Auch Halterner Feuerwehrleute mit Gewalt konfrontiert Wachleiter Schulte: „Hemmschwelle sinkt“

Wachleiter Schulte zur Gewalt gegen Feuerwehrleute: „Hemmschwelle sinkt“
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Rufe nach einem Böllerverbot und verschärften Schutzmaßnahmen für Einsatzkräfte werden derzeit wieder laut, nachdem es in der Silvesternacht deutschlandweit schwere Übergriffe gegen Feuerwehrleute und Polizeibeamte sowie zahlreiche verheerende Feuerwerksunfälle gegeben hat.

Auch der Leiter der hauptamtlichen Feuer- und Rettungswache in Haltern, Werner Schulte, weiß über Gewalt gegen ihn und seine Kollegen zu berichten. Im Kampf gegen solche Vorfälle formuliert er eine klare Forderung.

Zum Jahreswechsel mussten die Einsatzkräfte sieben Mal mit dem Rettungswagen ausrücken, berichtet Schulte. Diese Einsätze seien allerdings nicht auf Feuerwerksunfälle, sondern vielmehr auf Alkoholmissbrauch zurückzuführen gewesen.

Außerdem wurden drei Brandschutz-Einsätze gefahren. So hatten eine Hecke und eine Baumkrone leicht Feuer gefangen. Besonders ärgerlich war aber ein gegen 3 Uhr mutwillig ausgelöster Alarm, bei dem es sich um einen angeblichen Wohnungsbrand handeln sollte. „Das war ein Fake-Alarm“, sagt Werner Schulte.

Der Leiter der Wache kritisiert das Verhalten der unbekannten Täter nicht nur, weil die Kollegen aus ihrer Freizeit heraus umsonst alarmiert worden seien. Die Männer wären bei einem Ernstfall dringend gebraucht worden, sagt er. „Wir helfen gerne, aber das war ein übler Scherz“, so Schulte.

„Gewalt das ganze Jahr über“

Mit gewalttätigen Attacken hätten die Halterner Feuerwehrleute zwar in der vergangenen Silvesternacht keine Probleme gehabt. Schulte betont aber auch: „Generell erfahren die Feuerwehrleute in Haltern das ganze Jahr über Gewalt.“

Die Hemmschwelle der Menschen, sich gewalttätig zu verhalten, sei in den vergangenen zehn Jahren gesunken. „Die Akzeptanz der Rettungskräfte in der Gesellschaft gerät zunehmend ins Hintertreffen“, meint der Feuerwehrmann.

Feuerwehrmänner löschen in der Silvesternacht in Berlin einen Reisebus.
Feuerwehrleute löschen in der Silvesternacht in Berlin einen Reisebus, der von Unbekannten angezündet worden war. © dpa

Am häufigsten kämen verbale Beleidigungen vor. Da würden Feuerwehrleute beispielsweise schon mit übelsten Schimpfwörtern beim Einsatz begrüßt. Schulte erinnert sich zum Beispiel an den Fall, als ein Einsatzfahrzeug eine private Einfahrt blockierte. Der Grundstücksbesitzer, der mit seinem Fahrzeug nicht daran vorbeikam, habe kein Verständnis für den Notfall gezeigt und sei direkt in verbale Attacken abgedriftet.

Verbale Drohungen

Auch mit Drohungen sehen sich die Rettungsdienstler immer wieder konfrontiert. Schulte beschreibt den Fall, in dem ein Kollege, der mit dem Rettungswagen im Einsatz war, sogar geschlagen wurde. „Er bekam einen Faustschlag ins Gesicht.“

Ob eine Bodycam für Feuerwehrleute, wie sie in Deutschland bereits zum Teil bei Feuerwehr und Polizei eingesetzt wird, hier der richtige Weg zur Lösung des Problems ist, wagt Schulte nicht zu beurteilen - auch wenn er befürchtet, dass diese die Feuerwehrleute zu sehr vom Einsatz ablenken würde. Grundsätzlich aber habe die Halterner Feuerwehr noch keine Erfahrungen mit der Bodycam gemacht.

Polizeibeamte in Berlin stehen hinter explodierendem Feuerwerk.
Polizeibeamte in Berlin stehen hinter explodierendem Feuerwerk. Die Einsatzkräfte wurden mehrfach angegriffen. © dpa

In der Frage, wie das Gewaltproblem in den Griff zu bekommen ist, meint Werner Schulte: „Attacken gegen Einsatzkräfte müssen schneller und restriktiver geahndet werden.“ Wenn nicht zu viel Zeit bis zu einem Urteil verstreiche, bleibe der kausale Zusammenhalt zwischen Tat und Strafe für den Täter erhalten. Er habe dann noch einen Bezug zu seiner Tat.

Gegen generelles Böllerverbot

Auch angesichts der Attacken gegen Feuerwehr und Polizei sowie zahlreicher Böller-Unfälle spricht sich der Halterner nicht für ein generelles Böllerverbot aus. „In Großstädten mag es vielleicht sinnvoll sein, nur noch zentrale Feuerwerke zuzulassen, für Haltern wäre das aber sicher nicht der richtige Weg“, erklärt Werner Schulte.

In der Seestadt gehe es ja auch vergleichsweise sehr ruhig zu. Bei einem Verbot sei zudem die Gefahr groß, dass Bürger sich ihr Feuerwerk selbst bauen oder aber nicht zertifizierte Ware besorgen würden. „Das ist sicher noch gefährlicher.“