
© Elke Rüdiger
Der Mensch macht mit künstlichem Licht die Nacht zum Tag - mit erheblichen Folgen
Lichtverschmutzung
Früher war die Nacht in Haltern stockdunkel. Heute erhellen Lampen den Nachthimmel. Experten nennen das Lichtverschmutzung. Sie hat Auswirkungen auf den Menschen und die Natur.
Vor etwa 2018 Jahren diente der Stern von Bethlehem den Heiligen Drei Königen als Wegweiser auf dem Weg zur Krippe. Heute würden die drei Weisen aus dem Morgenland den Stern am Firmament vermutlich nicht mehr sehen. Wahrscheinlich würden sie sich mit Hilfe der Sterne kaum noch orientieren können, denn Sterne sieht man heute nicht mehr viele am Himmel - zumindest in der Stadt nicht.
Das liegt an der sogenannten Lichtverschmutzung, die auch ein Phänomen in Haltern ist. Lichtverschmutzung - der Begriff mag im ersten Moment absurd klingen. Denn Licht an sich wird nicht schmutzig. Aber Licht verschmutzt und zwar den Himmel, besonders in der Nacht.
Lichtverschmutzung, auch Lichtsmog oder Lichtimmission, bezeichnet die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Außenbeleuchtung wie Straßenlaternen und Leuchtreklame und kann ebenso wie Lärm und Abgase zu schädlichen Umwelteinwirkungen für den Menschen und die Natur führen.
Durch die Außenbeleuchtung bilden sich Lichtglocken, die selbst aus dem All noch zu erkennen sind. Sportstadien werden mit Licht geflutet, Kirchen und andere große Gebäude angestrahlt und selbst Autobahnauffahrten hell ausgeleuchtet.
Je größer die Ballungsräume sind, desto höher ist die Lichtverschmutzung oder die Aufhellung des Nachthimmels. In Großstädten ist sie demnach größer als in ländlichen Gebieten. Doch auch in der Seestadt ist sie ein Thema.
Der Grad der Lichtverschmutzung kann online weltweit eingesehen werden
Im Lichtverschmutzungsatlas auf der Website www.lightpollutionmap.info kann man die Lichtverschmutung weltweit grafisch einsehen. Der Grad der Lichtverschmutzung hängt von der Bestrahlungsstärke ab. Diese wird in der Einheit Watt pro Quadratmeter (W/cm²) gemessen. Am dunkelsten und somit gesündesten für Mensch und Natur ist der Nachthimmel bei einer geringen Bestrahlungsstärke unter 0,25 Watt pro Quadratzentimeter. Am hellsten und ungesündesten ist er laut Legende bei einem Wert über 40.
Stark lichtverschmutzte, also künstlich aufgehellte Gebiete, sind auf der Karte rot markiert. Dazu zählt der Ortskern von Haltern, die Quarzwerke, die Schleuse in Flaesheim und das Kalksandsteinwerk.
Rund um Haltern besonders in Holtwick und Lavesum ist der Himmel nachts noch schön dunkel. Ganz dunkel ist er im Ruhrgebiet aber nirgends. Besonders der Chemiepark Marl erscheint auf dieser Karte in gleißend hellem Licht.
Zahnarzt Dr. Wolfgang Strickling aus Haltern ist Hobby-Astronom und beobachtet am Wochenende gerne mal den Sternenhimmel von seinem Teleskop aus. „In der Innenstadt kann man, wenn man Glück hat, nachts vielleicht ein paar hundert Sterne sehen. Wenn man aber mal raus aufs Land fährt in die Gegend zwischen Haltern und Lavesum können es gleich mehrere tausend werden.“ In Lippramsdorf sei es schon wieder schwierig. „Dort hat das Licht vom Chemiepark Marl schon eine enorme Auswirkung auf den Himmel.“ Für diejenigen, die sich mal einen klaren Sternenhimmel wünschen empfiehlt Wolfgang Strickling ins Emsland oder ins Sauerland zu fahren.
Der Hobby-Astronom beklagt die ineffiziente Lichtnutzung vieler Straßenlaternen, die oftmals nur einen Bruchteil des Bodens ausleuchten. „Man könnte das Licht an vielen Stellen in Haltern sicherlich besser lenken. Ich schätze das zwei Drittel des Lichts vieler Straßenlaternen ungenutzt in den Himmel leuchten.“

Nachts sollte man das Schlafzimmer so weit wie möglich abdunkeln. © picture alliance/dpa
Dass ein heller Nachthimmel noch weitere Auswirkungen auf den Menschen hat, erklärt Chefarzt Dr. Lars Heining. Der Pneumologe und Schlafmediziner im St. Sixtus Hospital in Haltern sieht einen Zusammenhang zwischen der Lichteinstrahlung und einem schlechten Schlaf: „Wir haben definitiv mit einer erhöhten Lichtbelastung zu tun. Die allgemeine Schlaflänge hat über die Jahre abgenommen.“ Schuld sei nicht allein die Außenbeleuchtung, auch Stress und Arbeitsanforderungen würden eine Rolle spielen.
Die Außenbeleuchtung hemmt das Melatonin und lässt uns schlechter schlafen
„Die künstliche Außenbeleuchtung in der Stadt hemmt das Melatonin. Das ist ein Botenstoff, der für die innere Ruhe zuständig ist und den Schlaf fördert. Die Rezeptoren in unserem Auge empfangen das Licht, das nachts durch unser Schlafzimmerfenster scheint. Die Produktion von Melatonin wird unterdrückt und wir schlafen schlechter“, sagt Dr. Heining.
Der Schlafmediziner empfiehlt, das Schlafzimmer für die Nacht soweit es geht, abzudunkeln und auf eine gute Schlafhygiene zu achten. Das bedeutet, man soll bestimmte Lebensgewohnheiten vornehmen, um erholsam zu schlafen (siehe Info).
„Dazu gehört zum Beispiel auch das Meiden des Handys und des Tablets am Abend. Vor allem im Schlafzimmer haben diese Dinge nichts zu suchen. Sie haben einen hohen Anteil an blauem LED-Licht. Das ist nicht förderlich für einen guten Schlaf, im Gegenteil, es hält uns wach. Es gibt Untersuchungen, die belegen, dass dieses Licht wacher und konzentrierter macht.“
Besonders Tiere leiden unter der Straßenbeleuchtung
Doch nicht nur auf die Menschen hat die erhöhte Lichtbelastung Auswirkungen, auch oder besonders Tiere sind betroffen, sagt der Naturschutzbund (Nabu).
„Vielerorts fällt das Licht nicht nur auf Straßen-, Rad- und Gehwege, sondern strahlt völlig ungenutzt in den Nachthimmel, in Schlafzimmerfenster und benachbarte Naturräume. Diese Lichtverschmutzung muss nicht sein“, so Nabu-Energieexperte Elmar Große Ruse. „Gerade veraltete und schlecht konstruierte Lichtquellen werden häufig zu tödlichen Fallen für nachtaktive Insekten, Vögel und Fledermäuse.“

Viele Eintagsfliegen werden von den hellen Straßenlaternen angelockt. © picture alliance / dpa
Denn im Gegensatz zum Menschen, der sich vor der Helligkeit schützen kann und die Rollos herunterlassen kann, sind Insekten dem Kunstlicht ausgeliefert. Jede Nacht gehen Milliarden von Mücken, Fliegen, Käfern und Nachfaltern in die tödliche Lichtfalle. Viele Insekten orientieren sich nachts am Mond und verwechseln ihn mit den hellen Straßenlaternen. Häufig kann man beobachten wie Mücken ihre Kreise um die Laternen ziehen, um bald erschöpft daran zu verenden.
Lichtquellen tragen zum Insektenschwund bei
„Künstliche Lichtquellen tragen zum allgemeinen Artenschwund bei“, sagt Arno Schanowski, Biologe am Bühler Nabu-Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz.
Genauso tragen sie dazu bei, dass wir nachts immer weniger Sterne am Himmel sehen. Das Wiener Institut fragte im Jahr 2001 die Öffentlichkeit, wie viele Sterne sie nachts sehen. In klaren Nächten waren es rund 450. Bei einer ähnlichen Befragung 50 Jahre zuvor waren es sogar noch 4500 gewesen.
Laut Nabu ließe sich die städtische Lichtverschmutzung problemlos mindern: Ein Drittel der hiesigen Straßenlampen sei veraltet, schätzt das Bundesumweltministerium. Noch immer würden vielerorts häufig die ineffizienten, weißleuchtenden Quecksilberdampf-Hochdrucklampen verwendet. Stromsparender arbeiten Natriumdampf-Hochdrucklampen, deren hellgelbes Licht weit weniger Insekten anlockt. Noch effizienter und insektenschonender sind die gelborange leuchtenden Natriumdampf-Niederdrucklampen.
In Haltern gibt es vor allem energiesparende Hochdrucklampen
Die Stadt Haltern ist ein gutes Vorbild, denn besonders veraltet sind die Straßenlaternen in der Seestadt nicht. Quecksilberdampf-Hochdrucklampen gibt es hier nicht. Hier sind vor allem energiesparende Leuchtstofflampen (2169 Stück) im Einsatz. Von den genannten Natriumdampf-Hochdrucklampen hat die Stadt ebenso ziemlich viele eingesetzt nämlich 1805 Stück. Dazu kommen 1004 energiesparende LEDs, sagt Stadtsprecher Thomas Gerlach auf Anfrage.
Der Nabu-Biologe Arno Schanowski, fordert, mit Licht generell sparsamer umzugehen: „Die insektenfreundlichste Lampe ist die, die erst gar nicht brennt.“
SchlafhygieneNeun regeln für einen guten Schlaf
Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung Schlafmedizin (DGSM) hat neun Regeln aufgestellt, die zu einem gesunden, erholsamen Schlaf beitragen:
- Stehen Sie jeden Tag um dieselbe Zeit auf.
- Gehen Sie nur schlafen, wenn Sie wirklich müde und schläfrig sind.
- Üben Sie entspannungsfördernde Schlafrituale vor dem Zubettgehen aus.
- Treiben Sie regelmäßig Sport.
- Nehmen Sie in den vier Stunden vor dem Zubettgehen keine koffeinhaltigen Getränke oder Medikamente ein.
- Rauchen Sie nicht kurz vor dem Schlafen.
- Vermeiden Sie einen Mittagsschlaf.
- Reduzieren Sie ihren Alkoholkonsum oder verzichten Sie im Falle von Schlafstörungen auf Alkohol.
- Meiden Sie Schlaftabletten oder gehen sie vorsichtig und sparsam mit ihnen um. Meistens verschreiben Ärzte Schlafmittel für maximal vier Wochen. Nehmen Sie nie Schlafmittel zusammen mit Alkohol ein.
Seit Juli 2017 Volontärin bei Lensing Media. Hat Journalismus und PR an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen studiert. Mag am Journalismus, dass man ständig neues kennenlernt: die Stadt, die Menschen und ihre Geschichten.