Ursula Tjaden ist angesäuert. Sie wohnt seit 1973 in der Arneckestraße und mag nicht länger zusehen, „wie die Stadt regelmäßig abkassiert, statt irgendetwas gegen die Parkplatznot zu tun“.
Auch ihr Nachbar und Mitstreiter Wolfgang Scholz wundert sich. Seit Herbst 2022 gebe es häufig Kontrollen. „Und plötzlich bekommen Autofahrer Knöllchen für jene Plätze, auf denen sie ihre Wagen vorher ohne Probleme abstellen konnten“, sagt er. Davon können auch die Anwohner in den Nachbarstraßen ein Lied singen - das Kreuzviertel ächzt unter dem Parkdruck.
Dabei müsse die Knöllchenflut gar nicht sein, findet Ursula Tjaden. Die Stadt solle endlich mehr Parkbuchten einzeichnen, fordert sie. „Der Aufwand dafür kann ja wohl so hoch nicht sein“, sagt die resolute Anwohnerin. Sie möchte, dass legalisiert wird, was ohnehin seit Jahren gang und gäbe sei: das Schrägparken außerhalb der eingezeichneten Buchten.
Problem dabei: Auf beiden Seiten der Arneckestraße sind zwar Schrägparkboxen eingezeichnet. Allerdings immer nur einige, und die versetzt zu beiden Seiten. Zwischen den Parkbuchten bleibt Freiraum – der dann ebenfalls von Schrägparkern genutzt wird. „Das ist jahrelang vom Ordnungsamt toleriert worden“, sagen Tjaden und Scholz übereinstimmend.
Jetzt plötzlich nicht mehr: Wer seinen Wagen außerhalb einer Parkbucht abstellt, muss mit einem Knöllchen von 55 Euro rechnen. Völlig unverständlich, sagen die Anwohner.
Zumal es mit dem Durchgangsverkehr funktioniere. Sicher, das Schrägparken enge zwar den Straßenraum ein. Besonders dann, wenn sich zwei Autos begegnen. „Das hat sogar den Vorteil, dass Autofahrer gezwungen sind, langsam und rücksichtsvoll zu fahren“, argumentiert Tjaden.
Dennoch sei die Straße so breit, dass Rettungsfahrzeuge oder Müllwagen ohne Probleme durchkämen. Von daher sei es völlig unverständlich, warum die Stadt an der Arneckestraße auf dem Abschnitt zwischen Sonnenstraße und Neuer Graben nicht endlich mehr Parkbuchten markiere, um das Schrägparken auch an diesen Stellen zu legalisieren.
„Ja, die Übereinkunft gab es“
Jahrelang habe es keine Knöllchen gegeben, sofern die abgestellten Autos den Verkehr nicht weiter behindert hätten. „In Gesprächen mit Vertretern von Polizei und Ordnungsamt ist uns versichert worden, die Stadt würde das nicht behindernde Parken tolerieren, weil objektiv keine zusätzlichen Plätze zur Verfügung stünden“, berichtet Tjaden.
Bei den Politikern in der Bezirksvertretung Innenstadt-West, denen sie ihre Verbesserungsvorschläge vortrug, erntete sie dafür ungläubiges Staunen. Tenor: Eine solch „stillschweigende Vereinbarung“ könne es nicht geben. „Das Kreuzviertel wird genauso behandelt wie beispielsweise das Klinikviertel auch“, widersprach Werner Link (Grüne).
Anders Jörg Tigges: „Doch, eine solche Übereinkunft hat es sehr wohl gegeben“, sprang der CDU-Fraktionschef der Anwohnerin zur Seite. Er sitze seit mehr als 20 Jahren in der Bezirksvertretung und könne sich „erinnern, dass uns vonseiten der Verwaltung sehr ausführlich und nachvollziehbar erklärt worden ist, warum die Verkehrsüberwachung das Kreuzviertel in Ruhe lässt, wenn keine Anwohnerbeschwerde eingeht.“
Das liege sicherlich rund zwei Legislaturperioden zurück, räumt Tigges ein. Er könne sich nicht erinnern, wer damals für die Verwaltung gesprochen habe. „Aber es gab diese Übereinkunft“, beharrt Tigges. „Die Verwaltung hatte Sorge, die Bewohner im Viertel zu verärgern.“
Stadt will die Lage prüfen
Die Stadt hält dagegen: Nein, stimmt nicht. „Eine Verabredung dieser Art kann ausgeschlossen werden“, teilt Verwaltungssprecher Maximilian Löchter klipp und klar mit. Maßstab für die Verkehrsüberwacher sei das geltende Recht.
Ein weitestgehender Ausschluss von Kontrollen in bestimmten Gebieten, so Löchter, ließe sich mit den Aufgaben der Verkehrsüberwachung nicht in Übereinstimmung bringen. Wer also hat nun recht?
Von den Politikern in der Bezirksvertretung ist Tjaden erstmal enttäuscht. Tigges brachte zwar einen „Runden Tisch“ mit Anwohnern ins Gespräch, fand dafür aber keine Mitstreiter. Damit würden nur Erwartungen geweckt, die möglicherweise nicht erfüllt werden könnten, so Astrid Cramer (Grüne). Ein „Runder Tisch“, so der Tenor, könne vielleicht später installiert werden. Wenn der Umbau des Neuen Graben anstehe - durch den Parkplätze verloren gehen.
Bleiben die Anwohner der Arneckestraße mit ihrem Problem also erstmal allein? Nicht ganz: Sie können zumindest einen Teilerfolg verbuchen. Wie Verwaltungssprecher Löchter auf Anfrage mitteilt, werde die Straßenverkehrsbehörde „sämtliche Bereiche vor Ort prüfen“.
Dabei werde es unter anderem um Breite und Beschaffenheit der Fahrbahnen und Gehwege gehen. Anwohner Tjaden und Scholz würden das begrüßen: „Die Stadt muss hier Alternativen schaffen.“
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