
Günter Hessing (r.), Geschäftsführer der Raiffeisen-Warengenossenschaft Haltern, mit seinen aktuellen Auszubildenden. Von links: Marco Klose und Hannah Brathe. © Benjamin Kübart
„Die Suche ist nicht einfach“: Halterner Unternehmen werben um Personal
Arbeitskräfte
Personalengpässe ziehen sich durch verschiedene Branchen. Halterner Unternehmen berichten über ihre Suche nach Mitarbeitern – und darüber, was ihren Bewerbern wichtig ist.
Unternehmen suchen Mitarbeiter – egal, ob in der Gastronomie, dem Einzel- oder Großhandel. In Haltern am See ist das nicht anders. „Im Moment sind wir nach wie vor auf der Suche nach Mitarbeitern“, sagt Günter Hessing, Geschäftsführer der Halterner Raiffeisen-Warengenossenschaft. „Die Suche ist nicht einfach. Das Angebot an gewerblichen oder kaufmännischen Mitarbeitern ist leergefegt.“ Auch wenn die Warengenossenschaft zum aktuellen Zeitpunkt nur einen Mitarbeiter in der Buchhaltung sucht, kann sich das jederzeit ändern, sagt Hessing.
Hessing sieht ein Problem hinter der Mentalität: „Wie kann ich eine Stellung kriegen, wo ich wenig Zeit verbringen muss?“ So seien beispielsweise Wochenenddienste ungern gesehen. „Wer keine Gleitzeiten oder kein Home-Office anbieten kann, wird als Arbeitgeber unattraktiv“, sagt er. Aber in manchen Branchen seien Regelungen wie das Home-Office einfach nicht möglich. Auch die Ladenöffnungszeiten spielen eine Rolle, genauso verhielte es sich mit Flexibilität und Reichweite, sagt Hessing. „Es gibt niemanden, der 50 Kilometer weit zur Arbeit fährt. Unsere Mitarbeiter kommen alle aus dem Umfeld.“
Zuverlässigkeit durch Systemrelevanz
Auch der Arbeitseinstieg hat sich nach hinten verschoben, beobachtet Günter Hessing. „Auszubildende von 16 oder 17 Jahren gibt‘s nicht“, sagt er. „Azubis starten gerade ab einem Alter von Mitte 20.“ Über Covid und die Energiekrise sei in der Wahrnehmung der Raiffeisen-Bewerber jedoch eins aufgefallen: „Wir sind ein systemrelevantes Unternehmen“, sagt Hessing. „Das kannten wir noch nicht, jetzt ist es aber klar.“ Diese Zuverlässigkeit als Arbeitgeber sei Bewerbern und Interessierten besonders wichtig. „Wir sind krisenhart, uns gibt es schon über 120 Jahre lang. Und uns wird es auch noch länger geben.“

Berthold Brinkert und seine Mitarbeiterinnen an der "Berthold's - Der Naturbäcker"-Filiale auf der Rekumer Straße. © Benjamin Kübart
Berthold Brinkert führt die Filialen seines Bäckerbetriebs „Berthold‘s - Der Naturbäcker“ und ist ständig auf der Suche nach neuen Mitarbeitern – ob Fachverkäufer, Aushilfe oder Bäcker. Die Not nach Mitarbeitern treffe ihn nicht so stark, wie in der klassischen Gastronomie. „Bei unseren Restaurant-Cafes ist der Vorteil, dass wir nur tagsüber geöffnet haben“, sagt Brinkert.
Vor zwei Jahren war das Ringen um Arbeitskräfte noch kritischer, seitdem wirbt die Bäckerei über verschiedene Kanäle. „Wir schalten Werbung in der Zeitung, über die sozialen Medien und in den Filialen. Außerdem gibt es eine Prämie für die Werbung von Mitarbeitern“, so Brinkert. „Wir bieten den Bewerbern außerdem 10 Prozent mehr Lohn, als sie bei ihrem vorigen Arbeitgeber verdient haben. Das machen wir seit etwa einem Jahr und bemerken dadurch einen größeren Zulauf.“
Identifikation mit Nachhaltigkeit
Hinzu kommt ein weiterer Faktor, sagt der Bäckermeister. „Wir haben nachhaltige Projekte und einen eigenen Getreideanbau – da identifizieren sich Leute mit. Sie wollen in einem nachhaltigen Unternehmen arbeiten.“

Das Café Extrablatt am Marktplatz sucht nach Aushilfen und festen Mitarbeitern. © Foto: Daniel Winkelkotte (A)
Das Cafe extrablatt am Marktplatz ist ebenfalls auf Personalsuche. „So wie überall in der Gastronomie, sagt Taner Yalcin, der als Geschäftsführer auch die Filiale in Recklinghausen betreibt. Das Cafe extrablatt hat am Wochenende bis 2 Uhr nachts geöffnet – und gerade die Uhrzeiten der Öffnungszeiten seien Bewerbern wichtig.
Der Personalengpass sei besonders nach Corona aufgefallen, so Yalcin. „Die Aushilfen haben sich anders orientiert.“ Jetzt sucht das Unternehmen Leute mit Berufserfahrung. Zwar meldeten sich viele Schüler, „aber durch den Schulstress und Druck von den Eltern können die nicht viel arbeiten.“ Der Geschäftsführer zieht das Fazit: „Feste Leute sind rar.“
Geboren im Ruhrgebiet, kann auch die B-Seiten auf „4630 Bochum“ mitsingen. Hört viel Indie-Rock. Hat das Physikstudium an der Ruhr-Uni durchgespielt und wurde Journalist. Liebt tiefe Recherchen, Statistiken und „The Big Lebowski“. Sieht lokale Geschichten im großen Kontext und erzählt sie in Schrift, vor dem Mikro und der Kamera.
