hund „Teddy“. Den hatte Mostafa Khouriani wegen seiner Reise bei Bekannten in Teheran gelassen. „Dort konnte er aber nicht länger bleiben, weil in Teheran Hunde nicht zum Gassigehen nach draußen dürfen“, sagt Mostafa Khouriani. Also ließ er ihn nach Köln fliegen, wo der Hund bei einem Freund bleiben sollte.
„Aber leider hat er ihn schlecht behandelt, manche Menschen haben keinen Respekt vor der Schöpfung“, sagt der 37-Jährige. Er holte den Hund nach Haltern. „Damit durfte er aber nicht mehr in die Seestadthalle“, sagt Petra Herrmann. „Vier Nächte hat er deshalb mit „Teddy“ im Seeuferpark übernachtet. Dann trafen mein Mann und ich ihn vor der Unterkunft. Er war völlig verzweifelt.“
Da meldete sich Petra Herrmanns großes Herz: „Der Plan war, den Hund bei uns aufzunehmen, damit er ihn besuchen kann. Aber dann sollte Mostafa nach Castrop-Rauxel verlegt werden.“ Und so boten sie und ihr Mann ihm Unterschlupf im Wohnwagen auf dem Hof an, heute wohnt er dort im Gästezimmer.
„Das funktioniert hervorragend“, sagt Petra Herrmann. Dann muss sie schmunzeln: „Es gibt keine Probleme, außer dass ich schon vier Kilo zugenommen habe, weil Mostafa so gut kocht.“
„Er hatte keine Chance“
Sein Asylantrag wurde inzwischen abgelehnt. Petra Herrmann war beim Termin auf dem Ausländeramt dabei und ist entsetzt, wie Mostafa dort behandelt wurde. „Schon bei der ersten Frage war mir im Prinzip klar, dass er dort keine Chance hatte“, sagt sie. „Man hat ihm nicht geglaubt. Aber warum sollte jemand, der im Iran ein gutes Leben hatte, seinen Sohn einfach zurücklassen, den er vielleicht nie mehr im Leben wiedersehen wird?“
Der Iraner hat Klage gegen den Bescheid eingereicht. „Auf die Entscheidung muss er jetzt ein bis zwei Jahre warten“, sagt Petra Herrmann. Anfang Januar beginnt er mit einem Sprach- und Integrationskurs.

Mostafa Khouriani würde gern arbeiten. Er könnte sich vorstellen, zunächst eine Ausbildung zur Pflegeassistenzkraft zu machen. „Ich finde es wichtig, Menschen mit Behinderungen oder kranken Menschen zu helfen“, sagt er.
Eine Maßnahme, die aus Ausbildung und Integrationskurs besteht, darf er aber nicht antreten, weil seine Aufenthaltsgenehmigung nicht lang genug läuft. „Sie würde verlängert, wenn er die Teilnahme an der Maßnahme nachweisen könnte, aber da kommt er ja nicht rein“, sagt Petra Herrmann. „Da kann man sich manchmal nur an den Kopf fassen.“
Bekannter Sänger im Iran
Es gibt noch eine andere Seite von Mostafa Khouriani: Im Iran war er ein bekannter Sänger, seine Songs hatten viele Fans und wurden sogar als Filmmusiken verwendet. Und er ist ein Fußballfan: Er hat es geschafft, Petra Herrmann zum ersten Mal in ihrem Leben zu einem Besuch bei einem Bundesligaspiel zu überreden.
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Mostafa Khouriani kickt inzwischen als Gast beim TuS Sythen mit, trat als Sänger unter anderem beim interkulturellen Fest in Haltern auf und referierte in der Klasse 10d des Gymnasiums zusammen mit Schülerin Tialda Rieger, die er auf dem Hof in Sythen kennengelernt hat, über den Iran.
Er will weiter auf die problematische gesellschaftliche Lage und die Unterdrückung im Iran aufmerksam machen und wünscht sich nichts sehnlicher, als zu arbeiten. „Außerdem braucht er ab Januar eine kleine Wohnung: für eine Person mit Hund“, sagt Petra Hermann. Für ihre Hilfe ist Mostafa Khouriani ihr unendlich dankbar: „Petra hat mir ein neues Leben gegeben“, sagt er.
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