Michael Beckmann ist sauer. Der Vorsitzende der Bezirksgruppe Dortmund im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) spricht von der „allergrößten Unverschämtheit“. Was ihn derart auf die Palme bringt: Seit Februar bekommen Apotheken in Westfalen-Lippe weniger Geld von den Krankenkassen. Beckmann ist Inhaber der Markt-Apotheke in Aplerbeck.
Er ist überzeugt: Die reduzierte Vergütung werde zu weiteren Apotheken-Schließungen führen - sowohl in Dortmund als auch im gesamten Gebiet Westfalen-Lippe. Beckmann sieht die flächendeckende Versorgung in Gefahr. „In den Städten ist es vielleicht nicht so problematisch wie auf dem Land.“ Doch auch in Dortmund gebe es schon jetzt Stadtteile, „wo es sehr eng ist“.
Versorgung immer aufwendiger
Seit zehn Jahren sei die Vergütung für Apotheken nicht angehoben worden. Parallel hätten bereits viele Apotheken geschlossen. „Ein besorgniserregender Trend“, meint Beckmann. Und jetzt auch noch die Kürzung: Seit Februar müssen die Apotheken für jede Arzneimittelpackung, die sie an Patienten abgeben, den Krankenkassen einen erhöhten Rabatt einräumen.
Beckmann betont, dass Versorgung der Patienten immer aufwendiger werde. Er nennt etwa Lieferengpässe bei Medikamenten und erhöhten Beratungsbedarf durch die zunehmende Zahl älterer Patienten. Gleichzeitig blieben die Apotheken nicht von steigenden Energiepreisen und Inflation verschont. Alle Faktoren zusammen genommen überforderten viele Apotheken, so Beckmann.
Forderung an die Politik
Er fordert ein Einschreiten der Politik. Diese müsse die Vergütung anheben, statt diese zu kürzen - oder wenigstens für einen Inflationsausgleich sorgen. Aber würden dann nicht auch die Medikamentenpreise steigen? „Das glaube ich nicht unbedingt“, antwortet Beckmann. Sparpotenzial sieht er etwa bei den Krankenkassen.
Beckmann fordert außerdem die Abschaffung von teuren und unnötigen bürokratischen Auflagen, um die Apotheken zu entlasten. Als Beispiel nennt er das aufwendige Verfahren, das Apotheken durchlaufen müssten, wenn sie medizinische Hilfsmittel wie Kompressionsstrümpfe abgeben möchten.
Der Apotheker spricht zudem von „ungerechtfertigten Regressforderungen“ der Krankenkassen, vor denen die Apotheken geschützt werden müssten. Beispielsweise, wenn eine Apotheke versehentlich ein Rezept angenommen habe, auf dem der Arzt vergessen habe zu unterschreiben. „Dafür gibt es dann keinen Cent“, moniert Beckmann.
Zahl der Apotheken in Dortmund
Wie sich die Zahl der Apotheken in Dortmund entwickelt hat, weiß Michael Schmitz, Sprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe mit Sitz in Münster. In den vergangenen zehn Jahren sei diese von 152 auf 117 gesunken - ein Rückgang um 23 Prozent. Schmitz berichtet im genannten Zeitraum von 39 Schließungen und vier Neugründungen.
Im NRW-weiten Vergleich hat Dortmund überdurchschnittlich viele Apotheken verloren. Die Apothekerkammer beziffert den landesweiten Rückgang in den vergangenen zehn Jahren auf 16 Prozent.
Frank Dieckerhoff, der Vizepräsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, der selbst die Funkturm-Apotheke in Dortmund betreibt, fasst die Lage so zusammen: „In Dortmund gibt es nach wie vor eine gute, flächendeckende Versorgung mit Apotheken, auch wenn uns der überdurchschnittlich hohe Rückgang große Sorgen bereitet.“ Als Beispiel für einen Stadtteil, in dem sich die Apothekerkammer eine breitere Versorgung wünscht, nennt er Derne.
Mehr Mitarbeitende als früher
Während sich die Zahl der Dortmunder Apotheken verringert hat, ist die Zahl der Mitarbeitenden gestiegen. Ende 2012 seien es 940 Personen gewesen, sagt Schmitz. Heute seien es rund 1100 Mitarbeitende. Diese Zahlen verdeutlichten einerseits, dass Apotheken weiterhin gefragt seien und immer mehr zu tun hätten. Und andererseits, dass das Personal eine gute Perspektive habe.
Auch der Dortmunder Apotheker Michael Beckmann betont: „Die Leute finden Apotheken wichtig.“ Das bekomme er auch so von seinen Kunden gespiegelt.
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