Kevin Knapp steht an der Stadtbahn-Haltestelle Westendorfstraße

Die Stadtbahn-Haltestelle Westendorfstraße in Aplerbeck war der Ausgangspunkt für das dramatische Ereignis. Kevin Knapp verhinderte Schlimmeres. © Schaper

Kevin Knapp (28) verhindert Vergewaltigung: „Mir war klar, was da passiert“

rnAktenzeichen XY

Ohne Kevin Knapp wäre der Angriff auf eine 19-Jährige böse ausgegangen. Im Video zeichnet er das dramatische Geschehen nach. Für seine Zivilcourage hat ihn die Polizei für den XY-Preis nominiert.

Dortmund

, 03.08.2022, 04:30 Uhr

Daran, was es für ein Wochentag war, ein Dienstag, kann sich Kevin Knapp nicht mehr erinnern. Dass es der 13. November war, weiß er nur aus der Polizeiakte. Trotzdem hat er zumindest den dramatischen Abend, auch wenn er mehr als dreieinhalb Jahre zurückliegt, noch sehr gut in Erinnerung.

Der damals 24-Jährige aus Dortmund-Brechten war auf dem Weg zu seiner Freundin. Es war dunkel, als er gegen 21.15 Uhr an der Stadtbahn-Haltestelle Westendorfstraße in Aplerbeck mit zwei weiteren Fahrgästen aus der U47 stieg, darunter eine junge Frau.

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Am Ende des Bahnsteigs stand ein junger Mann, der die 19-jährige Frau ansprach. „Für mich sah das im ersten Moment so aus, als würde hier einer auf seine Freundin warten“, erzählt Kevin Knapp. Er war schon an den beiden vorbei, als es zu einer lautstarken Auseinandersetzung zwischen ihnen kam und die Frau um Hilfe rief.

Kevin Knapp auf dem Weg, über den der Täter ihn und die junge Frau verfolgte.

Über diesen Weg verfolgte der Täter die junge Frau und Kevin Knapp © Schaper

Täter war betrunken

Kevin Knapp machte kehrt und sah, wie der 28-jährige Mann versuchte, die Frau in die Büsche am Bahndamm zu zerren. Knapp überlegte nicht lange, sondern ging gleich dazwischen: „In dem Moment war mir klar, was da passiert.“ Er habe den Mann aufgefordert, von der Frau abzulassen.

Doch der Angreifer ließ nicht mit sich reden. Er versuchte sogar, Kevin Knapp zu überreden, gemeinsam über die Frau herzufallen. „Ich habe ihn immer wieder von der Frau weggezogen, und er hat immer wieder versucht, sich auf sie zu stürzen.“

Schließlich stellte sich der Dortmunder zwischen den Aggressor und die Frau, aber auch das half nicht. Der Täter ließ nicht locker. Knapps Vermutung, dass er unter Drogen oder Ähnlichem stand, sollte sich später bestätigen. Der Mann war stark betrunken.

„Mir war schon mulmig“

Knapp und die junge Frau flüchteten gemeinsam vom Bahnsteig auf den Bürgersteig, durch eine Gasse, weiter über einen Spielplatz, vorbei an einem kleinen Feld zu einem Parkdeck. Der Täter folgte ihnen über die gesamte Strecke, und Knapp versuchte weiter, ihn abzuwehren. „Dabei war mir schon mulmig; denn ich wusste ja nicht, ob er vielleicht ein Messer oder eine Waffe bei sich hatte.“ Aber auch bei ihm selbst sei in der Situation viel Adrenalin im Spiel gewesen.

Kevin Knapp steht an dem Feld, an dem er mit Opfer und Täter vorbeigekommen ist.

An diesem kleinen Feld ist Kevin Knapp mit Opfer und Täter entlang gelaufen. © Schaper

Die Frau hatte inzwischen die Polizei angerufen und das Handy auf laut gestellt. Am anderen Ende der Leitung konnten die Beamten alles mithören. Knapp fragte sie, mit welchen Mitteln er den Täter abwehren dürfe. „Die haben mir gesagt, ich soll ihn möglichst auf Abstand halten.“

Auch wenn er es nicht genau beziffern kann – das dramatische Ereignis müsse so 15 Minuten gedauert haben, schätzt Knapp, „das hat sich schon gezogen“. Am Parkdeck stießen sie schließlich auf die Polizei, die den Täter festnahm.

Angreifer erhielt eine Geldstrafe

Der Mann kam vor Gericht und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Das hat Kevin Knapp allerdings erst von den Machern der Sendung „Aktenzeichen XY-ungelöst“ erfahren.

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Die Polizei in Dortmund hat Kevin Knapps Zivilcourage und sein beherztes Eingreifen so beeindruckt, dass sie ihn für den „XY-Preis – Gemeinsam gegen das Verbrechen 2022“ vorgeschlagen haben. Der Fall wird in der Sendung am Mittwoch (3.8.). 20.15 Uhr im ZDF gezeigt.

Kevin Knapp auf dem Parkdeck, auf dem die Polizei den Verfolger festgenommen hat.

Bis zu diesem Parkdeck flüchtete Kevin Knapp mit der jungen Frau. Hier konnte die Polizei ihren Verfolger festnehmen. © Schaper

Von seiner Nominierung hat Knapp, der Sachbearbeiter beim „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ in Dortmund ist, im vergangenen Dezember erfahren. Im März war er zu Dreharbeiten in München. Dort wurde der Tathergang nachgestellt. Er spielte sich selbst, während Schauspieler den Part der jungen Frau und des Angreifers übernahmen.

Es winkt ein Preisgeld

Es gibt noch mehr Kandidaten für den XY-Preis. Falls die Jury Kevin Knapp im Oktober zu einem der drei Preisträger und Preisträgerinnen kürt, winken dem Dortmunder die XY-Trophäe und ein stattliches Preisgeld von 10.000 Euro.

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Anerkennung sei zwar schön, sagt Kevin Knapp, aber in dem Moment seines Eingreifens habe das keine Rolle gespielt. „Der Preis ist zweitrangig, Hauptsache, der Frau ist nichts passiert.“