Halterns Kulturszene ist vielfältig. In der Rubrik „Kulturecke“ geben wir lokalen Künstlern, Bands und Musikvereinen eine Plattform. Heute: Carving-Künstlerin Anja von Grünhagen.

von Stephan Sandkühler

Haltern

, 11.04.2021, 12:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wer durch die Bauernschaft Tannenberg fährt und das Zuhause von Anja von Grünhagen sucht, findet dieses schnell: Vor der langen Einfahrt ragen zwei aufsehenerregende Holzskulpturen heraus. Die Pudeldame Flora begrüßt einen herzlich, gefolgt von Anja und ihrem ansteckenden Lachen. „Komm ich zeige dir meine Werkstatt und meine Sägen“, begrüßt sie Besucher. Anja von Grünhagen betreibt ein ungewöhnliches Hobby - Carving. Das Chainsaw Carving kommt ursprünglich aus den USA/Kanada und bedeutet nichts anderes, als mit Hilfe von Kettensägen Skulpturen aus Baumstämmen zu fertigen.

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Das Tor zur Werkstatt, neben ihrem Elternhaus, steht weit offen. Stolz erklärt sie die einzelnen Kettensägen und den Unterschied zwischen einem klassischen Sägeschwert und einer Carvingschiene. „Angefangen hat alles, als ich vor zehn Jahren eine Kettensäge zum Geburtstag geschenkt bekommen habe“, erzählt sie.

„Ich hatte im Fernsehen, bei Stefan Raab, gesehen, wie der damalige Deutsche Meister in wenigen Minuten eine Eule schnitzte. Ich war total begeistert. Diese Art der Kunst, alten Bäumen wieder ein neues Gesicht zu geben, fand ich einfach faszinierend.“

„Unglaublich positive Resonanz“

Kurz darauf fing sie an, sich selbst auszuprobieren. Nach ein paar Übungsstunden und Besuchen auf unterschiedlichen Carving-Veranstaltungen als Zuschauer probierte sie sich das erste Mal an einem größeren Baumstamm aus. „Ich weiß noch, dass hier unten im Hof mein Vater kopfschüttelnd an mir vorbeiging.“

Anja von Grünhagen lacht: „Aber dann war diese abstrakte Skulptur fertig und in der Nachbarschaft hat sich das sofort rumgesprochen. Ich bekam eine unglaublich positive Resonanz.“ Der Grundstein war gelegt. Die Lust auf mehr war geweckt.

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Als ihre Tochter Jule im Kindergarten das Kinderbuch „Pettersson und Findus“ behandelte, hatte Anja die Idee, sich an den kleinen Findus zu wagen. Die entstandene Findus-Skulptur entdeckten Jules Kindergartenfreundinnen. Die Begeisterung war riesig und so ging die Figur als Geschenk an die Kindereinrichtung und thront dort noch heute im Gruppenraum.

Viele Menschen kennengelernt

Weitere Sägen wurden gekauft, Schnitzwerkzeuge angeschafft und vor allem Kontakte geknüpft. „Die Carving Szene ist eine kleine Welt für sich“, erzählt Anja weiter und sie strahlt, als sie von ihrem ersten Carving Cup 2014 bei Holzwurm-Mario in der Oberlausitz erzählt. „Man lernt so viele unterschiedliche Menschen kennen und das ist doch das, was unsere Gesellschaft so spannend macht.“

2016 organisierte Anja von Grünhagen mit Freunden und mit der Unterstützung des Forsthofes Haard den ersten Halterner Carving-Cup am Holzkohlenmeiler in Flaesheim. Obwohl sie an verschiedenen Speed-Carving Wettbewerben und der Deutschen Meisterschaft im Carving teilnahm, steht für Anja von Grünhagen der Wettbewerbsgedanke gar nicht so sehr im Vordergrund.

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„Mich künstlerisch austoben zu können, dass ist es, was mich treibt.“ Sie trägt bei ihrem Wirken Gehörschutz. „Aber mit integriertem Radio,“ grinst sie. „Zusammen mit meinen Sägen, einem Holzstamm und der Musik kann ich stundenlang abtauchen. Ich bin dann in meiner eigenen kleinen Welt. Ich schalte so vollkommen ab.“

Immer mehr Anfragen

Im Alltag schlendert sie oft mit ihrer braunen Pudeldame Flora und älteren Menschen über die Rekumer Straße. „Ich betreue Ältere, auf Hilfe angewiesene Menschen und Flora hilft mir dabei.“ Dabei werden ihre Anfragen für Auftragsarbeiten immer mehr.

Wer mit offenen Augen durch die Seestadt geht, wird Werke von Anja von Grünhagen überall entdecken. Ob im Erlebnisbiergarten Jupp, am Meiler in Flaesheim oder demnächst auch am Lebensbaumhein im Sundern. Kreativität selbst ausleben, aber auch andere für dieses Hobby begeistern, dass liebt Anja von Grünhagen. Vor der Corona-Zeit hat sie regelmäßig Carving-Kurse angeboten.

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„Das ist spannend,“ berichtet sie. „Wenn man sieht, wie sich auf einer anfangs recht hektischen Gruppe im Laufe des Tages eine große Entspannung legt und ein reger Austausch stattfindet, dann ist das schon genial.“ Corona-bedingt liegen solche Kurse auf Eis, auch geplante Veranstaltungen müssen entfallen.

Aber Anja von Grünhagens künstlerische Kreativität und lebensbejahende Neugier tut das keinen Abbruch. „Die Dinge sind wie sie sind“, sagt sie. Am 16. Mai will sie sich im Rahmen des Tags der offenen Museen mit ihren Skulpturen präsentieren. Mehr Infos unter: www.anja-vongruenhagen.de

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