Wie viele Dortmunder schaffen es in den neuen Bundestag? Die Chancen der Kandidaten im Überblick

Wie viele Dortmunder schaffen es in den neuen Bundestag?
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Mit dem neuen Jahr hat die heiße Phase des kurzen Bundestagswahlkampfs begonnen - am 23. Februar wird der neue Bundestag gewählt. Ein guter Zeitpunkt, um zu schauen, welche Kandidaten aus Dortmund ernsthafte Chancen haben, dort einen Sitz zu ergattern.

Aktuell gehören dem deutschen Parlament vier Dortmunder an: Jens Peick und Sabine Poschmann (beide SPD), Markus Kurth (Grüne) und Matthias Helferich (AfD, im Bundestag fraktionslos). Fest steht jetzt schon: Dieses Quartett wird es im neuen Bundestag nicht mehr geben, da Markus Kurth (seit 2002 Abgeordneter) nicht mehr antritt.

Die Platzhirsche: Sabine Poschmann und Jens Peick (SPD)

Früher galt Dortmund als „Herzkammer der Sozialdemokratie“, in der man nur einen roten Besen aufstellen müsse, damit der gewählt werde. Auch wenn dieses Bild mittlerweile arg in die Jahre gekommen ist: Die beiden SPD-Kandidaten Sabine Poschmann und Jens Peick gehen auch im Jahr 2025 noch als Favoriten ins Bundestagsrennen in Dortmund.

Peick gewann 2021 bei seiner ersten Bundestagskandidatur seinen Wahlkreis „Dortmund I“ mit rund 13,5 Prozentpunkten, Poschmann (die bereits seit 2013 im Bundestag sitzt) ihren Wahlkreis „Dortmund II“ sogar mit fast 19 Prozentpunkten vor den jeweiligen Zweitplatzierten.

Alles andere als ein erneuter Sieg der beiden wäre ein politisches Erdbeben in Dortmund: Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik gewann ein Kandidat einer anderen Partei als der SPD ein Bundestags-Direktmandat in Dortmund.

Jens Peick und Sabine Poschmann sind die Dortmunder „Titelverteidiger“ bei der Bundestagswahl 2025: Sie gewannen 2021 für die SPD beide Dortmunder Wahlkreise.
Jens Peick und Sabine Poschmann sind die Dortmunder „Titelverteidiger“ bei der Bundestagswahl 2025: Sie gewannen 2021 für die SPD beide Dortmunder Wahlkreise. © SPD (Archiv)

Zumindest für Peick gibt es keinen Plan B: Auf der Landesliste der NRW-SPD rangiert er lediglich auf Rang 55 - ein aussichtsloser Platz, um über die Zweitstimmen in den Bundestag zu kommen. „Das ist vollkommen ok für mich“, sagt Peick dazu. „Ich habe den Anspruch, mein Direktmandat zu verteidigen.“

Bei Poschmann sieht das anders aus: Ihr Listenplatz 16 würde aller Voraussicht nach reichen für vier weitere Jahre in Berlin, auch wenn sie ihren Wahlkreis nicht gewinnen sollte.

Die Herausforderer: Sarah Beckhoff und Michael Depenbrock (CDU)

„Ich dachte, Sie treffen sich nur mit den aussichtsreichen Kandidaten“, witzelt Sarah Beckhoff zur Begrüßung. Die CDU-Kandidatin für den Wahlkreis „Dortmund I“ weiß um die große Aufgabe, die vor ihr liegt.

Dann wird Beckhoff aber ernst - und gibt sich zuversichtlich: „Ich glaube, dass ich eine sehr realistische Chance habe“, antwortet sie auf die Frage, ob sie ihren Wahlkreis gegen Jens Peick gewinnen könne. „Sie war noch nie so groß wie jetzt.“

Sie kenne Prognosen, sagt die stellvertretende Kreisvorsitzende der Dortmunder CDU, nach denen die Wahrscheinlichkeit bei über 50 Prozent liege, dass ihr Wahlkreis dieses Mal an die CDU falle. „Das Ruhrgebiet soll weitestgehend schwarz werden“, sagt sie.

Sarah Beckhoff sitzt auch im Vorstand der Jungen Union. Beim Deutschlandtag der Jungen Union stand sie zusammen mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz auf der Bühne.
Die Dortmunder CDU-Bundestagskandidatin Sarah Beckhoff sitzt auch im Vorstand der Jungen Union. Beim Deutschlandtag der Jungen Union 2024 stand sie zusammen mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz auf der Bühne. © Maik Müller

Beckhoff beruft sich dabei unter anderem auf eine Auswertung des Internetportals „Wahlkreisprognose.de“. Tatsächlich findet sich dort eine Prognose, wonach die CDU in ihrem Wahlkreis bei den Erststimmen aktuell einen Vorsprung von drei bis sechs Prozentpunkten auf die SPD hat. Für den Wahlkreis „Dortmund II“ sagt das Prognoseportal aktuell ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus, mit einem leichten Vorsprung für die CDU.

Weniger gut sieht es auf dem Portal „election.de“ aus: Nach dessen Daten ist in beiden Wahlkreisen ein SPD-Sieg wahrscheinlicher - im Wahlkreis „Dortmund I“ zwar sehr knapp mit 52 zu 48 Prozent, im Wahlkreis „Dortmund II“ hingegen sehr deutlich mit 80 zu 20. Auch in den vorläufigen und noch nicht veröffentlichten Daten eines weiteren Anbieters, die unsere Redaktion einsehen konnte, gibt es eine große Wahrscheinlichkeit eines SPD-Sieges in beiden Wahlkreisen.

CDU-Bundestagskandidat Michael Depenbrock ist verärgert über seine schlechte Platzierung auf der Landesliste.
CDU-Bundestagskandidat Michael Depenbrock ist verärgert über seine schlechte Platzierung auf der Landesliste. © CDU

Beckhoff und ihr CDU-Mitstreiter im Wahlkreis „Dortmund II“, Michael Depenbrock, müssen ihre Wahlkreise gewinnen, wollen sie in den Bundestag. Denn auf der Landesliste der CDU stehen ihre Namen ganz weit hinten, auf den Plätzen 44 (Beckhoff) und 56 (Depenbrock).

Für sie sei das keine große Sache, sagt Beckhoff: „Klar, ein besserer Platz wäre schöner gewesen, aber ich habe nicht superviel Engagement darauf verwendet.“ Wegen der erwarteten zahlreichen Direktmandate werde die CDU-Liste sowieso kaum greifen, wenn überhaupt.

Das sieht auch Depenbrock so. Im Gegensatz zu Beckhoff ist er aber „verärgert“ über die schlechten Listenplätze. „Das Signal für Dortmund ist nicht gut.“ Anscheinend habe man in den entscheidenden Gremien nicht berücksichtigt, wie wichtig Dortmund für die NRW-CDU sei. Er hat noch eine Erklärung für seinen schlechten Listenplatz: „Wer nicht frühzeitig in der Jungen Union Netzwerke gebildet hat, der hat es schwer.“

Die Wackelkandidatin: Hannah Rosenbaum (Grüne)

Im November machten sich die Dortmunder Grünen Hoffnungen, dass Hannah Rosenbaum als Nachfolgerin von Markus Kurth einen aussichtsreichen Listenplatz für die Bundestagswahl bekommt. Dieser Wunsch erfüllte sich nur halb: Die Co-Chefin des Dortmunder Kreisverbandes belegt Platz 27 auf der NRW-Liste ihrer Partei - und liegt damit ein paar Plätze hinter Kurths Platzierung 2021 (Platz 22).

Ob das reicht für Berlin? „Es ist wahnsinnig komplex“, sagt Rosenbaum. Die Chancen stiegen, wenn die FDP, die Linke oder das BSW den Sprung über die 5-Prozent-Hürde nicht schaffen, sagt sie.

Tina Wilken und Hannah Rosenbaum wollen für die Dortmunder Grünen in den Bundestag.
Tina Wilken und Hannah Rosenbaum wollen für die Dortmunder Grünen in den Bundestag. © Björn Althoff

Bei der letzten Bundestagswahl 2021 griff die Landesliste der Grünen bis Platz 28. Das Grünen-Wahlergebnis von damals (14,8 Prozent bei den bundesweiten Zweitstimmen) ist nicht allzu weit entfernt von den aktuellen Umfragewerten der Partei, die bei den meisten Meinungsforschungsinstituten zwischen 13 und 14 Prozent liegen.

„Der Wahlabend wird spannend“, sagt Rosenbaum. Nicht so - zumindest persönlich - für die zweite grüne Direktkandidatin für den Wahlkreis „Dortmund I“, Tina Wilken: Sie hat sich nicht um einen Listenplatz beworben.

Der (Rechts-)Außenseiter: Matthias Helferich (AfD)

Zu 99,9 Prozent sicher im nächsten Bundestag sitzen wird Matthias Helferich. Der umstrittene Dortmunder AfD-Politiker hat sich gegen den Willen des NRW-Landesvorstands in einer Kampfabstimmung den prominenten Platz 6 auf der Landesliste der Rechtsaußen-Partei gesichert.

Da voraussichtlich etwa die ersten 20 Listenplätze der NRW-AfD für ein Bundestagsmandat reichen werden, wird der aktuell fraktionslose Bundestagsabgeordnete (die AfD-Fraktion hatte ihn 2021 nicht aufgenommen, weil er ihr zu rechts war) sein Abgeordnetenbüro in Berlin wohl behalten.

Kandidieren für die AfD für den Bundestag (v.l.): Matthias Helferich, Peter Bohnhof und Heiner Garbe
Kandidieren für die AfD für den Bundestag (v.l.): Matthias Helferich, Peter Bohnhof und Heiner Garbe © Stephan Schuetze

Vielleicht bekommt er sogar Gesellschaft aus dem Dortmunder Kreisverband: Peter Bohnhof, Geschäftsführer der NRW-Landtagsfraktion der AfD und wie Helferich Dortmunder Ratsherr, landete auf Platz 20 der Landesliste - je nach Wahlergebnis der AfD könnte das für ein Bundestagsmandat reichen.

Darüber hinaus finden sich noch zwei weitere Dortmunder auf der AfD-Landesliste, wenn auch ohne ernsthafte Aussicht auf ein Mandat: Ernst Friedbert Raulf (Platz 36) und der Fraktionschef der AfD im Dortmunder Rat, Heiner Garbe (Platz 39).

Die Kandidaten der anderen Parteien im Dortmunder Rat

Für die Linke in den Bundestag wollen Sonja Lemke und Jan Siebert. Die beiden Dortmunder hatten am Samstag (11.1.) eigentlich eine Bewerbung für die Listenplätze 5 (Lemke) und 6 (Siebert) ihrer Partei in NRW vor. Beides könnte gegebenenfalls für ein Mandat reichen. Obwohl die Konkurrenz groß war, schaffte es Lemke auf Listenplatz 5. Siebert zog sich daraufhin zurück und kandidierte für einen hinteren Listenplatz. Es wurde Nummer 18.

Die Bundestags-Kandidaten der Dortmunder Linken: Sonja Lemke und Jan Siebert
Die Bundestags-Kandidaten der Dortmunder Linken: Sonja Lemke und Jan Siebert © Björn Althoff

Definitiv nicht in den Bundestag einziehen werden Nils Mehrer und Levin Rybak. Die beiden Dortmunder FDP-Kandidaten haben nur einen der letzten Plätze auf der Landesliste (Ryback, Platz 48) oder traten gar nicht erst an (Mehrer).

Bei der Sartire-Partei „Die Partei“ steht indes noch nicht fest, ob sie überhaupt antreten darf. Man habe immer noch nicht genug Unterschriften, um für die Wahl zugelassen zu werden, sagt Ratsfraktionschef Olaf Schlösser. Die Frist läuft am 20. Januar ab. „Das wird verdammt knapp.“