Thomas Jäger gründet den „Fleppenfriedhof“ Der alte Führerschein als Zeugnis eines Lebensgefühls

„Fleppenfriedhof“: Der alte Führerschein als Zeugnis eines Lebensgefühls
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Der Abschied tut vielen weh: Der alte Führerschein ist für sie mehr als ein Stück Papier. Thomas Jäger und Michael Rosenkranz würdigen den alten „Lappen“ nun mit dem Fleppenfriedhof im Netz und wollen dem Dokument, das für sie viel mehr ist als ein Stück Papier, ein würdiges Andenken bereiten.

Die beiden Freunde haben die 60 überschritten und sind jetzt dran: Sie sollen ihre alten Führerscheine abgeben. Was Jäger eigentlich nicht will. Schließlich seien die alten Führerscheine nicht bloß ein Dokument, sondern eine Erinnerung an eine Ära: an das erste Auto, an die Mode, an die erste Freundin. Die beiden Schulfreunde aus Marsberg „verarbeiteten“ den vorgesehenen Abschied auf ihre Weise und gründeten besagte Seite im Netz: https://fleppenfriedhof.de/. Die Idee kam den beiden nach ein, zwei Bier, wie sie sagen.

„Willkommen bei der letzten Ruhestätte deines Führerscheins“: Dieser Satz empfängt die Besucher der Internetseite. Und: „Lass deine alte Fleppe hier begraben – und teile deinen Schmerz mit der Welt.“ So einige haben das inzwischen getan. Es gibt einen formellen Antrag auf eine „Grabstätte“, sogar eine „Friedhofsordnung“ – und den ausdrücklichen Hinweis, dass alles „nicht ganz ernst gemeint ist“.

Ernst meinen es die beiden Organisatoren mit dem Datenschutz: Niemand müsse Sorge haben, dass die kompletten Namen oder Mailadressen erscheinen. Jäger: „Es klicken viele, aber nicht so viele laden tatsächlich ihre Fotos hoch.“ Es könnten mehr sein, sagt der Wellinghofer, er jedenfalls sei bereit für mehr. Seit kurzem ist er in Rente.

„Hasta la vista Fleppe" - Die Startseite des „Fleppenfriedhofs“ im Netz.
„Hasta la vista Fleppe“: Die Startseite des „Fleppenfriedhofs“ im Netz. © Screenshot

Dennoch – oder gerade deshalb – haben die beiden Schulfreunde viel Zeit in ihr Projekt investiert, neun Monate, sagt Thomas Jäger, der heute im Dortmunder Süden zuhause ist. „Ich mag so absurde Ideen, bei denen man den Sinn nicht sofort erkennt. Und ich mag dieses graue Ding, das ich nun abgeben soll.“ Jäger ist inzwischen im Ruhestand und hat, wie er sagt, „nun Zeit für sinnvolle, sinnlose Dinge“.

Er kann sich noch gut an seine Führerscheinprüfung erinnern: „Ich weiß noch, dass es ein Montag war. In der Nacht zuvor habe ich die Rocknacht im WDR gehört und dabei für die Prüfung gelernt.“ Das Lernen mit Rocknacht war erfolgreich. Knappe 400 Mark hat Jäger damals für den Führerschein bezahlt.

Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit

Mit dem „Lappen“ sind für die beiden Männer viele Erinnerungen verbunden: Zum Beispiel die Chance, damals endlich auf vier Rädern eigenständig raus zu kommen aus dem sauerländischen Städtchen, ab in die Disco im Nachbardorf; das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit. Die erste Freundin auf dem Beifahrersitz, laute Musik.

Fleppenfriedhof de
Jägers Führerscheinbild rechts, neben ihm sein Freund Michael und seine heutige Frau Tina. © Screenshot Linnhoff

Trabant, Rekord, Käfer

Für die alten Führerscheine haben Jäger und Rosenkranz nun dafür gesorgt, dass sie vielen im Gedächtnis bleiben werden: übrigens fast immer mit einer kleinen Geschichte über den ersten fahrbaren Untersatz. Und so finden sich hier Angela und ihr Trabant, Pittys Opel Kadett, Stoffels himmelblauer Käfer und Torstens Opel Rekord. „Die Fotos sind oft der Knaller“, sagt Thomas Jäger. Sein erstes Auto war ein R4; „kurz nach der Jungfernfahrt übrigens geschrottet“, berichtet der 64-Jährige heute lachend.

Für Jäger und Michael Rosenkranz ist die Umtauschfrist für ihre Führerscheine Anfang des Jahres abgelaufen. Immerhin: Ihre graue „Fleppe“ darf ja wieder nach Hause – wenn auch amtlich mit dem Stempel „ungültig“ versehen. Privat wird die „Fleppe“ für Jäger und Rosenkranz ihre Gültigkeit und Bedeutung ganz sicher nie verlieren.

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