Wenn alle gleichzeitig im Internet surfen, geht nichts mehr, v.l: Manfred Janßen, Andreas und Michaela Echterhoff, Eugen Noschka, Marcus Meyer, Yvonnne Noschka und Uwe Oenning aus der Straße Hohes Ufer.

Wenn alle gleichzeitig im Internet surfen, geht nichts mehr, v.l: Manfred Janßen, Andreas und Michaela Echterhoff, Eugen Noschka, Marcus Meyer, Yvonnne Noschka und Uwe Oenning aus der Straße Hohes Ufer. © Jürgen Wolter

Baufirma rückt wieder ab: Weiter kein schnelles Internet für Flaesheimer

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Seit fünf Jahren kämpfen Anwohner am Hohen Ufer in Flaesheim um schnelles Internet, bisher immer vergebens. Jetzt rückte eine Baufirma, die schon da war, unverrichteter Dinge wieder ab.

Haltern

, 19.05.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Eine Mail an unsere Redaktion unterschreibt Manfred Janßen mit „Viele Grüße aus einem grauen Fleck“. Janssen wohnt in Flaesheim an der Straße Hohes Ufer. Er und seine Nachbarn haben bis heute keine schnelle Internetverbindung. Jetzt musste sogar eine Baufirma wieder abrücken, ohne tätig werden zu können.

Zwei Glasfaserkabel führen hinter ihren Gärten an der Flaesheimer Straße entlang, angeschlossen sind die Anwohner der Straße Hohes Ufer aber an keines von beiden. Das erste Angebot der Deutschen Glasfaser war zu teuer, bei der Förderung im Rahmen des „Weiße Flecken“-Programms verhandelten sie gerade mit einem anderen Anbieter und fielen deshalb aus der Förderfähigkeit heraus. Auch die Eigeninitiative hat sich zerschlagen, deshalb ist bis heute die Situation problematisch.

Cloud, Update, Streaming: Alles hakt und ruckelt

Manfred Janßen hatte schon vor einem halben Jahr nachgemessen: 0,8 bis 3,8 Mbit pro Sekunde betrug die Übertragungsgeschwindigkeit. Für die meisten Aufgaben heute viel zu wenig. Videokonferenzen sind nicht möglich, Software-Updates können mehrere Tage dauern, „wenn sie nicht unterwegs zusammenbrechen“, so Manfred Janßen.

An der Straße Hohes Ufer gibt es nach wie vor kein schnelles Internet.

An der Straße Hohes Ufer gibt es nach wie vor kein schnelles Internet. © 3D Ruhr

Cloud-Angebote und Streaming-Dienste können nicht genutzt werden oder nur sehr eingeschränkt. „Je mehr Anwohner das Internet nutzen, desto langsamer wird die Verbindung“, so Manfred Janssen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Gerade durch Corona habe sich die Internutzung auch beruflich deutlich verstärkt. Da seien sie inzwischen deutlich abgehängt, beklagen die Anwohner.

Manfred Janßen schildert seinen nächsten vergeblichen Versuch: „Da es keinen Fortschritt bei der Breitbandanbindung und auch keine Hilfe der Stadt gab, habe ich nun die Telekom ‚gezwungen‘ im Rahmen der Grundversorgungspflichten unser Haus mit einem Telefonanschluss, über den wenigsten 6 Mbit stabil bereitgestellt werden könnten, anzuschließen“, sagt er.

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„Das Team der Telekom ‚Bauherren‘ hat daraufhin auch eine Tiefbaufirma beauftragt, welche vor 4 Wochen dann auch mit Einsatzfahrzeug und Bagger anrückte. Nach einem kurzen Blick auf die Pläne, stellte die Baufirma jedoch fest, dass in der Straße Hohes Ufer nicht einmal ein Telefonkabel der Telekom liegt.“

Bagger wurde wieder aufgeladen

Es hat sich dabei herausgestellt, dass alle Häuser, die in unserer Straße einen Telefonanschluss haben, über die Flaesheimer Straße angebunden wurden. Der Bagger wurde also wieder aufgeladen und kein Internet wurde angeschlossen. „Ich habe nun die Option im Rahmen der Grundversorgungspflicht die Telekom für geschätzt 11.000 Euro zu zwingen, einen 54 Meter langen Graben quer durch mein Grundstück ziehen zu lassen, um eine Telefonnummer und 6 Mbit Internetleitung zu bekommen“, so Janßen.

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Diese Option will Manfred Janßen aber nicht ziehen. Solange sein Anschluss als Bauvorhaben der Telekom geführt wird, erhält er Internet über eine Funkstrecke. „Auch nicht ausreichend, weil instabil, aber schon besser“, sagt er.

Auf eine schnelle Internetverbindung warten die Anwohner jetzt schon seit fünf Jahren.

Auf eine schnelle Internetverbindung warten die Anwohner jetzt schon seit fünf Jahren. © picture alliance/dpa

Die Grundvoraussetzungen für schnelles Internet haben sich allerdings inzwischen geändert: Die Bundesregierung hat ein Recht auf schnelles Internet beschlossen. Demzufolge muss künftig überall in Deutschland Festnetz-Internet im Download eine Rate von mindestens 10 Megabit pro Sekunde haben und im Upload 1,7 Megabit pro Sekunde.

Es gibt inzwischen ein Recht auf schnelles Internet

„Digitalpolitisches Kernziel der Bundesregierung ist es deshalb, gigabitfähige Internetverbindungen für alle Haushalte und Unternehmen in Deutschland zu schaffen. In Gebieten, in denen sich der Ausbau nicht rentiert und ein Marktversagen festgestellt wird, unterstützt die Bundesregierung mit einer Neuauflage der Breitbandförderung, dem sogenannten Graue-Flecken-Förderprogramm“, schreibt dazu das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) von Minister Volker Wissing (FDP).

Dafür werden 12 Milliarden Euro bereitgestellt. Davon werden 50 bis 70 Prozent der Kosten abgedeckt. Die Bundesländer sollen sich zusätzlich beteiligen. Die Stadt Haltern wartet noch auf die Zusage der Landesmittel und will dann einen Antrag auf Mittel aus diesem Fördertopf stellen, informiert Stadtsprecherin Sophie Hoffmeier.

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Federführend bei der Umsetzung ist dabei der Kreis Recklinghausen. „Wir führen das Verfahren in enger Abstimmung mit den Kommunen durch“, sagt Kreissprecherin Svenja Küchmeister. „Ein Markterhebungsverfahren, in dem der Bedarf ermittelt wird, ist bereits eingeleitet.“

Die Anwohner am Hohen Ufer bleiben nach den gemachten Erfahrungen aber skeptisch. Der Förderantrag könnte letztlich wieder nur ein Verwaltungsakt sein, „damit man etwas getan hat und das bedeutet für uns auch in den nächsten drei Jahren keine Aussicht auf die dringend benötigte Anbindung an schnelles Internet“, befürchten sie. Letztlich bleibe alles wie es war: Es fehlten kompetente Ansprechpartner für konkrete Lösungen, an denen sich die Bewohner auch finanziell beteiligen würden, wenn das ihr Problem lösen würde.

„Wir vermissen Entscheidungskompetenz“, sagt Manfred Janßen. „Mit dem neuen Verfahren werden jetzt wieder Jahre ins Land gehen und wer weiß, ob wir dann am Ende etwas davon haben.“