
Für Nicole Schrief und ihren Ehemann Michael Schrief (beide r.) war das "Old Daddy" wie ein zweites Zuhause. © Bilder: privat (A)/Benjamin Kübart, Montage: Benjamin Kübart
Nostalgie der Disko-Jahre: Nicole und Michael Schrief erinnern ans „Old Daddy“
Ihr Lieblingsort
Wir haben Sie nach Ihren Lieblingsplätzen in Haltern gefragt. Nicole und Michael Schrief verbrachten die Disko-Zeit der 90er- und Nullerjahre in ihrer zweiten Heimat – dem „Old Daddy“.
Nicole Schrief hat einen Lieblingsplatz, den es nicht mehr gibt. Das „Old Daddy“ an der Recklinghäuser Straße konnte sie zu Fuß erreichen. Mitternachts kam die Halternerin mit ihren Freunden an der Diskothek an: Drinnen war es dunkel, über den Köpfen der Besucher hingen Lichter und Lüftungsanlagen. „Wir haben uns wohl gefühlt, uns auf die Empore in der ersten Halle gesetzt und die Musik gehört. Es war unser Happy Place, unser Wohnzimmer“, sagt die 43-Jährige.
Doch wo damals getanzt wurde, stehen mittlerweile Brotregale. 2009 stellte der Geschäftsführer den Diskobetrieb ein, im Jahr 2011 kaufte ein Herner Unternehmen das 14.500 Quadratmeter große Gelände. Im Folgejahr rissen Handwerker die Diskotheken-Hallen ab und machten Platz für eine Edeka-Filiale.
Wohnzimmer von 1995 bis 2003
Als die Geschichte des „Old Daddy“ endet, hat Nicole Schrief fast zehn Jahre keinen Fuß in die Disko gesetzt. „Von 1995 bis 2003 waren wir regelmäßig da“, erzählt sie. Zunächst besucht sie den „Schuppen“ an jedem Freitag und Samstag, „aber wir hatten irgendwann genug vom Daddy, unsere Lebenssituation hatte sich verändert.“ 2001 lernt sie ihren Ehemann Michael Schrief in der Diskothek kennen. Die beiden heiraten fünf Jahre später.

Diese ehemalige Leuchtreklame des Old Daddy hängt nach dem Abriss in der Gewerbehalle eines Halterners. © Daniel WInkelkotte (A)
„Die Zeit der Diskos ist tot“, sagt Michael Schrief. Trotzdem erinnere er sich immer noch an urige Charaktere, wie den „Indianer“ hinter der Theke oder die „Schlepper“, welche die Gläser der Gäste eingesammelt haben. „Der Toilettenputzmann war ein ausgebildeter Opernsänger, ein gebildeter Typ. Mit dem konntest du über alles reden“, erzählt der Halterner. „Manchmal hast du deshalb Stunden auf dem Klo verbracht.“
„Das ist Daddy-Mukke!“
Die meiste Zeit feierte das Ehepaar in der ersten Halle, die sich auf Rock-Musik fokussierte. Nicole Schrief berichtet: „Wenn ich heute noch Musik aus der Zeit höre, denke ich ‚das ist Daddy-Mukke!‘“ Zu den Songs gehören „On The Other Side“ von der Band Silke Bischoff (umbenannt in 18 Summers), ein „Zu Spät“-Remix von Die Ärzte oder Titel von Alice Cooper, ACDC oder den Toten Hosen.

Im Februar 2012 begann ein Unternehmen mit den Abrissarbeiten. © Holger Steffe (A)
Die zweite Halle war auf Hip-Hop und R’n’B ausgerichtet, in der dritten klang zunächst Techno, später Schlager. Nach und nach erweiterte der Betreiber die Diskothek um immer mehr Hallen. Später kam noch eine vierte mit Musik aus der Gothic-Szene dazu.
Heute feiert das Paar meist nur noch im privaten Rahmen oder in der Kneipe. „Schade, dass es weg ist“, beschreiben sie ihr Nostalgiegefühl. „Eigentlich hab ich gedacht ‚Was für ein dreckiger Schuppen‘, aber von 1998 bis 2003 fühlte es sich an, wie ein zweites Zuhause“, meint Michael Schrief. „Da musste man auch nichts für trinken“, fügt seine Ehefrau hinzu. „Es ging um den Austausch. Hier hat man immer jemanden getroffen, den man kannte.“
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