Rekord an Kirchenaustritten in Dortmund Wie die Katholiken gut 50 Prozent Steigerung erklären

Rekord an Kirchenaustritten: Gut 50 Prozent Steigerung bei den Katholiken
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Eine Überraschung war es nicht mehr, als die Deutsche Bischofskonferenz und die 27 (Erz-)Diözesen der katholischen Kirche in Deutschland unlängst einen Rekord an Kirchenaustritten für das Jahr 2022 verkündeten. Neu sind allerdings die konkreten Zahlen für die katholische Kirche - auch für Dortmund.

Bereits zu Beginn des Jahres hatte unsere Redaktion über die Rekordzahl für Dortmund auf Basis der Daten des Amtsgerichts berichtet, wo Kirchenaustritte erklärt werden müssen. Danach kehrten 2022 genau 5939 Menschen in Dortmund ihrer Kirche den Rücken und traten offiziell aus der Kirche aus.

Zum Vergleich: 2021 gab es 3689 Kirchenaustrittsverfahren. Die bisherigen Rekorde gab es 2019 mit 3809 und 2014 mit 3777 Austritten. Sonst schwankt die Zahl der Kirchenaustritte pro Jahr zwischen 2000 und 2700. 2020 waren es 2834.





Auf die beiden großen Konfessionen scheinen die Austritte relativ gleich verteilt zu sein, wie jetzt auch die offiziellen Zahlen der katholischen Kirche belegen. Danach verlor man 2022 2812 Mitglieder durch Austritte. 2021 waren es „nur“ 1864. Die Steigerung liegt also bei gut 50 Prozent - und fällt damit kräftig aus.

So erwartbar wie der Rekord, ist auch die Reaktion der Stadtkirche. „Wir bedauern jeden Austritt“, sagt Michael Bodin als Sprecher katholischen Stadtkirche.

Es gebe die erkennbaren Effekte aufgrund des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche. Vor allem die schleppende Aufarbeitung im benachbarten Erzbistum Köln mit dem umstritten Kardinal Wölki sorgt immer wieder für negative Schlagzeilen.

Viele Menschen reagierten offenbar auf Fehler und Mängel in der Aufarbeitung, stellt Bodin fest. Verbesserungen würden dagegen nur zögerlich wahrgenommen. Dazu komme eine allgemeine gesellschaftliche Veränderung, die zu mehr Kirchenaustritten führe.

Vertrauenskrise der Kirche

Von einer „Vertrauenskrise der Katholischen Kirche in Deutschland“ und „tiefem Schmerz, dass jedes Jahr mehr Menschen der Kirche den Rücken kehren“, spricht Prälat Thomas Dornseifer, der als Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators während der Vakanz im Bischofsamt zur Leitung des Erzbistums Paderborn gehört.

Als ein Grund gelte „absolut nachvollziehbar weiterhin die Missbrauchskrise“, erklärt Dornseifer. „Ich bin überzeugt, dass wir in unserer Erzdiözese in Sachen Aufarbeitung konsequent unterwegs sind.“ Seit 2022 bestehe im Erzbistum ein Betroffenenbeirat und eine unabhängige Aufarbeitungskommission.

Prälat Thomas-Dornseifer gehört als Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators zur Leitung des Erzbistums Paderborn.
Prälat Thomas-Dornseifer gehört als Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators zur Leitung des Erzbistums Paderborn. © B. Mazhiqi / Erzbistum Paderborn

Aber auch Dornseifer zeigt sich überzeugt, dass die hohen Austrittszahlen nicht allein durch den Missbrauchsskandal zu erklären sind. Religion erlebe generell einen Relevanzverlust.

„Viele Menschen fühlen sich keiner Kirchengemeinde mehr verbunden, sondern nehmen kirchliche Angebote bedarfsorientiert oder auch gar nicht wahr. Viele sehen im Angebot der Kirche keine Bedeutsamkeit, geschweige denn eine Hilfe oder einen Wert für ihr eigenes Leben – hier brauchen wir Angebote, die am Leben der Menschen orientiert sind.“

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