Erst regnete es wochenlang gar nicht, dann folgte ein extremes Unwetter: Das Wetter in Dortmund glich im Juni einer Achterbahn, bei der es erst ewig lange bergauf geht, nur um dann am Ende extrem in die Tiefe zu rauschen.
Wir haben uns in der Stadt umgehört, wie die Dortmunder mit den Wetter-Kapriolen zurecht gekommen sind.
Friedrich Mertin ist zufrieden und sorgt sich erstmal nicht mehr um das Obst und Gemüse. Der erfahrene Landwirt vom Hof Mertin in Grevel im äußersten Dortmunder Norden ist nach dem Regen der letzten Tage erleichtert. „Das war für uns richtig gut“, sagt er. Ohne Regen hätte ihm eine Ernteeinbuße von 30 Prozent gedroht.
70 Liter pro Quadratmeter seien bei ihm runtergekommen, sagt er. „Viel ist abgeflossen, viel aber auch hängen geblieben“. Vorher haben dem Obst und Gemüse die Hitze zu schaffen gemacht. Die Blätter der Pflanzen waren schlaff und dünn gewesen.
Talsperren gut gefüllt
Trotz des lange ausbleibenden Regens war die Trinkwasserversorgung in Dortmund im Juni nie gefährdet. „In Dortmund besteht derzeit kein Grund zur Sorge“, teilt Wasserversorger DEW21 mit. Man gehe nicht davon aus, dass eine Wasserknappheit zu erwarten sei, da unter anderem die Talsperren der wasserliefernden Ruhr sehr gut gefüllt seien.
Der Ruhrverband betreibt die Talsperren im Ruhreinzugsgebiet, die Dortmund mit Trinkwasser versorgen. Die Talsperren seien „mit mehr als 90 Prozent Füllstand gut gefüllt“, so der Ruhrverband auf Anfrage unserer Redaktion. Die Zahlen stammen von vergangenem Donnerstag (22.6.), also noch vor dem großen Gewitter.
Grundsätzlich verfüge man über Reserven aus dem feuchten Winter und dem feuchten Frühjahr. "Für dieses Jahr haben wir Versorgungssicherheit aus der Ruhr", sagt der Ruhrverband.

Und wie ist es um Dortmunds Böden bestellt? Trockene Böden sind schließlich die Hauptursache für Waldbrände. Doch nach Informationen der Feuerwehr ist die Waldbrandgefahr für Dortmund zurzeit gering.
Die Feuerwehr orientiere sich bei der Einschätzung am Waldbrandgefahrindex (WBI) und Graslandfeuerindex (GLFI) des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Derzeit liege der WBI für Dortmund bei Stufe zwei von fünf und der GLFI bei Stufe eins von fünf. Grund seien die "letzten und kommenden Regen".

Und was machen die extremen Wettereignisse mit dem Stadtgrün? Vor dem Regen vergangene Woche verbrauchte die Stadt 300 Kubikmeter Wasser pro Woche (das entspricht in etwa 300 großen Müllcontainern) zur Bewässerung der Pflanzen und Bäume. Damit befindet sie sich aber immer noch im langjährigen Jahresdurchschnitt.
Einen höherer Personalaufwand würde es daher auch nicht geben, sagt die Stadt. Zwölf städtische Mitarbeiter und drei weitere Firmen kümmern sich um die Bewässerung. Zudem seien aktuell die Waldbestände noch intakt. „Die Temperaturen sind noch nicht so hoch, dass die Blätter durch die Hitze geschädigt sind.“ Grundsätzlich werden über mehrere Generationen „Bäume mit unterschiedlichen Höhen und Durchmessern“ in den Waldgebieten etabliert, um ein dichtes kühlendes Kronendach zu schaffen.
Schon in der Vergangenheit führte die Stadt Neupflanzungen von Baumarten durch, die besser mit Hitze und mit weniger Wasser klarkommen. Etliche Bäume waren zuvor auch durch Dürre abgestorben. Dafür sollen die von der standortheimischen Fichte geprägten Waldgebiete in Mischwälder aus Buchen, Douglasien, Küstentannen und Erlen umgewandelt werden.

Der letzte Regen sollte nicht über die allgemein hohen Temperaturen hinwegtäuschen, die zwar gute Laune machen, aber gefährlich enden können. Das zeigte sich vor gut zwei Wochen am Phoenix-See, als ein Mann durch ein aufmerksames Pärchen gerade noch vor Schlimmerem bewahrt wurde. Der Mann saß über sechs Stunden in Pulli und Jacke in der prallen Sonne und war gesundheitlich sichtlich angeschlagen.
Die Feuerwehr geht aber grundsätzlich davon aus, dass sich die Menschen bisher vernünftig verhalten hätten und die gängigen Regeln beherzigen.
Abkühlung möglich
„Die Tendenz sieht eher danach aus, dass es in den nächsten zwei Wochen Regen gibt und kühler wird, vor allem ab Anfang Juli“, sagt Wetterexperte Marc Heubes aus Sölde, der in seinem Garten eine eigene Wetterstation betreibt.
Der Deutsche Wetterdienst rechnet hingegen in den nächsten Wochen weiter mit Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad. DWD-Klimaexpertin Kristina Fröhlich prognostiziert für dieses Jahr aber grundsätzlich einen erneuten "heißen, trockenen" Sommer in ganz Deutschland.
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes ist der Juni normalerweise einer der nassesten Monate im Jahr. Der durchschnittliche Niederschlag in Dortmund für den gesamten Monat Juni liege bei ungefähr 72,7 Liter pro Quadratmeter, teilt der DWD mit.
Der Website von Marc Heubes (wetter.heubes.de) lässt sich entnehmen, dass bis zum 26. Juni nur 48 Liter pro Quadratmeter gefallen sind. Das klinge zwar gar nicht nach so wenig Niederschlag, aber „ein Tag total viel und den ganzen restlichen Monat gar nichts hilft dem Boden nicht viel“, erklärt er. Bis zum 21. Juni seien gerade mal um die 2,6 Liter pro Quadratmeter gefallen.
Bis zum 26. Juni gab es den Aufzeichnungen von Marc Heubes zufolge im Juni nur drei Regentage bei 23 Trockentagen. Er geht davon aus, dass das meiste Wasser des letzten Regens einfach abgeflossen sei. Um trockene Böden zu vermeiden, müsse der Niederschlag „gleichmäßig“ sein.
Extreme Wettereignisse ein Dauerthema
Sicher ist, dass durch den Klimawandel der Kampf um die Natur in der Stadt und in der Landwirtschaft ein Dauerthema bleiben wird. Die zukünftigen Veränderungen des Klimas verunsichern auch den Greveler Landwirt Friedrich Mertin: "Wir sind immer abhängig von der Natur, man kann nicht so viel vorbereiten. Die Extreme werden schlimmer, es gibt kein normalen Landregen mehr."
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