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Wie Inkasso-Unternehmen versuchen, Schuldner einzuschüchtern
Angstmacherei und Preistreiberei
Immer weniger Firmen mahnen ihre säumigen Kunden selbst. Sie überlassen das Eintreiben ihrer Forderungen Inkasso-Unternehmen. So werden kleine unbezahlte Rechnungen oft zu horrenden Summen.
Es reicht schon eine nicht eingelöste Lastschrift, weil das Gehalt noch nicht auf dem Konto war; ein Zahlendreher bei der Überweisung; die Zahlungsaufforderung für das Musik-Abo im Netz, die im E-Mail-Postfach übersehen wurde – schnell liegt Post von einem Inkasso-Unternehmen im Briefkasten. Und dann wird es richtig teuer.
Aus einer Rechnung von 4,07 Euro wurde eine mit 106,53 Euro
Ein mit Karte bezahlter Einkauf im Supermarkt für 4,07 Euro wuchs aufgrund einer geplatzten Lastschrift innerhalb eines Monats auf 106,53 Euro an. Früher wurden in so einem Fall zunächst nur die Kosten für den ersten Mahnbescheid in Höhe von 2,50 bis 3 Euro fällig.
Bei der Verbraucherberatung in Dortmund ist fast jeder zweite Fall in der Rechtsberatung ein Inkasso-Schreiben. „Inkasso ist zu einem Riesenwirtschaftszweig geworden, weil Unternehmen das Eintreiben ihrer Forderungen – vor allem bei Online-Verträgen – sofort abgeben“, sagt Annette von Hadel, Rechtsanwältin bei der Verbraucherberatungsstelle Dortmund.
Unerlaubte Drohkulisse
Die Kosten für ein Inkasso-Verfahren müssen die Kunden übernehmen.
Allerdings werde oft deutlich mehr berechnet, als an Aufwand anfalle, sagt von Hadels Kollegin Beate Krause. Darüber hinaus fielen die Zahlungsfristen zu knapp aus. Nicht selten werde mit einer unerlaubten Drohkulisse Druck auf die Schuldner ausgeübt.
Man werde den säumigen Zahler mit dem „Inkasso Außendienst Team besuchen“, heißt es da zum Beispiel, um Wertgegenstände zu pfänden, zur Not einen Schlüsseldienst beauftragen und bei Widerstand die Polizei rufen. Es wird mit Schufa-Einträgen, Kontopfändungen, Strafanzeigen und mit Klage gedroht. „Das ist Angstmacherei. Das wirkt auf die Leute“, sagt Beate Krause.
Preisgestaltung ist nicht geregelt
Registrierte Inkasso-Unternehmen dürfen Schuldner zur Zahlung von unbestrittenen Forderungen auffordern, wenn sie den Auftrag haben. Doch wie viel sie für ihre Arbeit verlangen können, ist gesetzlich nicht geregelt. Nur so viel: Die Kosten dürfen nicht höher ausfallen, als ein Anwalt für diese Leistung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abrechnen könnte. Angesichts des simplen Masseninkassos seien das bei einer Schuldensumme bis zu 500 Euro maximal 27 Euro, und nicht 71,20 Euro, die Inkasso-Unternehmen häufig in Rechnung stellten, sagt Verbraucher-Anwältin Annette von Hadel.

Annette von Hadel (l.) und Beate Krause von der Schulden- und Insolvenzberatung sowie der Rechtsberatung laden am Donnerstag (4.10.) zur offenen, kostenfreien Inkasso-Sprechstunde ein. © Gaby Kolle
Obwohl das Inkasso-Unternehmen verpflichtet ist, die Kosten so gering wie möglich zu halten, tauchen in den Forderungen zum Beispiel Kosten für Adressanfragen auf – gleich vier innerhalb eines Monats –, ohne dass der Kunde umgezogen ist. Auch würden Verbraucher mit vorformulierten Schreiben in Ratenzahlungsvereinbarungen gedrängt, die oft nachteilige Regelungen für sie zum Inhalt hätten, warnt Beate Krause. Diese Regelungen sollte man im Formular einfach durchstreichen, rät sie.
Annette von Hadel und Beate Krause bieten am Donnerstag (4. 10.), 10-13Uhr, eine offene kostenfreie Inkasso-Sprechstunde in der Beratungsstelle Dortmund, Reinoldistraße 7-9 an. Sie sagen: „Jeder kann mit seinem Inkasso-Schreiben kommen.“
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
