
© Holger Bergmann
„Zugewandte“ Front: Herbert Vogel zahlt mehr Geld für nichts
Straßenreinigungsgebühren
Immer mehr Dortmunder melden sich, deren Straßenreinigungsgebühr an die neue Gesetzgebung angepasst wurde. Auch Herbert Vogel aus Bövinghausen muss jetzt mehr zahlen, ohne mehr zu bekommen.
Die Stadt Dortmund passt gerade die Veranlagung von Grundstücksbesitzern zur Straßenreinigung an die neue Gesetzgebung an. Die besagt, dass Grundstücksbesitzer nicht nur die Straßenreinigung für die Grundstückfronten zahlen müssen, die an die Straße grenzen, sondern auch die, die der Straße nur „zugewandt“ sind.
Das hat für einen Aufschrei unter den Betroffenen gesorgt. Auch bei Herbert Vogel in Bövinghausen. Es geht nicht um viel Geld. Aber um Geld, dass er zahlen muss, ohne eine Gegenleistung zu bekommen.
Seit 41 Jahren wohnt er mit seiner Frau an der Bövinghauser Dorfstraße, in einem von acht Reihenhäusern. Schon immer zahlte er Straßenreinigungsgebühr für sechs Meter angrenzende Frontlänge zur Straße, obwohl sein Grundstück nur 5,25 breit ist.
Frustrierendes Schreiben von der Stadt
Dagegen hat er nie Einspruch eingelegt, die Differenz war ihm zu klein. Mit Dankbarkeit seitens der Stadt hat er nie gerechnet. Doch das Schreiben vom Ende März dieses Jahres hat ihn besonders frustriert.

Mit diesem Plan erklärt das Steueramt Dortmund Herbert Vogel die neue Berechnung seiner Straßenreinigungsgebühren. Die rote Linie zeigt seine Grundstücksfront, die grüne Linie die neu entdeckte „zugewandte Front“. © Holger Bergmann
Denn da schrieb ihm die Stadt Dortmund, dass auch sein Grundstück eine der Straße zugewandte Front hat, für die er nach neuer Rechtsprechung Straßenreinigungsgebühr zu zahlen hat.
Diese zugewandte Front entdeckte ein Sachbearbeiter auf dem Garagenhof der acht Reihenhäuser. Die Fläche, auf der die Garage steht, ist nicht angemietet, sondern Eigentum.
Zugewandte Front
Außerdem steht die Garage in einem Winkel von weniger als 45 Grad zur Straße und deshalb handelt es sich um eine der Straße „zugewandte“ Front.
An dieser Stelle wird es ein wenig seltsam. Die Garage ist nämlich drei Meter breit, es werden aber vom Steueramt nur zwei Meter berechnet. „Das gleicht sich aus“, sagt Vogel. Zu den falschen sechs Metern kommen zwei weitere falsche Meter hinzu.
Bei einer korrekten Rechnung müssten fünf Meter Grundstück und drei Meter Garage berechnet werden. „Das macht auch acht Meter“, so Vogel.
Mehr Geld zahlen, ist kein Sparen
Das Argument der aktuellen Gesetzgebung lautet: Wenn man alle angrenzenden und zugewandten Fronten addiert und stadtweit mit den real gereinigten Straßenfrontlängen verrechnet und teilt, zahlt jeder Grundstücksbesitzer weniger als für seine volle Frontlänge.

Durch die Äste kann man die Geragenwand von Herbert Vogel erkennten. Die Front kann keine Kehrmaschine der Welt reinigen. © Holger Bergmann
Die Rechnung bei Herbert Vogel lautet: Bei einem Gebührensatz von 6,74 Euro pro Meter Front müsste der Bövinghauser für acht Meter eigentlich jährlich 53,92 Euro bezahlen. Die Stadt berechnet ihm aber nur 40,44 Euro.
Weil angrenzende und zugewandte Fronten in ganz Dortmund miteinander verrechnet werden, zahlt Vogel also effektiv nur für sechs Meter Frontlänge. Das hört sich nach einem Spartarif an. Sechs statt acht.
Kein richtiges Schnäppchengefühl
Doch sechs Meter hat Vogel ja schon vorher bezahlt, statt der 5,25 Meter, die sein Grundstück in Wirklichkeit nur misst. Und diese 40,44 Euro sind trotzdem zehn Euro mehr, als er vorher zahlen musste.
Deshalb kommt bei Herbert Vogel und seinen Nachbarn kein richtiges Schnäppchen-Gefühl auf. „Man fühlt sich betrogen“, sagt Vogel. Sie haben gemeinsam Widersprüche gegen ihren Gebührenbescheid eingereicht.
Ende Juli kamen die Antworten. Alle Widersprüche wurden abgelehnt. Und Herbert Vogel wird die Gebühr in Zukunft zahlen. Vogel: „Aber immer mit dem Gefühl, betrogen worden zu sein“.
Holger Bergmann ist seit 1994 als freier Mitarbeiter für die Ruhr Nachrichten im Dortmunder Westen unterweg und wird immer wieder aufs neue davon überrascht, wieviele spannende Geschichten direkt in der Nachbarschaft schlummern.
