Im "Gänsemarsch" bewegen sich die Eichenprozessionsspinner fort.

© Silvia Wiethoff

Fiese Giftraupe erleichtert das Stadtsäckel um mehr als 32.000 Euro

rnEichenprozessionsspinner

Die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners gleicht einer Sisyphus-Arbeit. Die Stadt Haltern bereitet sich bereits auf die nächste Saison vor. Eine Idee klingt besonders vielversprechend.

Haltern

, 23.09.2020, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das Coronavirus hat in den vergangenen Monaten in Haltern für jede Menge Aufregung gesorgt. Die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners (EPS) stand deshalb nicht immer im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Dabei hat die fiese Giftraupe der Stadtverwaltung erhebliche Arbeit beschert und Kosten verursacht.

Mittlerweile sei eine flächendeckende Verbreitung im gesamten Stadtgebiet zu erkennen, „insbesondere in Bereichen mit großen Beständen von deutscher Eiche“, auch Stiel- Trauben- und Zerr-Eiche, berichtet Ralf Lütkenhaus, Gärtnermeister beim städtischen Baubetriebshof. Weil diese Bäume in den Außenbereichen von Lippramsdorf und Sythen sowie in vielen Waldgebieten in Haltern häufig anzutreffen sind, sei eine flächendeckende Bekämpfung des EPS „nahezu unmöglich“.

Die Stadt bekämpft die Raupe an Schwerpunkt-Standorten

„Weshalb die Stadtverwaltung von Anfang an dazu übergegangen ist, nur exponierte Stellen mit entsprechendem Gefährdungspotenzial aktiv zu

bekämpfen und die folgenden Schwerpunkte festgelegt hat: Schulen, Kindergärten und Kitas, Aufenthaltsorte mit besonderem öffentlichem Interesse (z.B. Ruhebänke, Versammlungspunkte). Es versteht sich von selbst,

dass hier nur befallene Eichen, welche im städtischen Besitz stehen, behandelt wurden. Befall von Eichenbestand anderer Behörden wurde diesen gemeldet und nicht weiter verfolgt“, so Ralf Lütkenhaus.

Eichenprozessionsspinner (EPS) haben es sich am Prozessionsweg unter einem Vogelnest gemütlich gemacht.

Eichenprozessionsspinner (EPS) haben es sich am Prozessionsweg unter einem Vogelnest gemütlich gemacht. © Benjamin Glöckner (Archiv)

Viele befallene Bäume hätten sich in Privatbesitz befunden. Hier sei noch Aufklärungsarbeit notwendig, empfiehlt der Gärtner. So gingen viele Bürger, die den Befall eines Baumes anzeigten, davon aus, dass die Stadt in jedem Fall für die Beseitigung der Schädlinge zuständig sei.

Ohnehin ist der Kampf gegen den EPS für die Stadt Haltern ein teures Unterfangen. 2020 wurden 32.700 Euro dafür ausgegeben. Das sind 5200 Euro mehr als im Jahr zuvor, informierte die städtische Pressestelle.

Die größten bekämpften EPS-Standorte im Stadtgebiet (mit bis zu 50 befallenen einzelnen Bäumen pro Standort) waren in den vergangenen Jahren in folgenden Bereichen des Stadtgebiets zu finden: Stadtmitte: ca. 20, Lippramsdorf: ca. 20, Sythen: ca. 10, Hullern: ca. 5, Flaesheim: 5, Bossendorf: 5, Lavesum: 4, Touristische Punkte: 3.

Zu Beginn der EPS-Plage 2010 stand die mechanische Beseitigung der Nester und Raupen im Vordergrund. Heute ist man zu vorbeugenden Maßnahmen übergegangen, kann aber noch nicht abschließend bewerten, ob diese erfolgreich waren.

Zu Beginn der EPS-Plage wurden die Giftraupen, wie hier an der Dachsbergschule in Flaesheim, hauptsächlich mechanisch bekämpft.

Zu Beginn der EPS-Plage wurden die Giftraupen, wie hier an der Dachsbergschule in Flaesheim, hauptsächlich mechanisch bekämpft. © Foto Holger Steffe

Ralf Lütkenhaus berichtet, dass 100 Meisen-Nistkästen im Stadtgebiet verteilt worden seien, damit sich die natürlichen Feinde des EPS über die Raupen hermachen. Diese Kästen seien gut frequentiert gewesen.

„Es gab allerdings auch Bereiche, wo der EPS-Befall so stark war, das trotz vorhandener bewohnter Nisthilfen keine Verringerung des Schädlings zu erkennen war. An einigen Stellen wurden gar die Nisthilfen vom EPS komplett als Behausung für eigene Nester quasi feindlich übernommen.“

Nicht immer schmecken die Raupen den Vögeln

„Erschwerend kommt hinzu, dass, mit Ausnahme des Kuckucks, alle heimischen Singvögel die Raupen des EPS nur bis zum 2. Larven-Stadium vertilgen. Ab dem 3. Larven-Stadium, mit Ausbildung der Brennhaare, ist der Bestand somit auf diese Weise fast nicht mehr natürlich bekämpfbar“, informiert der Mitarbeiter des Baubetriebshofes.

Dennoch diene die Maßnahme der Bekämpfung des EPS bei gleichzeitiger Unterstützung der heimischen Singvögel. Erfreulich ist hier die Nachricht, dass die Jugendgruppe des NABU in Haltern die Nistkästen gegen eine kleine Aufwandsentschädigung in den Wintermonaten säubern will.

Zusätzlich setzte die Stadt Köderfallen an Eichen ein. Die späte Lieferung durch den Fachhandel habe jedoch dazu geführt, dass diese erst eingesetzt werden konnten, als schon „ein hoher Anteil an Wanderung und Verpuppung der Raupen erfolgt war“.

Weitere Köderfallen können 2021 eingesetzt werden

Deshalb, so Ralf Lütkenhaus, könne auch hier noch nicht bewertet werden, ob die Maßnahme erfolgreich war. 40 Fallen seien eingesetzt worden, 40 weitere ständen zur Verfügung. Den vorbeugenden Einsatz von Bioziden lehnt die Stadt nach wie vor ab, um Vogel- und Fledermausarten in Haltern vor diesen Mitteln zu schützen.

Gute Erfahrungen wurden bei der Bekämpfung von EPS mit dem Rückschnitt von Bäumen gemacht.

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Es habe sich herausgestellt, „dass ein Rückschnitt der Kronen um bis zu 20 Prozent zu Folge hatte, dass die abgelegten Eier wohl fast vollständig mit entfernt wurden, so dass im Folgejahr tatsächlich kein Befall des EPS an den entsprechenden Bäumen zu erkennen war. Natürlich sind solche Maßnahmen nicht flächendeckend durchführbar, sollte aber im Einzelfall durchaus als Alternative angesehen werden.“

Die Bürger über eine digitale Karte informieren

Ralf Lütkenhaus empfiehlt unter anderem, eine digitale Befalls-Karte der EPS-Population in Haltern anzulegen und auf die Homepage der Stadt zu stellen. Bei Neuanpflanzungen in bewohnten Gebieten sollte auf die geeignete Auswahl an zu pflanzenden Eichen geachtet werden.

„Sofern es die jeweiligen Grünflächen und Beete von Ihrer Beschaffenheit und Größe zulassen, kommen mindestens die Sumpfeiche und Scharlacheiche noch in bewohnten Gebieten als Alternative in Frage“, erklärte der Gärtnermeister. Besonders mit der Sumpfeiche habe die Stadt in der Hansestraße sehr gute Erfahrungen gemacht.