
© Niklas Berkel
Elternsprecher am Gymnasium: „Digital ist nicht für alles die Lösung“
Digitalisierung an Schulen
Michael Müller ist seit drei Jahren Schulpflegschaftsvorsitzender des Joseph-König-Gymnasiums in Haltern. Die Coronavirus-Pandemie beschleunigte die Digitalisierung der Schulen, sagt er.
Konzepte oder Pläne für digitalen Unterricht? Gab es nicht, als im März und April diesen Jahres alle Schulen geschlossen bleiben mussten. Bei der technischen und inhaltlichen Ausführung gab es erhebliche Probleme. So war am Joseph-König-Gymnasium beispielsweise die Schulpflegschaft die einzige Organisation, die eine umfassende Email-Liste aller Eltern hatte.
Wie viele Emails er während des ersten Lockdowns im März und April verschickt hat? „Es müssten tausende gewesen sein“, sagt Michael Müller, Schulpflegschaftsvorsitzender des Joseph-König-Gymnasiums in Haltern. Nach dem Lockdown und der damit verbundenen Schulschließung im März hatte er eine Menge zu tun. Mittlerweile sieht er die Schule digital besser aufgestellt.
Die Kommunikation lief nur schleppend
Auch mit seiner Hilfe konnte die Schule den Kontakt zu Eltern und Schülern aufrecht erhalten. Eine hauseigene Onlineplattform, auf der Lehrer Informationen oder Aufgaben hinterlegen und Schüler Lösungen hochladen können, gab es noch nicht. Einige Schulen besaßen bereits eine solche Plattform, die die Kommunikation zwischen Schülern und Lehrern, aber auch den Eltern vereinfacht. Das Joseph-König-Gymnasium hatte Pläne dafür in der Schublade, umgesetzt werden sollten diese aber erst im Sommer, erzählt der Schulpflegschaftsvorsitzende.
Und so erlebte Michael Müller „eine chaotische Zeit“ während des ersten Lockdowns. Die Kommunikation lief nur schleppend. Teilweise fielen auch einige Schüler durchs Raster und bekamen keine Informationen. Durch zahlreiche Emails ihrer Lehrer mussten sich die Schüler arbeiten. Ein geordnetes Homeoffice der Schüler wurde so zu einer echten Herausforderung.
Ganz abgesehen davon, dass einige Schüler technisch nicht die Mittel hatten, um so zu arbeiten, wie einige Lehrer es gerne gesehen hätten. „Aus Schülersicht hängt vieles von den Familien ab“, sagt Michael Müller. So hätten beispielsweise Familien mit zwei oder drei Kindern, den Eltern im Homeoffice und ohne Glasfasernetz Probleme gehabt, die Netzwerkverbindung aufrecht zu erhalten. Abgesehen von den technischen Geräten, von denen auch nicht unbedingt fünf im Hause stehen.
Die Schere ging auseinander
Aber auch inhaltlich habe es in manchen Familien gehapert. Schwächere Schüler bräuchten gerade in Selbstlernphasen auch mal die Unterstützung der Eltern, sagt Michael Müller. „Die können diese aber nicht immer leisten.“ Nicht jeder habe Physik studiert. „Ich kann beispielsweise kein Französisch“, sagt der Schulpflegschaftsvorsitzende. „Wenn meine Tochter mit dem Fach auf mich zukommt, kann ich nicht helfen.“ So ging es vielen Eltern vor einem halben Jahr.
Sein Fazit nach einigen Wochen Selbstlernphase: „Die familiären Vor- und Nachteile der Schüler zeigen sich im Distanzunterricht einfach mehr.“ Die Schere ging auseinander.
Die Vorteile der Corona-Krise
Was die Digitalisierung von Schulen betrifft, hatte die Coronavirus-Krise aber auch ihr Gutes. Um Probleme, sollte eine Situation wie vor einem halben Jahr erneut eintreten, zu vermeiden, hat die Stadt beispielsweise iPads für Schüler angeschafft. Auch einige Schüler des Joseph-König-Gymnasiums profitieren von dieser Investition. Außerdem hat die Schule Lehrpläne für digitalen Unterricht in den Sommerferien ausgearbeitet. I-Serve, die digitale Plattform, ist früher eingerichtet worden als geplant. Nun können Lehrer viel einfacher mit ihren Schülern kommunizieren und Aufgaben hochladen.
Aber auch in der Schule soll der Unterricht digitaler werden. Im Gebäude stehen Beamer, Elmos (eine moderne Form des Tageslichtprojektors), Whiteboards und Apple-TVs. Die Lehrer sollen Notebooks bekommen. Das Gebäude soll zudem mit moderner Netzwerktechnik ausgestattet werden.
Eine positive Entwicklung, wie Michael Müller als Elternsprecher findet. „In manchen Fächern wird der Unterricht durch digitale Möglichkeiten interessanter“, sagt er, auch wenn er warnt: „Nur weil etwas digital ist, ist es nicht gleich besser. Digital ist nicht zwangsweise für alles die Lösung. “
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