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Wenn das Wasser zur Gefahr wird - DLRG warnt vor wachsender Zahl der Nichtschwimmer
DLRG
Immer weniger Menschen können schwimmen. Das bereitet der DLRG Sorgen. Der Halterner Lukas Eichstaedt (24) hat schon miterlebt, dass bei einem Einsatz die Hilfe zu spät kam.
Die Eindrücke von schwierigen Einsätzen treiben die Ehrenamtlichen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) an, weiterhin für die Sicherheit am Wasser im Einsatz zu bleiben. Am Donnerstag stellte der Bundesverband seine Zwischenbilanz 2019 am Halterner Stausee vor. 250 Menschen sind in diesem Jahr bereits in deutschen Gewässern ertrunken. Diese Zahl nannte Pressesprecher Achim Wiese.
In Haltern hat es bislang in diesem Jahr zum Glück noch keine Unfälle mit Todesfolge am Stausee und am Silbersee gegeben. Der Halterner Lukas Eichstaedt kann sich aber noch gut an den Tag erinnern, als Rettungskräfte im Sommer 2017 zwei junge Studenten aus dem Silbersee in Sythen bargen. Er gehörte zu den Einsatzkräften vor Ort. Die beiden 22-jährigen Männer indischer Herkunft waren etwa in seinem Alter und konnten nicht mehr gerettet werden. Bei einem wurde der Tod noch vor Ort festgestellt, der andere starb wenig später im Krankenhaus.
Die Nachricht, dass im vergangenen Jahr sechs Menschen in Haltern am See vor dem sicheren Ertrinken gerettet werden konnten, zeigt die Bedeutung der ehrenamtlichen Lebensrettung an den Halterner Badeseen.
2018 leistete die DLRG in Haltern 10.500 Wachstunden und 900 medizinische Einsätze. In diesem Jahr stehen für die Ortsgruppe bereits 4000 Wachstunden und 238 medizinische Einsätze in der Statistik.
Lukas Eichstaedt engagiert sich seit 2005 für die DLRG
Lukas Eichstaedt ist erst 24 Jahre alt, engagiert sich aber schon seit 2005 in der DLRG. Im Vereinsleben schätzt er vor allem den Zusammenhalt, der auch über bewegende Erlebnisse bei Einsätzen hinweghelfe. „Mir hilft es, im Anschluss darüber zu reden“, berichtete er am Donnerstag über seine Erfahrungen besonders mit Blick auf die Tragödie vor zwei Jahren. Auch der Kontakt zu Notfallseelsorgern sei für ihn erleichternd gewesen.

Am Halterner Stausee stellten für die DLRG Verbandsleiter Markus Treder (v.l.), Pressesprecher Achim Wiese sowie der stellvertretende Halterner Ortsgruppenleiter Lukas Eichstaedt die Zwischenbilanz der Rettungsgesellschaft vor. © Silvia Wiethoff
Achim Wiese zählte die Gründe für Badeunfälle auf, die sich häufiger an Binnengewässern als an der Küste ereignen. Der DLRG-Sprecher machte darauf aufmerksam, dass die Schwimmfähigkeit in Deutschland „dramatisch nachgelassen“ habe. Vor wenigen Jahren konnten etwa 90 Prozent der Kinder nach ihrer Grundschulzeit schwimmen. Heute sind es nur noch 41 Prozent.
Das Bädersterben in den deutschen Kommunen (seit 2000 rund 80 Einrichtungen) trage dazu bei, dass die nachkommende Generation das Schwimmen nicht mehr erlerne. „Jeder Bürgermeister, der sein Bad schließt, muss mit der Verantwortung leben, dass seine Bürger nicht mehr ausreichend im Schwimmen ausgebildet werden“, sagte Achim Wiese.
Wohnortnahes Schwimmen lernen ist in Haltern kein Problem
Halterns Bürgermeister Bodo Klimpel kann sich in diesem Fall entspannt zurücklehnen, denn wohnortnahes Schwimmenlernen ist sogar in zwei Freibädern in der Stadt (Aquarell -auch Hallenbad/Stadtwerke) und (Sythen/Verein) möglich und wird auch genutzt.
Die Stadt Haltern hat sich außerdem einer weiteren Verantwortung gestellt. Achim Wiese stellte nämlich heraus, dass die Gefahr von Ertrinkungsunfällen natürlich an unbewachten Badestellen besonders groß ist. Als der öffentliche Druck zu groß wurde, wurde das Baden im Silbersee II ab 2005 offiziell erlaubt. Die Stadt ist an der Betreibergesellschaft des Silbersees ebenso beteiligt wie an der des Halterner Stausees.
Zu den weiteren Risikogruppen, die an einem Gewässer verunglücken können, gehören laut Achim Wiese ältere Menschen mit eventuellen Erkrankungen sowie Migranten aus anderen Kulturkreisen.
Für die Medien demonstrierten Lukas Eichstaedt und die jungen Ehrenamtlichen der DLRG Haltern, wie die Rettung eines gekenterten Seglers auf dem Wasser abläuft. Die Aktion sah wie ein Kinderspiel aus. Aber das ist nur der Fall, wenn sie zuvor immer wieder geübt wurde, um zur Routine zu werden.
Jeder Mensch hat eine Geschichte zu erzählen und hinter jeder Zahl steckt eine ganze Welt. Das macht den Journalismus für mich so spannend. Mein Alltag im Lokalen ist voller Begegnungen und manchmal Überraschungen. Gibt es etwas Schöneres?
