150 Jahre Kortenkamp: „Bücher zu verkaufen, war immer das Schönste“

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150 Jahre Kortenkamp: „Bücher zu verkaufen, war immer das Schönste“

rn1869 gegründet

1869 gründete Alexander Kortenkamp seine Buchbinderei in Haltern. 2019 feiert die heutige Buchhandlung Kortenkamp ihr 150-jähriges Bestehen.

Haltern

, 05.01.2019, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

„Änne Kortenkamp hat noch erlebt, wie dieses Geschäft eine reine Buchhandlung wurde“, sagt Hanne Kortenkamp und blickt auf die Chronik vor sich, mit einem Lächeln der Erinnerung auf den Lippen. Was vor weniger als fünf Jahrzehnten ein höchst moderner und wirtschaftlich mutiger Schritt war, erfordert heute wieder vergleichbares Engagement, die Hoch-Zeiten des Buches drohen vorbei zu sein - in ständiger Konkurrenz zu schnellem Wort-Konsum im Internet und durch Zusatzbelastungen in der anders belegten Arbeits- und Freizeit der Menschen.

Lieblingsbücher

Diese Literatur lesen die Kortenkamps am Liebsten

  • Norbert Kortenkamp: „Ich lese am liebsten Kriminalgeschichten wie zum Beispiel die historisch-irischen von Peter Tremayne.“
  • Hanne Kortenkamp: „Meine Lieblingsautorin ist Ingrid Noll.“
  • Andrea Timm-Kortenkamp: „Ich lese gerne Alex Camus und Judith W. Taschler.“
  • Anne Heine-Hagen: „Ich lese gern spannende Thriller, aber noch lieber Bücher für ‚junge Erwachsene‘, die spielen bei uns im Laden eine große Rolle.“

Aber: Der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller, hat unlängst gesagt, Buchhandlungen und Verlage arbeiten hart daran, das Buch wieder stärker zu den Menschen zu bringen. Die Zuversicht ist also ungebrochen. Trotz anhaltend rückläufiger Umsätze hofft der deutsche Buchhandel in diesem Frühjahr auf einen Aufwind.

Zu verdanken ist diese Zuversicht auch Frauen wie Anne Heine-Hagen, die heute die Buchhandlung leitet und mit ihren Eltern und ihrer Schwester Andrea aus den alten Schwarzweiß-Aufnahmen die besten für diese Berichterstattung aussucht. Das Team ist belesen, empfiehlt am liebsten nur die Werke, die die Mitarbeiterinnen selbst gelesen haben.

Die Familie Kortenkamp beim Betrachten einiger alter Fotos. Von links: Norbert und Hanne Kortenkamp, Anne Heine-Hagen und Andrea Timm-Kortenkamp.

Die Familie Kortenkamp beim Betrachten einiger alter Fotos. Von links: Norbert und Hanne Kortenkamp, Anne Heine-Hagen und Andrea Timm-Kortenkamp. © Mareike Graepel

Schwierige Zeiten

„Das war schon früher so“, sagt Norbert Kortenkamp. „Ich habe eine sehr laute Stimme – was meine Frau schon damals amüsiert hat – und wenn ich einem Kunden ein Buch empfahl, ach, dann kam so manch anderer direkt zu uns herüber und wollte das Buch auch kaufen.“

Aber die Zeiten, das wissen alle hier am Tisch, in denen man 270 Exemplare eines einzigen Buches im Nu verkaufte – „Wisst ihr noch, so war das bei ‚Der Schamane‘?“ fragt Hanne Kortenkamp in die Runde –, die mögen vorbei sein. „Aber die Verantwortung, welche Bücher man auswählt unter den zahllosen, die jedes Jahr auf den Markt kommen, die hat man seinen Kunden gegenüber auch heute noch,“ sagt Andrea Timm-Kortenkamp. „Oder jetzt erst recht.“

FOTOSTRECKE
Bildergalerie

Historische Bilder der Buchhandlung Kortenkamp

Die Buchhandlung Kortenkamp im Wandel der Zeit.
04.01.2019

Ihre Oma, die die Buchhandlung nach dem frühen Tod ihres Mannes und dem Verlust zweier Söhne im Zweiten Weltkrieg, allein führte, war wohl eine sehr starke Frau. Obwohl das Haus durch Bomben zerstört wurde und sie dann nur mithilfe „des tollen Lehrmädchens Ina Frühling“ (Hanne Kortenkamp) den Laden allein führen und den Wiederaufbau schaffen musste. „‚Änne‘ hatte einfach keine Zeit zum Meckern, damals hat man einfach durchgehalten, auch wenn man wie sie mit einem 12-Jährigen allein da stand“, sagt Hanne Kortenkamp. „Sie hat das Buch als Kulturgut geschätzt und war froh, dass das hier kein kultureller Gemischtwarenladen mehr war.“

1976 starb ihre Schwiegermutter und Norbert Kortenkamp übernahm mit seiner Frau die Buchhandlung. „Ich habe eigentlich Industriekauffrau gelernt, und mein Vater hatte eine Schreinerei. Aber als wir geheiratet haben, musste ich einfach mitmachen hier.“ Norbert Kortenkamp lacht und nickt: „Ging ja wunderbar!“

Auch nach Ladenschluss wird gearbeitet

Wer heute durch die Tür kommt, die große, helle und mit Bücherregalen an allen Wänden und Bücherstapeln in den großen Fenstern ausgestattete Buchhandlung betritt, sieht schnell: Ja, hier gibt es lauter bunte, schlichte, kleine, große, dicke, dünne, teure, günstige, kluge und lustige, spannende und traurige, gut ausgesuchte und sie alle sind vollgepackt mit Buchstaben, Worten, Sätzen. Oft wurde – und wird – hier auch nach Ladenschluss gearbeitet, die gesamte Familie „lebt“ förmlich das Prinzip Buchhandlung. War es früher vor allem der bürokratische Teil, der abends gemacht wurde, ist es nun häufig Zusatzprogramm in Form von Lesungen oder Angeboten wie „Einschließen und Genießen“.

Damals wie heute ist die Buchhandlung Anlaufpunkt für viele Menschen mit Fragen, auf der Suche nach Büchern und Informationen. „Als Buchhändler ist man auch mal Seelenklempner, viele Menschen wollen einfach nur erzählen“, sagt Andrea Timm-Kortenkamp, die mittlerweile im Verlagsaußendienst tätig ist. „Die Kundenbeziehung ist eben ein wenig anders als in anderen Geschäften.“ Da kam es auch schon mal vor, dass mit Herrn Ring ein Lavesumer Lehrer fast täglich herkam. „Wisst ihr noch, er hat immer sein Butterbrot und eine Banane mitgebracht? Er war so oft hier, wir durften hinterher ‚Herbert‘ zu ihm sagen.“

So sieht die Buchhandlung Kortenkamp heute aus.

So sieht die Buchhandlung Kortenkamp heute aus. © Mareike Graepel

Buchhandlung ist ein Zuhause

Die Buchhandlung war und ist nicht nur Geschäft, sondern auch ein Zuhause. Die Erinnerung an die Kindheit ist für Anne Heine-Hagen und ihre Schwester noch sehr lebendig: „Bei uns war hier immer ‚Haus der Offenen Tür‘, alle kamen zu uns, das war schön.“

An die Arbeit denkend, weiß Hanne Kortenkamp von ihrer liebsten Erinnerung zu berichten: „Ach, ich mochte die Samstage immer am liebsten, da mussten wir keine Warenkartons auspacken und Regale einräumen oder Bücher sortieren – da haben wir uns schick gemacht und in unserer besten Kleidung einfach nur Bücher verkauft. Das war das Schönste!“

Das Jubiläumsjahr-Programm:
  • Schlagfertigkeitsqueen - Lesung mit Nicole Staudinger, 11. Januar (ausverkauft) und 18. Januar (Restkarten) 2019, 19.30 Uhr, 12 Euro, Buchhandlung Kortenkamp
  • Der Fall des Hauses Ascher - Elektronisches Lesekonzert nach einer Novelle von Edgar Allan Poe, 24. Januar 2019, 19.30 Uhr, 15 Euro, Buchhandlung Kortenkamp
  • Luzifer Junior: Zu gut für die Hölle - Lesung mit Jochen Till, (für die jüngeren Kunden), 22. Februar 2019, 19 Uhr, 6 Euro, Buchhandlung Kortenkamp
  • Beckfelds Briefe 3 - Lesung des Ruhrnachrichten-Chefredakteurs Hermann Beckfeld, 29. März 2019, 19.30 Uhr, 10 Euro, Buchhandlung Kortenkamp
  • Vanitas - Schwarz wie Erde - Lesung mit Ursula Poznanski, 9. April 2019, 19.30 Uhr, 15 Euro, Buchhandlung Kortenkamp
  • Klassenreise mit Miss Braitwhistle - Lesung mit Sabine Ludwig, (für die jüngeren Kunden), 10. Mai 2019, 19 Uhr, 6 Euro
  • Kein Wunder - Lesung mit Frank Goosen, 28. Mai 2019, 19.30 Uhr, 15 Euro, Aula des Schulzentrums
  • Todesspiel im Hafen / Sommerfeldt räumt auf - Lesung mit Klaus-Peter Wolf, 11. November 2019, 19.30 Uhr, 15 Euro, Aula des Schulzentrums
  • Oh du Tödliche - Kriminelle Weihnachtslesung mit verboten guter Musik, 5. Dezember, 19.30 Uhr, 15 Euro, Buchhandlung Kortenkamp