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Euroeinführung in Haltern: Als die Millionen im Kassenraum lagerten
20 Jahre Euro
Es ist genau 20 Jahre her, dass der Euro offizielles Zahlungsmittel in Deutschland wurde und die beliebte D-Mark ablöste. Christoph Sebbel erinnert sich an riesige logistische Herausforderungen.
Für Christoph Sebbel, seinerzeit Volksbank-Vorstand in Haltern, war die Einführung des Euro eine „äußerst spannende Zeit“. Ab dem 1. Januar 2002 galt die neue Währung in 12 europäischen Ländern als neues Zahlungsmittel. „Im Grunde war das ein historisches Ereignis, das auch für mich als Banker einzigartig war. Die Umstellung einer Währung hatte es in dieser Form bis dahin nicht gegeben“, sagt Sebbel.
Die Einführung des Euro-Bargelds war ein Kraftakt, für den bis Ende 2001 insgesamt etwa 15 Milliarden Banknoten im Wert von 630 Milliarden Euro und über 51 Milliarden Münzen mit einem Wert von 16 Milliarden Euro hergestellt wurden. Als deutsche Zentralbank war die Bundesbank für die schnelle und reibungslose Einführung der neuen Euro-Banknoten und -Münzen zuständig. Innerhalb einer sehr kurzen Zeit musste der umlaufende Bargeldbestand komplett ausgetauscht werden.
150 Vorträge zum Thema Euro
„Das war natürlich auch für die Banken und Sparkassen vor Ort eine große logistische Herausforderung“, erinnert sich Christoph Sebbel. Als Euro-Beauftragter seines Instituts hatte er sich aber schon vorher intensiv ins Thema eingearbeitet. „Bereits in den drei Jahren zuvor hatten Unternehmen die Möglichkeit, den Euro als Buchungswährung parallel einzuführen“, so Sebbel. Er selbst informierte in dieser Zeit in 150 Vorträgen Privatleute, Geschäftskunden Vereine und Verbände, über das, was auf sie zukommen würde.

So sahen die Euro-Starterkits im Wert von 20 DM aus. © Papproth
„Es gab überall Ängste und Unsicherheiten in Bezug auf die Währungsumstellung“, so Christoph Sebbel. „Viele befürchteten, dass die ‚harte‘ D-Mark für einen ‚weichen‘ Euro geopfert würde. Aber wir wissen heute, dass diese Befürchtungen unbegründet waren. Nach der Euroeinführung haben wir 20 Jahre einer äußerst stabile Währung erlebt. Außerdem hat Deutschland als Exportland deutlich von der Euroeinführung profitiert“.
„Natürlich haben sich alle Banken und Sparkassen auf das Ereignis vorbereitet“, sagt Christoph Sebbel. Organisiert werden musste aber nicht nur die Ausgabe der neuen, sondern auch der Rückfluss der alten Währung.
Statik im Gebäude wurde überprüft
Etwa ein halbes Jahr vor dem Ausgabetermin wurden die Banken zunächst mit Hartgeld, also Münzen, beliefert. „Das war ein enormes Gewicht“, so Christoph Sebbel. „Die Münzen wurden im Keller gelagert, dafür musste extra die Statik der Räume noch einmal überprüft werden.“
Spannend wurde es dann am Tag der Anlieferung der Banknoten. „Die Kuriere kamen mit Paketen unter dem Arm, in denen sich die Euro-Noten befanden, in die Bank. Sie stapelten die Pakete in unserem Kassenraum. Da lagerten dann Euro-Banknoten im Wert eines zweistelligen Millionenbetrages in der Kasse. Zum Glück wusste niemand, was darin war, denn die Pakete waren völlig neutral gehalten.“ Schnellstmöglich wurde das Geld dann auf die Tresore verteilt.

Die D-Mark kann auch heute noch bei der Deutschen Bundesbank umgetauscht werden. © picture alliance / dpa
Zwei Wochen vor der offiziellen Einführung des Euro verteilten die Geldinstitute sogenannte Starterkits, in denen Euro-Münzen im Wert von 20 D-Mark verteilt wurden. So konnte sich jeder schon ein Mal ein Bild von der neuen Währung machen.
Als erste erhielten direkt am 1. Januar 2002 die Geschäftsleute Bargeld in der Bank: „Sie brauchten ja am ersten Verkaufstag danach Wechselgeld, denn es durfte zwar noch zwei Monate in D-Mark bezahlt werden, aber das Rückgeld musste in Euro ausgegeben werden“, so Christoph Sebbel. Auch die Bankautomaten mussten komplett neu bestückt werden.
Schlangen bis auf die Straße
Im Vorfeld hatte die Volksbank ihren Kunden einige Tipps mit auf den Weg gegeben. Bar-Ersparnisse sollten möglichst vorher auf Konten eingezahlt werden, auch jeder private Haushalt sollte die Bargeldbestände reduzieren.
Trotzdem bildeten sich am ersten Ausgabetag der neuen Währung lange Schlangen, und das blieb vorübergehend auch so. „Etwa zwei Wochen lang gab es Schlangen an den Kassen, die bis auf die Straße reichten“, erinnert sich Christoph Sebbel.
Bis heute kann die D-Mark kostenlos bei der Deutschen Bundesbank gegen Euro eingetauscht werden. Der Wechselkurs ist seit dem Jahreswechsel 2001/2002 immer gleich geblieben. Der amtliche Umtauschkurs beträgt 1 Euro für 1,95583 DM.
„Der Euro hatte anfangs den Ruf des ‚Teuro‘, viele befürchteten schleichende Preiserhöhungen bei der Umstellung“, so Christoph Sebbel. „Die gab es auch in geringem Maß, aber sie betrugen nur rund 4 Prozent. Anfangs rechneten viele auch die Eurobeträge noch in D-Mark um. Aber das tun nur noch sehr wenige. Außerdem gibt es ja inzwischen auch eine erste Generation, die die D-Mark gar nicht mehr miterlebt hat. Ich denke, inzwischen sind wir alle im Euro angekommen.“
Studium der Germanistik, Publizistik und Philosophie an der Ruhr Universität Bochum. Freie Autorentätigkeit für Buchverlage. Freier Journalist im nördlichen Ruhrgebiet für mehrere Zeitungshäuser. „Menschen und ihre Geschichten faszinieren mich nach wie vor. Sie aufzuschreiben und öffentlich zugänglich zu machen, ist und bleibt meine Leidenschaft.“
