Anton Klosa steht an einem offenen Fenster im Kirchturm der Sixtus Kirche in Haltern.

Anton Klosa kennt den Kirchturm der Sixtus Kirche wie seine Westentasche, 25 Jahre war er der Küster der Kirche. © Nora Varga

Das Geheimnis der Kirchturmspitze: Anton Klosa enthüllt besonderen Brief

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Der Kirchturm der St.-Sixtus-Kirche ist der höchste Punkt der Innenstadt. Der ehemalige Küster Anton Klosa nimmt uns mit in die Spitze des Turms und plaudert aus dem Nähkästchen.

Haltern

, 01.11.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Turm der St.-Sixtus-Kirche ist 80 Meter hoch, von oben hat man einen atemberaubenden Blick über Haltern am See. Aber um die Spitze zu erreichen, muss man erst mal viele Stufen hochklettern und schwindelfrei sein. Anton Klosa war 25 Jahre lang Küster der Kirche und ist seit acht Jahren im Ruhestand. Den Turm kennt er aber trotzdem wie kein Zweiter.

Die Kirchturmspitze der Sixtus-Kirche. Das alte Kreuz kann heute noch neben dem Eingang besichtigt werden.

Die Kirchturmspitze der Sixtus-Kirche. Das alte Kreuz kann heute noch neben dem Eingang besichtigt werden. © Anton Klosa

Das erste Stück Turmgeschichte findet man direkt neben dem Eingang der Sixtus-Kirche. Das alte Turmkreuz von 1885 mit seinen vielen Schnörkeln hängt hier an der Wand. Eine neue Version des Kreuzes steht heute auf der Kirchturmspitze. Anton Klosa: „Als ich kam, wurde die Kirche gerade renoviert und das Kreuz abgebaut.“ Aus dieser Zeit hat er auch noch ein Foto eines ganz besonderen Briefes.

Versiegelter Brief zur politischen Lage 1989

In der Kugel unter dem Kreuz liegt das Original dieses Briefes, versiegelt in einem Kupferrohr wie eine Zeitkapsel. Der Brief stammt aus dem Jahr 1989 und erinnert an den Tag, an dem das neue Kreuz und die Kugel angebracht wurden. Es soll eine kleine Zeitkapsel sein, in dem Schreiben vom 13. Dezember 1989 heißt es: „Die politische und wirtschaftliche Liberalisierung durch M. Gorbatschow in der Sowjetunion zeigten Früchte bei den Satelliten Polen, Ungarn, Tschechoslowakei und der DDR. Besonders in anderen Teilen unseres Vaterlandes taten sich erstaunliche Dinge.“ Gerade in Zeiten des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine lesen sich solche Zeilen ganz anders.

Der Brief in der versiegelten Rolle in der Kugel auf der Kirchturmspitze.

Der Brief in der versiegelten Rolle in der Kugel auf der Kirchturmspitze. © Anton Klosa

Den versiegelten Brief auf der Kirchturmspitze hat vor 33 Jahren auch Anton Klosa unterschrieben. Seitdem hat sich in der Kirche viel getan, wie er beim Aufstieg durch den Turm erklärt. In der ersten „Etage“ des Kirchturmes stehen heute nur noch ein paar barock verzierte Holzplatten. „Früher stand hier der Blasebalg für die Orgel, aber heute geht das elektrisch.“

Alte Turmuhr steht noch – trotz Digitalisierung

Auch die Turmuhr wurde über die Jahre modernisiert. In der zweiten Etage steht aber immer noch die alte analoge Uhr, gefertigt von der Firma Paul Vortmann aus Recklinghausen. Wo heute Spinnen und Staub die Kontrolle übernommen haben, wurde früher mit Antriebswellen die Zeit auf alle vier Ziffernblätter im Turm weitergeleitet.

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Der Blick von der St. Sixtus Kirche

Steht man auf dem Halterner Marktplatz, dann wirkt die St. Sixtus Kirche mit ihrem Turm geradezu gigantisch. Aber wie sieht es eigentlich von oben aus? Der ehemalige Küster Anton Klosa nimmt Sie mit in den Turm der Kirche.
22.08.2022

Auf dieser Ebene befindet sich auch der Dachboden des Kirchenschiffes. Die Kirche sieht von unten für die Besucher natürlich sehr majestätisch und vollkommen aus, von oben kann man dann aber einen Blick hinter die Kulissen, auf die unverputzte Decke und die nackten Holzbalken werfen.

Bei Arbeiten an der Kirche im Jahr 1989 ließ es sich auch der damalige Pfarrer nicht nehmen, seine Kirche mal aus einer ganz besonderen Perspektive zu sehen.

Bei Arbeiten an der Kirche im Jahr 1989 ließ es sich auch der damalige Pfarrer nicht nehmen, seine Kirche mal aus einer ganz besonderen Perspektive zu sehen. © Anton Klosa

Führer musste Anton Klosa hier regelmäßig hin: „Hier war mein Arbeitsplatz, ich bin hier ein paar Mal im Jahr raufgekommen und wir haben durch eine Vorrichtung den Adventskranz runtergelassen oder auch zur Kreuzerhöhung das Kreuz.“ Das Loch in der Decke kann man übrigens auch am Boden im Kirchenschiff sehen. Besichtigen können die Halternerinnen und Haltener diese Bereiche der Kirche nicht. Das wäre zu gefährlich, denn auch wenn die alten Holztreppen stabil sind, muss man schwindelfrei sein und bei jedem Schritt aufpassen.

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Glocken wurden durch den Kirchturm hochgezogen

Auf Höhe des Ziffernblattes hängen dann die großen Kirchenglocken. Anton Klosa: „Die wurden an Seilen hier hochgezogen, dafür sind hier überall die Löcher in der Decke und in den Böden.“ Auch die Glocken müssen nicht mehr von Hand geläutet werden, sondern automatisch. Wenn man direkt neben den Glocken steht, während sie schlagen, vibriert der komplette Körper und die Glocken hallen noch minutenlang nach.

Im gesamten Turm ist es übrigens ziemlich dunkel und windstill, denn Fenster oder Öffnungen gibt es ganz bewusst nicht, wie Anton Klosa erklärt: „Als ich hier angefangen habe, war der ganze Turm voll mit Tauben, toten Tauben und Kot.“

Um die Tiere fernzuhalten, muss also alles dicht bleiben. Während die Tauben nicht willkommen sind, gibt es in der Spitze des Turmes Platz für Wanderfalken. Die Nistkästen werden fast jedes Jahr genutzt, wie Klosa erzählt.

Von hier hat man dann einen beeindruckenden Blick über Haltern, den Stausee und die nähere Umgebung. Für Anton Klosa immer ein besonderer Ausblick. Früher hingen in dieser Höhe auch noch zwei weitere Glocken in Richtung Marktplatz. „Die mussten wir dann aber irgendwann abhängen. Nicht auszudenken, wenn die jemandem auf den Kopf fallen würden.“ Eine der beiden Glocken steht heute unten am Altar und wird in der Kirche benutzt und auch die zweite Glocke ist noch zu hören, in der Friedhofskapelle.

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