Nach Vorfall im Mai

Wieder Kämpfer aus rechtsextremem Umfeld bei Kampfsport-Event

Ein Kämpfer aus dem rechten Hooligan-Milieu steht bei einem Kampfsport-Event in Dortmund auf der Teilnehmer-Liste - nicht der erste Fall. Der Veranstalter reagiert diesmal anders als zuvor.

Dortmund

, 27.07.2022 / Lesedauer: 5 min

Im Mai war ein Kampfsport-Event in Dortmund durch rechtsextreme Kämpfer aufgefallen. Der Veranstalter und der Geschäftsführer des Veranstaltungsortes hatte damals reagiert und zwei Teilnehmer ausgeladen. Bei der vierten Auflage der Veranstaltung „No Mercy Fights“ am Sonntag (31.7.) steht nun trotzdem offenbar wieder ein Kämpfer mit Verbindungen in die rechtsextreme Szene auf der Teilnehmerliste.

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Ruhr Nachrichten Rechtsextreme Kämpfer

Kampfsport-Event in Dortmund: Veranstalter wirft Neonazis raus

Öffentlich gemacht hat das eine antifaschistische Recherche-Gruppe. Auf ihrem Twitter-Account „Recherche Kollektiv NRW“ teilte sie Erkenntnisse zu dem Kämpfer Yannik W. [Nachname von der Redaktion abgekürzt], die die Gruppe bereits im Februar veröffentlicht hatte.

Diese zeigen Verbindungen W.s zu rechten Hooligans aus Essen, in die rechte Dorstfelder Szene und zu der offen rechtsextrem auftretenden, inzwischen aufgelösten Dortmunder Hooligan-Gruppierung „Riots0231“ auf.

Yannik W. präsentiert seine Gesinnung auch auf seinem privaten Instagram-Account, wie Screenshots im Beitrag des „Recherche Kollektivs NRW“ zeigen sollen. In seiner Story postete er demnach etwa einen antisemitischen Vergleich im Bezug auf die Schalker Fanszene und ein Bild von einem Boxtraining der Hitler-Jugend.

Veranstalter kündigte im Mai mehr Sensibilität an

Die angekündigte Teilnahme des Kämpfers passt nicht recht zur Ankündigung der Veranstalter von Mai. Damals teilte „No Mercy Fights“ über einen zwischenzeitlich angelegten Twitter-Account mit: „Wir als Veranstalter distanzieren uns von jeglicher politischer Gesinnung. Sport bedeutet Akzeptanz, Respekt und Wertschätzung. Dahinter stehen wir zu 100 %. Wir bedauern, dass wir nicht genug Recherche betrieben haben und werden in Zukunft gezielter darauf achten.“

Im Fall von Yannik W. hätte eine Google-Suche mit dem vollständigen Namen W.s und dem Zusatz „Neonazi“ oder „rechtsextrem“ gereicht, um auf die Recherchen zu stoßen.

Auch Timo Schmitz, Geschäftsführer der Austragungsstätte Universum Fit-Gym in Aplerbeck, hatte im Mai auf Anfrage unserer Redaktion mitgeteilt: „Bei so etwas wird nicht diskutiert.“ Von rechtsextremen Teilnehmern hatte er sich distanziert: Sie wurden ausgeladen. Es gehe „um eine ganz normale Sportveranstaltung und nicht um Hetzerei“.

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„Wir sehen keinen Grund Yannik W. auszuladen“

Dennoch: „Wir sehen keinen Grund Yannik W. auszuladen“, teilt der Veranstalter „No Mercy Fights“ schriftlich auf Anfrage mit. Man stehe weiterhin hinter dem Statement aus dem Mai. Man würde jedoch nicht nur die Social-Media-Aktivitäten der Teilnehmer intensiv untersuchen, sondern habe auch ein qualitatives Interview mit W. geführt.

W. habe dabei angegeben, nie politisch aktiv gewesen zu sein und zwei Jahre in einem multikulturellen Fußballverein gespielt zu haben. Er habe versucht, etwas gegen „Rufmord“ in die Wege zu leiten, heißt es vom Veranstalter über W., und weiter: „No Mercy Fights ist eine Veranstaltung der multikulturellen Diversität.“

„Identitäten von Teilnehmern dieser Kämpfe sind der Polizei bekannt“

Es ist offenbar nicht das erste Mal, dass W. auf der Teilnehmerliste eines Kampfsport-Events steht. Ein anderer Screenshot aus der erwähnten Recherche dokumentiert, dass W. am Kampfsport-Event „Pure Violence“ (Pure Gewalt) teilnehmen wollte. Ob er letztendlich auch gekämpft hat, ist nicht bekannt. „Pure Violence“ soll in den Räumlichkeit der Hooligan-Gruppe „Riots0231“ stattgefunden haben.

Die Dortmunder Polizei teilt auf Anfrage mit, dass es sich bei den Kämpfern des Events um eine Mischszene aus Rockern, Hooligans und Rechtsextremisten handle. „Die Gewalt ist diesem Milieu ein verbindendes Element. Identitäten von Teilnehmern dieser Kämpfe sind der Polizei bekannt“, heißt es von der Behörde.

Schnittmengen zwischen Kampfsport und rechtsextremer Szene

Die „Riots0231“, die auch Verbindungen zur organisierten Kriminalität pflegen, hatten im Juli 2017 ihre Auflösung erklärt, nachdem die Strafverfolgungsbehörden den Druck erhöht hatten.

Nach Informationen unserer Redaktion formieren sich ehemalige „Riots“ aber erneut. Unter Verwendung des Kampfsports als verbindendes Element versammeln führende Köpfe der einst circa 50 Mann starken Truppe nach unseren Recherchen wieder Nachwuchs um sich.

Zwischen der Kampfsport-Szene und rechtsextremer und Hooligan-Szene gebe es definitiv eine Schnittmenge, sagt Leroy Böthel von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Arnsberg. „Die Professionalisierung von Gewalt dient unter anderem der Abschreckung von politischen Gegnern – oder anderer Fangruppierungen im Fußball-Kontext.“

Längst gehe es aber nicht mehr nur um den politischen Kampf, sagt Böthel. Überschneidungen zum Rockermilieu und zur organisierten Kriminalität seien als neue Ebene hinzugekommen. Elemente der nationalsozialistischen Rassenideologie wie die „Formung des Körpers“ seien in diesen Fällen eher nachrangig.

"Es gibt definitv Schnittmengen zwischen Kampfsport-, Hooligan- und rechtsextremer Szene", sagt Soziologe Leroy Böthel von der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus für den Bezirk Arnsberg. © MbR

Veranstaltungen wie spezielle Konzerte, aber eben auch bestimmte Kampfsport-Events seien in der Szene wichtig, sagt Böthel. „Sie ziehen Leute an, sind aber auch ein kommerzieller Faktor.“ Dort komme es zum Szene-internen Austausch, auch über Ländergrenzen hinweg.

„Kampf der Niebelungen“ aus Dortmund organisiert

Dortmund spielt dabei immer wieder eine zentrale Rolle. Die bundesweite Veranstaltung „Kampf der Nibelungen“, an der bereits zahlreiche offen gewaltbereite oder schon verurteilte Rechtsradikale teilnahmen, wird aus Dortmund organisiert. Einige Dortmunder Kampfsportler gelten als gut vernetzt in der Szene.

Die rechstextreme Gesinnung mancher Kampfsportler und der neonazistische Hintergrund von Veranstaltungen trifft aber auf offene Ablehnung bei anderen Kampfsportlern. Deshalb gibt es verschiedene „szeneinterne“ Veranstaltungen, Clubs oder Trainingsräume.

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Dass es in der Kampfsportszene immer wieder Probleme mit Rechtsextremismus gibt, liegt laut Leroy Böthel aber auch daran, wie der Kampfsport organisiert sei. „Die Studios sind praktisch freischwebend unterwegs. Es gibt oftmals keinen Dachverband, keinen Stadtsportbund, dem sie zugeordnet sind, und der Leitlinien vorgeben könnte.“ Böthel appelliert deshalb an die Kampfsportszene, rechtsextremistischen Einflüssen und Kämpfern entschieden entgegenzutreten.

Die Dortmunder Polizei mahnt auch darüber hinaus zu Aufmerksamkeit: „Sollten Eigentümerinnen und Eigentümer von Hallen oder anderen Räumen eine Pacht-Anfrage erhalten und den Verdacht haben, dass mögliche Anmieter die Räume für Kampfsportveranstaltungen mit rechtsextremistischen Teilnehmern nutzen möchten, können sie sich unter der 0231/132 7777 an den Staatsschutz der Polizei wenden.“ Dies gelte etwa auch für Gastronomen.

„Bei diesem Event geht es nicht um Politik“

Darauf angesprochen, dass erneut ein Kämpfer mit Verbindungen in die rechtsextreme Szene auf der Teilnehmer-Liste des Kampfevents in seinem Universum Fit-Gym auftaucht, sagt Geschäftsführer Timo Schmitz: „Die Rechte Szene ist für mich ein No-Go. Für mich steht der leistungssportliche Aspekt im Vordergrund. Bei diesem Event geht es nicht um Politik.“ Er wolle natürlich aber niemanden fördern, der aus dem rechtsextremen Umfeld komme.

Das Kampfsport-Event findet am Sonntag (31.7.) in den Räumlichkeiten des Universum Fit-Gym in Aplerbeck statt. © Irina Höfken

„Wahrscheinlich wird es noch häufiger vorkommen, dass Kämpfer mit rechtsextremem Hintergrund sich zu solchen Veranstaltungen anmelden“, glaubt Schmitz. „Kampfsport zieht eben auch solche Leute an.“

Auf seiner Instagram-Seite ruft der Veranstalter „No Mercy Fights“ Interessierte zur Teilnahme auf. Dabei sei „egal ob Anfänger oder Pro“, ist dort zu lesen.

„Wenigstens mal gute Deutsche“

Bei dem Kampf-Event handle es sich noch um eine relativ neue Veranstaltung, sagt Schmitz. „Die Leute haben noch keinen Namen in der Kampfsport-Szene.“ Das mache die Recherche im Vorfeld schwierig. „Ich werde aber mit dem Veranstalter noch einmal sprechen, dass wir da genauer werden müssen.“

Nachdem sie beim letzten „No Mercy Fights“-Event im Universum zwei Kämpfer mit rechtsextremen Hintergrund ausgeladen hatten, habe er mehrere Nachrichten erhalten, sagt Schmitz: „Leute haben mir geschrieben und uns vorgeworfen, dass wir die beiden nicht kämpfen lassen. Das seien doch wenigstens mal gute Deutsche (...)“ Er habe darauf nicht reagiert, sagt Schmitz. Auf dieses Niveau lasse er sich nicht herab.

*In einer früheren Version dieses Textes hieß es, dass das „Recherche Kollektiv NRW“ Erkenntnisse Bochumer Antifa-Gruppen geteilt hätte. Die gesammelten Erkenntnisse stammen jedoch vom „Recherche Kollektiv NRW“ selbst, das damals noch unter einem anderen Namen veröffentlicht hatte. Bochumer Antifa-Gruppen teilten die Recherchen im Februar lediglich. Wir haben den Text deshalb angepasst.

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