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Bewohner einer alten Siedlung Halterns ärgern sich über Nachverdichtung
Oderstraße
Anwohner der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße schauen besorgt auf ein Mehrfamilienhaus, das gerade in der Nachbarschaft entsteht. „Die Höhe scheint uns unverhältnismäßig, der Grundriss riesig.“
In den 1950er-Jahren entstanden an der Oderstraße kleine Mehrfamilienhäuser in einer einheitlichen Bauweise für Eisenbahner und Vertriebene. Dazu gehörten immer große Gärten für die Selbstversorgung. Dieses Grünland weckt seit Langem Begehrlichkeiten bei Bauwilligen. So ließ die Stadt auf einer Seite der Siedlung - in den Gärten zwischen Oderstraße und Friedrich-Ludwig-Jahnstraße - Nachverdichtung zu. Einen Bebauungsplan gibt es hier nicht, gebaut wird nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches, wonach sich Neues lediglich dem Umfeld anpassen muss.
Die Bauherren in solchen Gebieten sind nicht verpflichtet, Anlieger über ihr Projekt zu informieren. Die Stadt empfiehlt allerdings immer, die direkten Nachbarn zu kontaktieren und die Pläne vorzustellen.
Bauvoranfragen schon 2019 positiv beschieden
Zu hoch und zu groß finden einige Bewohner der kleinen Siedlungs- sowie freistehenden Ein- und Zweifamilienhäuser das, was neu in zweiter Reihe entsteht beziehungsweise entstanden ist. „Jetzt wird hier alles zugepflastert“, empört sich eine Frau. Als ihre Familie vor Jahren im Hinterland in bescheidenen Ausmaßen habe bauen wollen, sei das seitens der Stadt nicht erlaubt worden.
Die Baugenehmigungen gehen auf positiv beschiedene Bauvoranfragen aus Mai 2019 zurück, sagt die Bauverwaltung. Zum einen entstand gerade ein zweieinhalbgeschossiges privates Wohnhaus mit zwei Wohneinheiten sowie ein von einem Investor finanziertes zweigeschossiges Gebäude mit Staffelgeschoss und drei Wohneinheiten. Platz ist noch für ein drittes Bauvorhaben, so die Stadt.

Eines der nach dem Krieg gebauten Siedlungshäuser, das noch von viel Grün umgeben ist. Laut politischem Willen soll hier nicht nachverdichtet werden, vielleicht sollte die Stadt über Denkmalschutz nachdenken. © Schrief
Orientierungspunkt für die Bauherren ist ein erster Lückenschluss aus dem Jahr 2008: Damals baute ein Investor auf der Ecke Oderstraße/Gildenstraße gegenüber der Marienkirche einen Komplex mit mehreren Wohnungen.
„Wie mancherorts gebaut wird, gefällt nicht jedem“
Die Anwohner ärgern sich über Lückenschlüsse und Hinterlandbebauung, empfinden sie als „Unverschämtheit“. „Das ist kein schöner Anblick“, regt sich eine Nachbarin über die Veränderungen in ihrer alten Siedlung auf.
Die andere Seite der Oderstraßen-Siedlung soll nach politischem Willen unangetastet bleiben. Unter Denkmalschutz aber steht dieser Bereich nicht.
Bürgermeister Andreas Stegemann beobachtet natürlich auch, wie wegen der Baulandknappheit und einem umkämpften Immobilienmarkt in Haltern gewachsene Wohnbereiche immer häufiger nachverdichtet werden. Er versteht sehr wohl, dass die Menschen bei Bauvorhaben sensibler geworden sind. Wie mancherorts gebaut werde, gefalle nicht jedem. Mit Blick auf die Projekte in der Oderstraße gebe es allerdings nichts zu beanstanden.
In einem Gespräch mit der Halterner Zeitung betonte Stegemann, dass es mittlerweile einen Sinneswandel bei der Bauverwaltung gebe. Früher sei relativ viel genehmigt worden, jetzt sei die Bauverwaltung stringenter. Da werde auch auf Bauwillige eingewirkt, um bestmögliche Ergebnisse zu erreichen. „Aber es gibt eben auch ein Baurecht.“
Haltern am See ist für mich Heimat. Hier lebe ich gern und hier arbeite ich gern: Als Redakteurin interessieren mich die Menschen mit ihren spannenden Lebensgeschichten sowie ebenso das gesellschaftliche und politische Geschehen, das nicht nur um Haltern kreist, sondern vielfach auch weltwärts gerichtet ist.
